Der Flug der Adler
gesagt, daß wir dem Führer seinen Wunsch nicht erfüllen können, daß ich in London niemanden habe, der einer solchen Aufgabe gewachsen wäre, und daß ich es in diesem Stadium des Krieges für ausgeschlossen halte, daß einer von unseren Leuten, sei er auch noch so fähig, auch nur in die Nähe von Eisenhower käme, selbst wenn es uns gelänge, ihn in England einzuschleusen.«
»Und?« sagte Kelso.
»Die Dinge haben sich jedoch geändert, als Sie uns in die Hände gefallen sind und der Reichsführer auf eine, wie er meint, hervorragende Lösung unseres Dilemmas gekommen ist, die allerdings, wie ich meine, höchst befremdend ist.«
Er legte eine Pause ein, und Max sagte: »Red weiter, Bubi.«
»Der Plan sieht mehr oder weniger wie folgt aus: Oberstleutnant Kelso flieht aus der Gefangenschaft, stiehlt auf dem Versorgungsflughafen einen Storch und fliegt nach Cold Harbour zurück, wo man ihn als Held empfängt. Eisenhower wird ihn zu sehen wünschen. Falls nicht, so wird er den General bestimmt bei irgendeiner Gelegenheit fliegen, wie er es ja bereits zuvor oft getan hat. Im geeigneten Moment bringt er ihn um.«
Es folgte tiefes Schweigen – bis Harry in Lachen ausbrach. »Und wie schaffe ich das alles? Ich bekomme doch erst morgen meine Krücken.«
»Sie verstehen nicht«, sagte Hartmann. »Nicht Sie wären es. Max müßte es tun.«
»O mein Gott«, sagte Elsa.
Max trank einen Schluck Rotwein und stellte sein Glas aus der Hand. »Und warum sollte ich das? Ich fliege Kampfflugzeuge, Bubi, das ist meine Arbeit. Was auch immer ich sonst bin, ein Attentäter jedenfalls nicht.«
Hartmann kam um den Tisch herum und schenkte Wein nach. Er war sichtlich aufgewühlt. »Ich bin nur der Botenjunge. Himmler hat mich ebenfalls bei der Gurgel. Das alles ist nicht auf meinem Mist gewachsen.«
»In Ordnung«, sagte Max. »Sag uns ohne Umschweife, was Sache ist.«
»Die Baronin hat sich bedauerlicherweise mit einem völlig falschen Freundeskreis umgeben. Achtzehn verhaftet, zwölf hingerichtet, darunter mehrere Generäle und auch zwei Frauen. So etwas nennt man Schuld aufgrund gemeinschaftlichen Umgangs. Sagen wir so: Falls ihr beide nicht mitzieht, ist es um so schlechter um eure Mutter bestellt.«
Elsa schüttete ihm Wein ins Gesicht. »Sie Schwein.«
Max sprang auf und packte sie bei den Armen. »Sei nicht töricht. Er hat ebensowenig eine Wahl wie wir.«
»Zum Teufel mit diesen Hirngespinsten«, sagte Harry. »Wenn du das tust, brauchst du meine Zusammenarbeit, Max. Mein Leben bis in die Einzelheiten über meine Freundin Molly und Munro, ferner meine Freunde in Cold Harbour, Eisenhower und Southwick House.« Er schüttelte den Kopf. »Nicht mit mir.«
Hartmann wischte sich übers Gesicht. Max wandte sich ihm zu. »Gib uns etwas Zeit.«
»Morgen früh«, sagte Hartmann. »Mehr ist nicht drin. Überschlaft die Sache«, und damit wandte er sich um und ging.
Zurück in seinem Zimmer, rief er Himmler in der PrinzAlbrecht-Straße an. Er traf ihn noch im Büro an. »Ich habe mir gedacht, daß ich Sie auf dem laufenden halten sollte, Herr Reichsführer.« Als er zu Ende erzählt hatte, sagte er: »Was soll ich nun tun?«
»Ich habe Ihnen bereits gesagt, was Sie tun sollen, Hartmann. Lassen Sie sie drüber nachdenken. Viel schlafen werden sie wohl kaum. Dann das Frühstück, alles hübsch und ordentlich. Und dann, sagen wir um zehn Uhr, lassen Sie die Axt fallen. Ich bezweifle, daß Sie danach noch auf weiteren Widerstand stoßen werden.«
»Also gut, Herr Reichsführer.«
»Ich muß gehen, Herr Standartenführer, ich werde dringend in Paris erwartet. Ich habe die Absicht, nachts zu fliegen. Sie erreichen mich im dortigen Gestapo-Hauptquartier, falls Sie mich brauchen.«
»Jawohl, Herr Reichsführer.«
Hartmann legte auf und stellte sich vor, wie Himmlers persönliche Ju 52 in die Nacht abhob. Wenn doch nur eine Mosquito der RAF pünktlich auftauchen und ihn vom Himmel runterholen würde, aber das war natürlich zuviel erwartet.
Elsa zog sich zurück, und die SS-Burschen trugen Harry wieder in dessen Zimmer und halfen ihm ins Bett. Nach einer Weile ging die Tür auf, und Max kam herein.
»Nicht ein, sondern zwei Wachposten an der Tür. Sie passen gut auf dich auf«, sagte er auf englisch.
»Mir gefällt deine Uniform«, sagte Harry. »Sehr elegant.« Max ging zu dem Stuhl, über dem Harrys Waffenrock hing.
Er sah sich die
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