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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Ruhig, befahl sie sich, sei ganz ruhig.
    Sie sah wieder nach oben. An der Stelle verstecken sie immer das Heroin, dachte sie. Der Tankwart kommt rein und ruft den gutaussehenden jungen Polizisten, der sie rettet. So funktionierte das immer. Jedes Mal. Sie wischte in Panik den Spiegel sauber. Und wenn es nun nicht klappt?, dachte sie. Plötzlich war sie wütend und ungeduldig, und sie schmierte Seife über den Spiegel. Das Seifenstück war nass geworden und hinterließ weiße Streifen auf dem Glas. Wie Tränen, dachte sie. Es läuft nie so wie in, ja was? Im Märchen. Im Film. In den Geschichten, die ihr Vater ihr erzählt hatte, als sie klein war. Sie betrachtete ihr Spiegelbild zwischen den Streifen. Sie sah die roten Ränder um ihre Augen. In ohnmächtiger Wut schüttelte sie die Fäuste. Zu dieser Tür kam jedenfalls kein schöner Prinz herein. Sondern er. Er wird reinkommen. Erwird es sehen. Er bringt mich um. Und George. Und den Jungen, der die Autos repariert. Er bringt uns alle um. Einen nach dem anderen.
    Und dann kommt es vielleicht unters Volk.
    Draußen hörte sie ein schabendes Geräusch.
    Sie schmeckte Galle in der Kehle. O Gott, dachte sie. Da ist er.
    Die Tür klapperte. Es ist der Wind, beruhigte sie sich. Dennoch wischte sie in Panik die Seifenreste vom Spiegel.
    Was mache ich nur?, fragte sie sich. Willst du sterben?
    Tu gar nichts. Spiel mit. Bis jetzt hat er dir nichts getan.
    Sie wusste, dass das gelogen war, und die Gegenstimme meldete sich prompt. Er wird dich missbrauchen und dann töten, das hat er selbst gesagt.
    Die Tür klapperte wieder.
    Er ist überall, dachte sie auf einmal. Der Raum war fensterlos. Sie fuhr herum und starrte auf die weiß getünchten Wände. Er kann dich sehen!, warnte sie sich. Er weiß es. Er weiß es.
    Marschier einfach ruhig hier raus und entschuldige dich, dachte sie.
    Sie überprüfte sich in dem nunmehr sauberen Spiegel, als könnte sie Zeichen für Verrat in ihrem Gesicht erkennen, die ihm ins Auge fallen mussten. Dann drehte sie sich um und ging langsam nach draußen, während sie dachte: Ich bin innerlich wie leer. Sie hängte den Schlüssel wieder an den Haken neben der Tür und erstarrte vor Schreck.
    Jeffers stand neben dem Wagen und sprach mit einem Staatspolizisten. Beide Männer trugen große Sonnenbrillen, und sie konnte ihre Augen nicht sehen. Sie blieb wie angewurzelt stehen.
    Sie sah, wie Jeffers den Kopf hob und ihr entgegenlächelte. Er winkte ihr zu.
    Sie konnte sich nicht rühren.
    Jeffers winkte noch einmal.
    Sie herrschte ihren Körper an, sich zu bewegen, doch sie war immer noch wie gelähmt. Sie zwang sich, an jedem Muskel zu zerren, und schaffte einen Schritt, dann einen zweiten. Der Weg über den Asphalt schien endlos, und sie hatte das seltsame Gefühl zu brennen.
    Wir werden alle sterben, dachte sie. Sie sah schon, wie Jeffers sich unters Hemd griff und den schwarzen Revolver zog. Sie hörte den Schuss. Sie sah den Polizisten – die eigene, Feuer und Kugeln speiende Waffe in der Hand – nach hinten fallen. Sie sah, wie der Teenager und George, der Tankwart, sich wegduckten, während die Zapfsäulen explodierten und in Flammen aufgingen.
    Sie machte noch einen Schritt und merkte, dass nichts dergleichen geschah.
    Jeffers winkte wieder. »Spring rein, Annie, ich lass mir nur eben genau beschreiben, wie wir am besten fahren.« Er wandte sich an den Polizisten. »Also, wenn ich nach New Orleans reinkomme, gabelt sich die Straße, die Sechs-Zehn bringt mich ins Zentrum, und auf der Vier-Zehn geht’s zu den Naturparks an der Küste?«
    »Genau«, sagte der Polizist. Er lächelte Anne Hampton zu und berührte zum Gruß seine Hutkrempe. Die kleine Höflichkeitsgeste schien sie innerlich zu versengen.
    »Großartig«, meinte Jeffers. »Ich geh immer gerne auf Nummer sicher. Sie haben mir sehr geholfen.«
    »Gern geschehen«, entgegnete der Polizist. »Schönen Tag noch.«
    Er machte kehrt und ging zu seinem eigenen Fahrzeug, während Jeffers hinters Lenkrad rutschte. Zuerst schwieg er, während er Gas gab und an dem Streifenwagen vorbei von derTankstelle wegfuhr. Dann fragte er in sachlichem, strengem Ton: »Was hattest du mit dem alten Mann zu quasseln?«
    »Ich muss mich übergeben«, stöhnte Anne Hampton.
    »Wenn du dich übergibst«, erwiderte Jeffers, und sein Blick verengte sich, während seine Stimme so teilnahmslos klang, als diskutierten sie das Wetter oder die steigenden Preise, »dann müssen wir alle sterben.«
    Sie biss die

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