Der Fluch von Melaten
Sie irgendwo nachvollziehen, was wir gesagt haben? Ist das möglich?«
»Nein«, erwiderte sie flüsternd und mit tonloser Stimme. »Das kann ich nicht. Es ist alles so unglaublich.«
»Aber Ihr Mann ist gerufen worden. Ich habe es selbst erlebt. Auch bei Justus Schmitz.«
»Ich kenne ihn nicht und bestimmt auch nicht die dritte Person, Herr Sinclair.«
»Dessen Name ist mir ebenfalls unbekannt. Aber wir werden die drei Männer finden müssen, die sich bestimmt nicht mehr verhalten wie sonst. Davon kann man ausgehen.«
Petra Schlomann hatte gut aufgepasst und sprach mich darauf an. »Was macht Sie da eigentlich so sicher?«, fragte sie.
»Mein Zuschauen.« Bisher hatte ich nicht alles preisgegeben, was ich nun nachholte. Ich berichtete den staunenden Frauen, was da mit den Männern passiert war und wie die drei Geister praktisch in sie hineingefahren waren.
Sie schauten sich an. Selbst Frau Schlomann war so überrascht, dass sie zunächst nichts sagen konnte und erst nach einigem Nachdenken eine Frage stellte. »Und Sie glauben nicht, Herr Sinclair, dass Sie sich da geirrt haben?«
»Nein, das glaube ich nicht.«
»Aber wie kann so etwas passieren?«
»Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen, es ist jetzt wichtig, die Männer zu finden und sie von den Totengeistern der drei teuflischen Hebammen zu befreien.«
Petra Schlomann öffnete ihre Augen weit. »Sind Sie schon so davon überzeugt, dass die Hebammen tatsächlich mit der Hölle in Verbindung standen?«
»Das bin ich.«
»Gut. Ich sage mal, dass ich Ihnen glaube. Ich bin auch keine Polizistin oder Kriminalistin. Aber haben Sie sich schon Gedanken darüber gemacht, was die Geister der Frauen damit bezwecken, wenn sie in die Körper der Männer gleiten?«
»Sie haben sie als Gastkörper genommen.«
»Wofür und warum?«
»Um sie lenken zu können. Wenn das alles so stimmt, was wir annehmen, dann sind die drei unterwegs. Nur werden sie jetzt nicht erkannt werden, und genau das haben sie gewollt. Sie haben drei völlig normale Menschen übernommen, die sie nun leiten, denn diese Menschen werden alles tun, was sie wollen.«
Weder Frau Schlomann noch Maria Wienand gaben mir eine Antwort. Sie schauten ins Leere, aber ich entdeckte schon den Ausdruck der Furcht in ihren Augen.
»Und dann denke ich, dass wir bei Ihnen ansetzen müssen, Frau Wienand«, sagte ich.
Die Gute zuckte zusammen, als hätte ihr jemand einen heftigen Schlag versetzt. »Bei mir?«, krächzte sie. »Wieso ausgerechnet bei mir? Das verstehe ich nicht.«
»Es ist auch nur ein Versuch«, sagte ich. »Mehr nicht. Es könnte ja sein, dass Ihr Mann wieder den Weg nach Hause findet, und dort sollten wir nachschauen.«
»Ach – Sie wollen zu mir?«
»Ja.« Ich schaute sie beschwörend an. »Es ist ein Anfang, Frau Wienand, mehr nicht. Es bleibt auch nicht nur auf Sie allein beschränkt, das will ich Ihnen auch sagen. Wir werden ebenso gut zu Justus Schmitz fahren müssen, aber alles der Reihe nach und trotzdem sehr zügig, verstehen Sie das?«
»Kaum, Herr Sinclair, kaum. Ich möchte nur meinen Mann heil und gesund zurückhaben. Mein Gott, er hat doch keinem etwas getan. Er war bei allen beliebt. Er arbeitete bei der KVB. Alles lief gut, bis er die verdammten Stimmen hörte und ihnen folgte. Sie wurden immer stärker, und heute musste ich ihn zum Friedhof fahren. Er wollte aber nicht, dass ich ihn ebenfalls betrat. So bin ich im Astra sitzen geblieben, um auf seine Rückkehr zu warten. Vergeblich, denn er kam nicht. Ich habe es dann nicht länger ausgehalten, den Wagen auf dem Parkplatz stehen gelassen und bin über den Friedhof gegangen, ohne meinen Mann zu finden. Ich war nicht mehr... naja, ich weiß nicht, was ich noch sagen soll. Zum Glück ist mir Frau Schlomann über den Weg gelaufen. Es war ein zufälliges Treffen. Sie merkte auch, dass es mir nicht gut ging, und hat sich bereit erklärt, mir zur Seite zu stehen. Das ist alles.«
Ich hatte meinen Plan nicht verändert und sagte: »Trotzdem möchte ich zu Ihnen fahren.«
»Ja, das sehe ich ein.«
Auf dem Friedhof waren wir jetzt falsch. Der Fall hatte sich in eine andere Richtung entwickelt, und ich fragte mich, was die drei Veränderten noch alles vorhatten.
Jedenfalls sah die Zukunft für mich so düster aus wie der Abendhimmel über dem Friedhof...
Die Wienand’s wohnten in einem Hochhaus. Ich hatte Petra Schlomann in meinen Leihwagen einsteigen lassen, und wir hatten auch über den Fall gesprochen. So richtig
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