Der Fluch von Melaten
zog sie ihn nicht ganz durch. Sie verharrte mitten in der Bewegung, wandte den Kopf und schaute uns an.
»Probleme?«, fragte ich.
»Ich bin mir nicht sicher...«
»Was gibt es denn?«
»Ich glaube, dass ich die Tür abgeschlossen habe, als ich die Wohnung verlassen habe. Jetzt aber ist sie wohl nur zugezogen worden. Das kann doch nur heißen«, sprach sie schnell weiter, »dass mein Mann hier gewesen ist. Oder was meinen Sie?«
»Das kann sein.«
»Oder noch in der Wohnung ist«, meinte Frau Schlomann, die sich hinter mir aufhielt.
Ich hatte es Maria Wienand nicht so direkt sagen wollen, aber rechnen mussten wir damit.
Deshalb war es besser, wenn ich die Wohnung zunächst allein betrat, und das sagte ich Frau Wienand auch.
Sie zuckte nach meinen Worten zurück. »Warum wollen Sie das tun? Glauben Sie, dass mein Mann...«
»Was ich glaube oder nicht, spielt jetzt keine Rolle. Wir müssen nur auf alles vorbereitet sein. Und gehen Sie davon aus, dass Ihr Mann nicht mehr der Gleiche ist wie noch vor zwei oder drei Tagen.«
»Sie machen mir Angst.«
»Das hatte ich nicht vor. Aber wir sollten auch nicht die Augen verschließen, Frau Wienand.«
»Bleiben Sie bei mir, Maria«, sagte Petra Schlomann, die sich sehr gut unter Kontrolle hatte.
Das kam mir natürlich entgegen, und so drehte ich einmal den Schlüssel bis zum Anschlag um und konnte die Tür aufstoßen. Vor mir lag eine dunkle, aber keine finstere Wohnung. Das Treppenhauslicht warf noch seinen Schein in den Flur hinein, der sehr schmal war, so dass die Garderobe nur mit Mühe einen Platz an der Wand gefunden hatte und ein kleines Hindernis darstellte.
Ich trat mit einem etwas größeren Schritt über die Fußmatte hinweg, sah am Ende des schmalen Flurs eine Tür, aber auch eine auf der rechten und der linken Seite. Das heißt, links gab es sogar zwei Türen.
»Wo führen die Türen hin?«, fragte ich.
Die beiden an der rechten Seite gehörten zum Bad und zur Küche. Geradeaus am Ende befand sich das Gästezimmer, und durch die an der linken gelangte man ins Wohnzimmer.
Auf dem Boden lag ein kratziger Teppich, der meine Schritte etwas dämpfte.
Ich sah ein leeres Bad, eine leere Küche, ein ebenfalls leeres Gästezimmer und entdeckte auch sonst keine Spuren des Hausherrn. Er hatte wirklich nichts hinterlassen.
Das Licht war von mir in keinem der Räume eingeschaltet worden. Ich hatte mich bei der Durchsuchung auf die Strahlkraft meiner kleinen Leuchte verlassen.
Blieb das Wohnzimmer.
Ich verharrte kurz davor und lauschte auf mein Bauchgefühl. Man konnte darüber lachen, doch mittlerweile hatte sich bei mir der Eindruck festgesetzt, dass die Wohnung doch nicht so menschenleer war, wie sie aussah. Ich konnte mir gut vorstellen, dass jemand seine Spuren hier hinterlassen hatte.
In das Wohnzimmer schaute ich zuerst hinein und bekam nicht viel zu Gesicht. Da standen die Möbel, von denen ich die Umrisse sah, und vor dem Fenster schimmerte das graue Viereck einer Mattscheibe.
Trotz der Beschreibung entdeckte ich etwas Neues. Rechts von mir und direkt neben der Wohnzimmertür gab es eine weitere Öffnung. Deshalb Öffnung, weil eine hölzerne Schiebetür offen stand. Was sich in dem dahinter liegenden und auch dunklen Raum befand, davon hatte mir Frau Wienand nichts gesagt.
Ich war vorsichtig. Dabei achtete ich auf mein Gefühl. In dieser Wohnung konnte alles möglich sein, und ich wusste zudem nicht, wie jemand reagiert, in dessen Körper sich ein Geistwesen etabliert hat.
Zuerst spähte ich um die Ecke.
Da gab es nichts Besonderes zu entdecken. Es war auch nur ein kleiner Raum, in dem eine Liege oder ein Bett stand, und an der Seite gegenüber war ein Arbeitsplatz eingerichtet worden. Auf einem Schreibtisch hatte ein Computer seinen Platz gefunden.
Kein Mensch hielt sich hier auf. Durch das Fenster drang das graue Licht des Abends, vermischt mit einigen hellen Lichtflecken aus anderen Zimmerfenstern.
Und doch fiel mir etwas auf.
Es ging dabei um das Fenster, das für diesen kleinen Raum relativ groß war und sogar bis zum Fußboden reichte. Erst beim zweiten Hinsehen kam ich auf die Lösung. Das hier war nicht nur ein Fenster, es diente zugleich auch als Tür, und sie war der Zugang zu einem zur Wohnung gehörenden Balkon, den mir Maria Wienand in ihrer Nervosität auch verschwiegen hatte.
Der kleine Raum zog mich irgendwie an. Ich hatte das Gefühl, dort etwas zu entdecken, was mich in diesem verzwickten Fall weiterbrachte.
Auch hier
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