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Der Flug der Stoerche

Der Flug der Stoerche

Titel: Der Flug der Stoerche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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damals. Sie hatten kurz zuvor Ihren Doktor gemacht. Sie haben den Autopsiebericht von Philipp Böhm, Maxens Sohn, unterschrieben. Das können Sie nicht vergessen haben. Der Junge war völlig zerstückelt, sein Körper übersät von Wunden, und sein Herz war verschwunden. Alle diese Details habe ich aus Ihrem Bericht, M’Diaye. Ich habe ihn hier bei mir, von Ihnen selbst unterzeichnet.«
    Der Doktor starrte mich stumm aus seinen roten Augen an.
    Dann tastete er nach seinem Glas, ohne den Blick von mir zu wenden, hob es an die Lippen und trank sein Bier in kleinen Schlucken. Ich schob meine Weste beiseite und ließ den Lauf der Glock sehen. Die anderen Gäste verließen das Lokal.
    »Als Todesursache nannten Sie den Angriff durch einen Gorilla. Ich weiß, daß Sie gelogen haben. Sie haben, wahrscheinlich gegen eine Bestechungssumme, einen Mord vertuscht. Das war am 28. August 1977. Antworten Sie, Doktor, auf der Stelle!«
    M’Diaye wandte den Kopf, musterte das Stück Himmel in der offenen Tür und trank erneut. Ich zog meine Pistole und schlug dem Säufer mit dem Kolben ins Gesicht. Er wankte und taumelte gegen die Blechwand, der Hut fiel ihm vom Kopf. In seiner Haut steckten Glasscherben, und aus der aufgerissenen Wange floß das Blut. Gabriel versuchte mich zurückzuhalten, aber ich stieß ihn fort. Ich packte M’Diaye am Kragen und rammte ihm den Lauf in ein Nasenloch.
    »Saukerl«, brüllte ich. »Du hast einen Mord kaschiert mit deinen Lügen. Kindsmörder hast du gedeckt, du .«
    M’Diaye wedelte schlaff mit einem Arm. »Ich ... ich werde reden.« Er sah Gabriel an, dann sagte er zögernd: »Laß uns allein.«
    Gabriel verschwand, M’Diaye lehnte sich gegen die Wellblechwand. Leise fragte ich: »Wer hat die Leiche gefunden?«
    »Sie ... sie waren zu mehreren.«
    »Wer?«
    M’Diaye ließ sich Zeit mit der Antwort. Ich verstärkte meinen Griff um seinen Hals.
    »Die Weißen . Tage vorher .«
    Ich zog den Pistolenlauf aus seiner Nase, ohne die Waffe sinken zu lassen.
    »Eine Expedition ... Sie waren auf der Suche nach neuen Diamantenminen im Wald.«
    »Ich weiß. PR154. Ich will Namen wissen.«
    »Max Böhm. Sein Sohn Philipp Böhm. Und ein dritter Weißer, ein Südafrikaner. Ich weiß nicht, wie er hieß.«
    »Das waren alle?«
    »Nein. Otto Kiefer war auch dabei. Bokassas Mann.«
    »Otto Kiefer war bei der Expedition dabei?«
    »Ja ... Ja ...«
    Ich sah auf einmal einen neuen Zusammenhang: Max Böhm und Otto Kiefer waren nicht nur durch den gemeinsamen Diamantenhandel aneinandergekettet, sondern auch durch diese grausame Nacht im Urwald. Der Präsident wischte sich über den Mund, Blut tropfte auf sein Hemd. Er fuhr fort: »Die Weißen sind hier in M’Baiki vorbeigekommen und weitergegangen bis zur SCAD.«
    »Und dann?«
    »Weiß ich nicht. Eine Woche später ist der große Weiße, der Südafrikaner, ganz allein zurückgekommen.«
    »Hat er irgendwas erklärt?«
    »Überhaupt nichts. Er ist nach Bangui zurückgefahren, und man hat ihn nie mehr wiedergesehen. Nie mehr.«
    »Und die anderen?«
    »Zwei Tage später ist Otto Kiefer aufgetaucht. Er kam zu mir ins Krankenhaus und sagte: >Draußen, im Lieferwagen, hab’ ich einen Kunden für dich.< Es war eine Leiche, lieber Gott, die Leiche eines Weißen mit offenem Brustkorb. Das Gedärm hing ihm überall raus. Nach einer Weile habe ich den Sohn von Max Böhm erkannt. Kiefer sagte: >Ein Gorilla hat das angerichtet. Du mußt die Autopsie machen.< Ich fing an, am ganzen Körper zu zittern, und Kiefer brüllte mich an: >Tu, was man dir sagt, und mach die Autopsie, in Gottes Namen! Und denk dran: Das ist das Werk eines Gorillas!< Ich hab’ mich an die Arbeit gemacht, im Operationssaal.«
    »Und dann?«
    »Eine Stunde später war Kiefer wieder da. Ich war halb tot vor Angst. Er kam zu mir und fragte, ob ich fertig sei. Ich sagte, daß Philipp Böhm auf keinen Fall von einem Gorilla umgebracht worden sein konnte. Er sagte, ich solle das Maul halten, und holte ein Bündel französischer Geldscheine hervor - Fünfhundertfrancsscheine waren es, ganz neu und glatt. Dann fing er an, sie in den offenen Brustkorb der Leiche zu stopfen. Herr im Himmel, das werde ich nie vergessen, diese Geldscheine zwischen den Eingeweiden. Dann sagte Kiefer: >Ich verlang’ nicht von dir, irgendwelchen Blödsinn zu erzählen< - und währenddessen stopfte er weiter das Geld in die Leiche -, >nur die Bestätigung, daß es sich um einen Angriff durch einen Gorilla handelte Ich wollte was

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