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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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die Mähne. Zu ihrer Verwunderung hielt das Pferd still.
    »Sehr gut, Miss Ryan. Jetzt müssen Sie nur noch den Fuß in den Steigbügel schieben.«
    »Das weiß ich!«, fauchte sie. Als sie den Fuß hob, waren ihre Unterröcke zu sehen, doch bei dem Versuch, sie zu verstecken, verfehlte ihr Fuß den Bügel. Sie versuchte es erneut, aber wieder misslang es. Ihr Gesicht brannte vor Scham, weil sie ahnte, dass die Männer hinter ihrem Rücken grinsten.
    »Denken Sie einfach nicht an die Unterröcke, Miss Ryan. Ich bin alt genug und habe schon einige gesehen. Je weniger Sorgen Sie sich machen, desto leichter geht es.«
    »Machen Sie sich bloß nicht über mich lustig! Ohne Ihre Scherze säße ich längst im Sattel.«
    »Ach ja?«
    »Natürlich. Außerdem ist es kein Wunder, dass es mir schwerfällt. Schließlich reiten Ladys im Damensattel.«
    »Da irren Sie sich, Mademoiselle.« Es amüsierte ihn, wie sie immer wieder neue Ausreden suchte. »In Paris oder London mag das Sitte sein, aber hier auf Charmantes reiten die Frauen wie die Männer …« Seine Stimme verklang, und während ihm deftige Scherze durch den Kopf gingen, sah er zu George hinüber. »Auf diese Weise fällt man nicht so leicht vom Pferd, und außerdem ist die Haltung nicht nur natürlich, sondern auch bequemer – besonders für eine Anfängerin.«
    George schmunzelte.
    »Ich verzichte auf Ihre Belehrungen.«
    »Wollen Sie meine Reitkünste vielleicht in Zweifel ziehen?« John spielte den Beleidigten. »Bisher hatte ich immer Erfolg und wurde von allen beglückwünscht, die das Vergnügen hatten, damit Bekanntschaft zu machen.«
    Warum George breit grinste, war Charmaine ein Rätsel. Ebenso wie Johns Worte, die offenbar nur George richtig deuten konnte. Um die Sache möglichst schnell hinter sich zu bringen, deutete sie auf den Steigbügel. »Können Sie den nicht niedriger einstellen?«
    »Aber das bringt nichts, my charm .«
    George lachte, und John stimmte darin ein. Und das alles auf ihre Kosten! Als sie an den Vorfall mit Fang dachte, saß ihr ein Kloß in der Kehle. Am liebsten wäre sie davongerannt, aber das konnte sie Yvette nicht antun, die gerade mit dem Picknickkorb zurückkam.
    »Es tut mir leid, Charmaine«, entschuldigte sich John, als er ihr ratloses Gesicht sah. Angesichts ihrer Unschuld plagte ihn das schlechte Gewissen. »Wir haben Sie nicht ausgelacht. Steigbügel müssen so weit oben sitzen, damit man sich hochziehen kann und überhaupt in den Sattel kommt.«
    Sein Stimmungswechsel verwirrte Charmaine.
    »Ich biete Ihnen meine Schulter an – stützen Sie sich auf, wenn Sie den Fuß in den Steigbügel schieben. Der Rest geht dann wie von selbst.«
    Das Angebot konnte sie nicht ablehnen, da er schon dicht neben ihr stand. Sie legte den Arm auf seinen Rücken, und ihr Fuß fand den Steigbügel ohne Mühe. »Jetzt packen Sie Sattel und Mähne und ziehen sich hoch!«
    Sie kam kaum vom Boden hoch, weil sie von den warmen Händen abgelenkt wurde, die sich um ihre Taille schlossen.
    »Versuchen Sie es noch einmal«, sagte er rasch, bevor sie den Mut verlor.
    Diesmal stieß sie sich ab, irgendwo zwischen Himmel und Erde fühlte sie Johns starke Arme, und als sie die Luft ausstieß, saß sie bereits im Sattel. Während sie zu ihm hinunterlächelte, spürte sie noch immer den Druck seiner Hände auf ihrem Körper.
    Im nächsten Moment wurde sie von Angst gepackt, weil ihre Umgebung von oben so ganz anders aussah. Sie klammerte sich an die Mähne ihrer Stute und konnte erst loslassen, als John dem Pferd die Zügel überstreifte und ihr in die Hand gab. Sie merkte kaum, dass er die Steigbügel verkürzte und dabei ihre Knöchel berührte, um die Länge zu prüfen. Und dann wandte er sich zu ihrem Entsetzen auch noch ab, um sich um sein eigenes Pferd zu kümmern!
    »Wo gehen Sie hin?«, rief sie erschrocken, als sich die Stute unter ihr bewegte.
    »Einen Moment.«
    »Sie können mich doch nicht allein lassen! Ich weiß ja nicht, was das Tier will!« Wie auf ein Stichwort setzte sich die Stute in Bewegung und trottete langsam zur Koppel hinüber, wo die Ponys grasten.
    »Lassen Sie ihr ihren Willen«, rief John. Er schnallte den Picknickkorb mit einem Riemen an den Sattel. »Sie will nur grasen.«
    Und genauso war es. Wie vorhergesagt blieb die Stute bei den Ponys stehen und begann zu fressen. Charmaine umklammerte die Zügel, als ob ihr Leben davon abhinge, weil sie fürchtete, über den Hals abzurutschen. Ihr Atem ging erst ruhiger, als sie

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