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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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wenn Sie in eine neue Schule kommen, wenn Sie sich mit jemandem anfreundenoder was weiß ich. Bei jeder Gelegenheit. Was immer wir von ihm bekamen, das mussten wir uns vorher hart erarbeiten.«
    »Sie haben es geschafft.«
    »Meinen Sie?«
    Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Jeffers’ Stimme klang zunehmend wütend und verbittert. Sie fragte sich, wie er mit all der Wut fertigwurde, die er aufgestaut hatte. Wie es sein Bruder machte, wusste sie.
    »Wie wär’s, wenn wir mit Manchester anfangen würden?«, schlug sie vor.
    »Was versprechen Sie sich davon?«, fragte er schroff zurück.
    »Ich weiß nicht«, antwortete sie in gleichmütigem Ton, obwohl sie ärgerlich wurde. »Zumindest besser, als rumzusitzen und zu warten, dass er Sie anruft. Was er bisher nicht getan hat.«
    »Noch nicht.«
    »Glauben Sie, er meldet sich noch?«
    Jeffers zögerte.
    »Ja.«
    »Wieso?«
    »Wenn er gemeinsamen Erinnerungen nachgeht, dann kommen zwangsläufig Dinge hoch, die er mir mitteilen will. Oder er besucht einen Ort, der in ihm den Wunsch weckt, etwas auszudrücken, und ich bin der einzige logische Ansprechpartner … außer diesen …« Er deutete auf die Fotos. »So funktioniert die Psyche nun mal. Ich kann für nichts garantieren, aber die Vermutung liegt nahe. Sie ist begründet.«
    Sie überlegte einen Moment.
    »Ich hab keine Lust, Däumchen zu drehen.«
    Er nickte.
    »Heute ist Samstag«, meinte er. »Ich muss erst am Montag wieder in die Anstalt.«
    Sie stand auf.
    »New Hampshire«, sagte sie. »Wir können Leuten sein Foto zeigen, uns umhören.« Sie überlegte einen Moment, bevor sie fragte: »Wo lebt Ihre Familie jetzt?«
    Sie sah, wie Martin Jeffers tief Luft holte, als müsse er seinen Zorn in eine geordnete Schlachtenreihe zurückdrängen. Detective Barren war völlig verblüfft. Sie fröstelte. Sie setzte sich in ihren Sessel und beobachtete, wie Jeffers mit seinen Emotionen kämpfte, und sie musste sich in Erinnerung rufen, wer er war. Denk dran, sie sind Brüder. Als er endlich antwortete, sprach er mit leiser, nur mühsam beherrschter Stimme.
    »Adoptiveltern, beide tot«, sagte Martin Jeffers knapp. »Leiblicher Vater? Wer weiß. Wahrscheinlich tot, oder er treibt sich irgendwo herum. Leibliche Mutter, dito, es sei denn …«
    Er schwieg einen Moment.
    »… es sei denn, Doug hätte es geschafft, sie umzubringen.«
     
    Zuerst fuhr er mit ihr an der Drogerie vorbei, indem er im Schritttempo die Nassau Street in Princeton entlangschlich. Die Universität lag mit ihren efeubewachsenen Gebäuden auf der anderen Straßenseite – friedlich und still, als wartete sie hinter dem hohen schwarzen Eisenzaun und den weitläufigen Rasenflächen geduldig auf das emsige Treiben im Herbst. Martin Jeffers wies darauf hin, dass es wenige Wochen vor Semesterbeginn war, es dauerte noch etwas, bis die ganze Stadt zu neuem Leben erwachte. Das wusste sie. Sie verriet ihm nicht, wie vertraut sie mit der ganzen Gegend war. Er sollte nicht mehr als unbedingt notwendig von ihr erfahren.
    Sie sah die steinernen Seminargebäude und Studentenwohnheime und erinnerte sich an ihren Mann. Sie lächelte, wenn sie daran dachte, wie wohl er sich am College gefühlt hatte und wie seltsam es für ihn gewesen sein musste, zur Armee zu gehen.Er hatte den Universitätsbetrieb geliebt. Er hatte sich von einer anderen Gesellschaft mitreißen lassen, die Wert auf Bücher und Gedanken legte und Leistung nach wissenschaftlichen Aufsätzen und gekonnten Vorträgen bemaß. Worüber? Über Literatur, Mathematik, Gesellschaftswissenschaften und Naturwissenschaften.
    Auch die Welt meines Vaters, dachte sie.
    Meine nicht.
    Während Martin Jeffers draußen in seinem Wagen wartete, hatte sie in ihrem Hotel eine Dusche genommen, Wäsche und Jeans gewechselt, war sich mit dem Kamm einmal durchs Haar gefahren und hatte keinen Gedanken an den Schlafmangel verschwendet. Sie war hellwach und aufgeregt. Das Einzige, was für sie zählte, war die Tatsache, dass sie ihre Kreise um Douglas Jeffers immer enger zog; am Ende würde es für ihn nur noch sie und ihre Pistole geben. Dieser Gedanke hatte ein bitteres Lächeln auf ihre Lippen gebracht.
    Sie hatte in den Spiegel gesehen, doch statt ihr Äußeres darin zu überprüfen, hatte sie ihre Waffe gehoben und auf ihr Ebenbild gerichtet. »So wird es aussehen«, hatte sie laut gesagt.
    Sie erstarrte in dieser Stellung und ließ das Gefühl einsinken.
    Dann hatte sie sich eine kleine Reisetasche geschnappt und die

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