Der Frauenhaendler
zusammenzusetzen.
Kapitel 16
Ich halte an. Die Schnauze des Mini schaut auf die abgeblätterten Gitterstäbe eines Tors in der Via Carbonia, in Quarto Oggiaro. Nachdem ich ausgestiegen bin, brauche ich eine Weile, bis ich an dem Schlüsselbund, den ich in der Hand halte, den richtigen Schlüssel finde. Nach ein paar Versuchen gelingt es mir, das Schloss zu öffnen. Ich schiebe das Tor auf und steige wieder ein. Nachdem ich hineingefahren bin, muss ich erneut anhalten, um die Durchfahrt abzusperren. Die Angst in meinem Innern drängt mich zur Eile. Ich vermeide das Licht, und mich plagt das Gefühl, dass die Leute auf der Straße alle nur mich anschauen.
Während der Fahrt von Cesano hierher habe ich etliche Umwege gemacht, bin rechts und links abgebogen und habe im Rückspiegel kontrolliert, ob mir jemand folgt. Als ich den Eindruck hatte, dass alles in Ordnung ist und kein verdächtiger Wagen mir Geleitschutz gewährt, habe ich an einem Kiosk angehalten. Ich habe die Abendausgaben der Zeitungen und ein paar Zeitschriften und Rätselmagazine gekauft. Dann bin ich weitergefahren und habe das Autoradio angeschaltet, habe Stimmen hervorgelockt und sofort wieder zum Verstummen gebracht, habe Musik erklingen lassen und sofort wieder abgewürgt, unentwegt auf der Suche nach Nachrichten, die bestätigen würden, was ich vorhin gehört hatte. Mit dem subtilen Masochismus, der einen, zusammen mit dem Gefühl des ständigen Gehetztseins, angesichts einer Bedrohung befällt.
Schließlich ließ ich den Sucher auf einer Sondersendung von Rai stehen, die ausschließlich den Entwicklungen rund um die Ereignisse in der Villa Bonifaci gewidmet war. Ein paar Stunden zuvor war beim Sitz der italienischen Presseagentur ein Anruf eingegangen, dessen Authentizität noch geprüft wurde. Der unbekannte Anrufer hatte sich im Namen der Roten Brigaden zu den Verbrechen von Lesmo bekannt und sie als erneute siegreiche Aktion im bewaffneten Kampf gegen den Staat und seine Repräsentanten bezeichnet, einen weiteren Erfolg nach der Entführung von Aldo Moro und der Ermordung seiner Leibwächter. Dann folgte eine aufgezeichnete Erklärung des Innenministers, der den dramatischen Ernst der Situation betonte, gleichzeitig aber auch die Standfestigkeit der Institutionen gegenüber der terroristischen Bedrohung hervorhob. Gegenwärtig fand eine Sondersitzung der Regierung statt.
Das war ungefähr das, was ich auch zu Hause gehört hatte und was mich darin bestärkt hatte, schnell zu verschwinden, bevor Giovannone, oder wer auch immer für ihn entschied, hinreichend viele Gründe dafür erkennen würde, mich abholen und festhalten zu dürfen, bis meine Rolle in dieser Geschichte geklärt wäre.
Dann verkündete der Moderator eine Neuigkeit, die eine Wende in den Ermittlungen darstellen könnte. Etwas, das in meinen Augen ein wenig Licht in die Sache brachte, das andererseits aber auch der Grund war, warum ich an einen feuchten, dunklen Ort flüchtete. Ein Augenzeuge, der aus der Disco gekommen war, hatte in der Nacht des Gemetzels zwei Autos mit mehreren Personen darin aus dem Tor zu Bonifacis Villa kommen sehen, einen großen Volvo und einen kleinen dunklen Wagen, blau oder schwarz, den der Zeuge als einen Mini oder einen Fiat 127 erkannt haben wollte.
Die Nachricht ließ mich erstarren. Der Schüttelfrost wurde zu einem unkontrollierbaren Zittern, und ich musste warten, bis es vorbei war. Dann brach Hektik aus. Wie eine Ratte floh ich an mein Ziel, um herauszufinden, ob der Verdacht, der mir plötzlich gekommen war, begründet war. Eine Bestätigung würde keinerlei Erleichterung bringen, sondern lediglich eine Reihe von quälenden Fragen in erschreckende Antworten verwandeln.
Die Hupe eines Wagens, der hinter mir wartet, bringt mir wieder zu Bewusstsein, wo ich bin.
Etwa dreißig Meter weiter befindet sich eine Betonrampe zu einer Reihe Garagen, die man unter die Erde gebaut hat. Ich fahre sie hinab und lasse das Auto, das zu den Parkplätzen im Hof des Mietshauses steuert, passieren. Am Ende der Rampe biege ich rechts ab und fahre zu der Garage mit der Nummer 28.
Im unbestimmten Licht, das durch das Eisengitter oben fällt, lasse ich den Mini quer stehen, steige aus und öffne das Rollgitter der Garage, wegen der ich hier bin. Dort steht ein hellbrauner Fiat 124, ein anonymes Auto, sowohl vom Modell als auch von der Farbe her. Genau das, was ich im Moment brauche. Ich steige ein und finde hinter der Sonnenblende die Schlüssel.
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