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Der Fluß

Der Fluß

Titel: Der Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ketil Bjørnstad
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Schuld.
    »Verzeihung«, sagt sie kurz darauf.
    »Was wollten Sie eigentlich sagen?« frage ich.
    »Daß Marianne psychisch instabil ist. Das verstehen Sie doch. Wenn man bedenkt, was sie alles hinter sich hat.«
    »Davon weiß ich nichts.«
    »Dann sollten Sie sie fragen. Falls sie imstande ist, darüber zu reden.«
    »Was Sie da sagen, macht mir angst.«
    Martha Skoog schaut mich an, ist überrascht, wie wenig ich weiß. »Aber es wird Ihnen doch bekannt sein, daß sie mehrmals in psychiatrische Kliniken eingeliefert werden mußte?«
    »Davon weiß ich nichts«, sage ich.
    Sie scheint zu merken, daß sie zuviel gesagt hat. Sie dreht sich um und will gehen.
    »Entschuldigung«, sagt sie. »Ich wollte nicht, daß mich jemand bemerkt. Ich wußte nicht, daß jemand zu Hause ist. Ich hatte nur ein sehr starkes Bedürfnis, dieses Haus noch einmal zu sehen.«
    »Aber warum kommen Sie nicht einmal zu Besuch?« sage ich. »Marianne will Sie gewiß gerne sehen.«
    Martha Skoog schüttelt den Kopf. »Marianne will mich nicht sehen«, sagt sie. »Zwischen uns hat es zu viele Differenzen gegeben. Mir wäre es am liebsten, wenn Sie gar nicht erwähnten, daß ich hiergewesen bin.«
    »Das kann ich nicht versprechen«, sage ich.
    Trotzdem weiß ich, daß ich von dieser Begegnung niemandem etwas erzählen werde.
Rebecca im Schnee
    Der erste Schnee kommt. Einer, der nicht liegenbleibt. Einer, der nur bezaubert. Der keine Winterreise ermöglicht. Da besucht mich eines Vormittags, ich bin gerade bei Beethoven, Rebecca. Liebe, treue Rebecca.
    »Ich mußte dich einfach sehen«, sagt sie, als sie an der Tür steht. »Können wir einen kleinen Spaziergang machen?«
    »Natürlich.«
    Ich hole die Winterjacke, ziehe die Stiefel an. Sie trägt einen braunen Nerz und süße rosa Ohrenschützer.
    Kaum sind wir auf der Straße, hakt sie sich unter, als gehörten wir zwei zusammen. Was ja nicht der Fall ist.
    »Geht es dir gut?« fragt sie besorgt. »Ich bin so beunruhigt deinetwegen.«
    »Warum beunruhigt?«
    »Weil ich daran denke, was vor dir liegt, das schwierige Debütkonzert. Ach Aksel, ich bin froh, daß nicht ich es bin!«Ich fühle mich bei ihren Worten gleich ein bißchen einsamer, weiß, daß sie recht hat, daß Grund zur Beunruhigung besteht. Und ich weiß nicht, warum ich es tue. Es hat sich einfach so ergeben. Aber das kann ich Rebecca nicht erzählen.
    »Wird schon schiefgehen«, sage ich, um sie zu trösten.
    »Ja, hoffentlich«, sagt sie enthusiastisch, »und danach kannst auch du alles hinschmeißen, wie ich es gemacht habe, und dann können wir den Rest des Lebens damit verbringen, auf uns aufzupassen.«
    »Aber du hast ja Christian«, erinnere ich sie.
    »Ja, und du hast Marianne Skoog. Beide sind schwierige Fälle. Deshalb braucht man Freunde, die auf einen aufpassen.«
    »Was ist an Christian schwierig?«
    Sie strahlt mich mit ihren blauen Augen an. Wir gehen den Melumveien hinauf zum Grini-Damm. Wir gehen in einer Märchenwelt. Carl Larsson hätte uns malen können. In solchen Momenten kann ich nicht verstehen, warum es mit Rebecca und mir nicht geklappt hat.
    »Er verlangt einfach soviel«, sagt sie. »Wir sind glücklich. Aber er ist krankhaft eifersüchtig. Und er hat ein starkes Bedürfnis, dieses Glück zu kontrollieren.«
    »Wie denn?« sage ich, während wir den Wasserfall passieren, wo Mutter ihr Erdendasein beendete. Ich werfe einen Blick dorthin, denke aber nichts dabei.
    »Er taucht plötzlich während einer Vorlesung auf, steht da und wartet dann auf mich vor dem Aulakeller. Außerdem will er mich an den unmöglichsten Stellen haben. Weißt du, wo wir es gemacht haben?«
    »Nein«, sage ich.
    »In einer der Anprobekabinen von Steen & Strøm. Das ist nicht lustig.«
    Ich drücke verständnisvoll ihre Hand.
    »Was soll ich nun dazu sagen?« frage ich.
    »Sag irgend etwas. Du bist doch mein Freund.«
    »Ich kann sagen, daß es mich erregt, wenn du so direkt darüber redest.«
    Sie kneift mich in den Arm. »Vielleicht ist das meine Absicht. Ich kann es nach wie vor nicht begreifen, daß wir nicht zusammengekommen sind. Und jetzt hast du eine äußerst sexuelle Person.«
    »Marianne Skoog?«
    »Kannst du nicht einfach mal ihren Nachnamen weglassen? Hat es damit zu tun, daß sie soviel älter ist als du? Sagst du Marianne Skoog, wenn du mit ihr in der Küche sprichst?« »Nein«, lache ich. »Dann sage ich nur Marianne.«
    »Und sie will ständig mit dir Sex haben. Das weiß ich. Das sehe ich ihr an. Eine

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