Der Fluss Der Abenteuer
ihm einen Fußtritt. Im Nu war Oola auf den Beinen, bereit, seinen Herrn zu verteidigen und, wenn nötig, sein Leben für ihn herzugeben.
»Geh sofort zurück!« knurrte Tala mit gedämpfter Stimme, um die anderen nicht aufzuwecken, und zeigte zum Hinterteil des Bootes. Oola schüttelte den Kopf und setzte sich wieder neben Philipp. Als Tala die Hand hob und so tat, als ob er ihn schlagen wollte, wich er behende zur Seite, lief fort und versteckte sich. Aber sobald Tala sich entfernte, kehrte er zurück, setzte sich neben seinen schlafenden »Herrn« und betrachtete ihn mit so viel Stolz und Bewunderung, daß es Philipp recht unangenehm be-rührt hätte, wenn er wach gewesen wäre.
Die Bargua lag in einem kleinen Korb neben ihm. Oola kratzte ein wenig an dem Korb und pfiff ein paar leise Töne. »Du bist die Schlange meines Herrn«, flüsterte er. »Du gehörst ihm, wie Oola ihm gehört.«
Als Dina beim Frühstück die Schlange aus Philipps Hosentasche gucken sah, kreischte sie entsetzt auf. »Philipp!
Ich will nicht, daß du die Bargua behältst! Du weißt, wie ich Schlangen hasse. Bill, sage ihm, daß er sie über Bord werfen soll. Wenn er sie behält, bleibe ich nicht eine Minute länger auf dem Boot. Ich gehe zurück ins Hotel.«
»Wie du willst, Dina«, erwiderte Bill ruhig. »Ich habe nichts dagegen, daß du nach Barira zurückkehrst. Tala kann dich hinbringen. In dem hübschen Hotel bist du gut aufgehoben. Wie ich gehört habe, kommen in dieser Woche zwei nette alte Damen aus England dorthin, die in der Umgegend malen wollen. Sie werden sich gewiß gern deiner annehmen.«
Dina wollte ihren Ohren nicht trauen. War es denn möglich? Bill wollte sie ganz allein zurückschicken, anstatt Philipp zu verbieten, daß er die Schlange bei sich behielt?
»Soll ich Tala gleich rufen und es ihm sagen?« fragte Bill.
Dina wurde feuerrot, in ihre Augen schössen Tränen.
»Nein — bitte nicht! Ich — ich will mich lieber mit der Schlange abfinden, als allein zu bleiben. Das weißt du doch ganz genau, Bill.«
»Nun gut, Dina!« Bill lächelte ihr zu. »Also, Kinder, was machen wir heute? Und vor allen Dingen — was machen wir mit Oola?«
Oola bleibt bei seinem Herrn
Oola frühstückte mit Tala zusammen. Tala behandelte ihn recht streng und rauh. Er hatte Kinder gern, aber dieser Bengel hatte auf »seinem« Boot nichts zu suchen, fand er.
Oola gab sich alle Mühe, ihn zufriedenzustellen. Er hörte geduldig zu, wenn Tala etwas sagte, sprach nur, wenn er gefragt wurde, gehorchte aufs Wort und flitzte nur so übers Deck, um dies oder jenes zu tun.
Als Tala wieder einmal mit dem Motor beschäftigt war und nicht auf ihn aufpaßte, schlich er nach vorn, setzte sich still in eine Ecke und blickte Philipp an. Er konnte sich nicht satt sehen an dem Jungen mit dem dicken Haarbüschel über der Stirn, der so laut und lustig lachte und immer so höflich zu seiner Mutter war.
Oola nickte zufrieden. Ja, dies war sein Herr. Noch niemals hatte er jemand so liebgehabt. Seine Mutter war bei seiner Geburt gestorben. Seinen Vater, der ebenso grausam wie sein Onkel Bula gewesen war, hatte er ge-haßt. Als der Vater eines Tages in die Fremde gewandert war, hatte er den Jungen bei dem Schlangenbeschwörer zurückgelassen. Was für ein elendes, freudloses Leben hatte Oola bei dem bösen Onkel geführt! Aber nun hatte er sich einen Herrn erwählt, den Jungen Philipp, der dort drüben saß und dem großen Bill zuhörte. Zufrieden strich sich Oola über sein volles Bäuchlein und dachte an das Geschenk, daß er seinem Herrn gegeben hatte. Philipp bewahrte die Schlange unter seinem Hemd auf. Ab und zu steckte er seine Hand darunter und streichelte sie.
Plötzlich wurde Oola aus seiner angenehmen Träume-rei gerissen. Er hörte seinen Namen nennen. Bill sagte:
»Und was machen wir mit Oola?«
Oolas Herz hörte fast auf zu schlagen. Was meinte Bill damit? Was wollte man mit ihm machen? Ihn über Bord werfen — oder der Polizei übergeben? Ängstlich beugte er sich vor, um mehr zu hören. Aber in diesem Augenblick ergriff ihn eine kräftige braune Hand am Genick und zog ihn in die Höhe.
»Was hast du hier zu suchen?« rief Tala in seiner eigenen Sprache. »Komm und hilf mir, du fauler Sohn einer Schildkröte!«
Oola warf ihm einen bösen Blick zu, wagte aber nicht zu widersprechen und ging gehorsam mit ihm in die Ka-jüte. Während er beim Vorbereiten des Mittagessens half, gingen ihm immer wieder Bills Worte durch den Kopf.
»Was
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