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Der Frauenheld

Der Frauenheld

Titel: Der Frauenheld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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Austin. »Wir haben uns amüsiert. Aber morgen komme ich nach Hause.«
    »Nun, wir warten auf dich«, sagte Barbara fröhlich. »Wer ist wir?« sagte Austin.
    »Ich. Und das Haus. Und die Pflanzen und die Fenster. Die Autos. Dein Leben. Wir warten alle mit einem breiten Lächeln auf unseren Gesichtern.«
    »Das ist toll«, sagte Austin.
    »Es ist toll«, sagte Barbara. Dann herrschte Schweigen in der Leitung – teures transozeanisches Schweigen.
    Austin hatte das Gefühl, er müsse seine gute Laune wiederherstellen. Er hatte keinen Grund, wütend zu sein. Oder sich unwohl zu fühlen. Alles war in Ordnung. Barbara hatte nichts getan, er aber auch nicht.
    »Wie spät ist es dort?« sagte sie beiläufig. Er hörte wieder einen Topf klappern, dann Wasser ins Waschbecken laufen. Sein Sektglas war warm geworden, der Sekt war schal und süß.
    »Nach eins«, sagte er. »Ich bin jetzt müde. Ich habe morgen einen langen Tag.«
    »Na, dann schlaf doch«, sagte Barbara.
    »Danke«, sagte Austin.
    Wieder herrschte Schweigen. »Wer ist diese Frau?« sagte Barbara mit einem scharfen Unterton.
    »Bloß eine Frau, die ich kennengelernt habe«, sagte Austin. »Sie ist verheiratet. Sie hat ein Baby. Es ist einfach la vie moderne .«
    » La vie moderne «, sagte Barbara. Sie schmeckte jetzt etwas ab. Was immer sie da kochte, schmeckte sie jetzt ab.
    »Richtig«, sagte Austin. »Das moderne Leben.«
    »Ich verstehe«, sagte Barbara. » La vie moderne. Das moderne Leben.« Sie schlug hart mit einem Löffel gegen den Pfannenrand.
    »Freust du dich darüber, daß ich nach Hause komme?« sagte Austin.
    »Natürlich«, sagte Barbara und hielt wieder inne, während er versuchte, sich in allen Einzelheiten den Ausdruck vorzustellen, der jetzt auf ihrem Gesicht lag. Alle Züge ihres recht schönen Gesichts schienen schmaler zu werden, wenn sie wütend wurde. Er fragte sich, ob sie jetzt schmal waren.
    »Glaubst du«, sagte Barbara und versuchte, bloß neugierig zu klingen, »daß du mich heute abend möglicherweise für selbstverständlich genommen hast?« Schweigen. Sie kochte weiter. Sie war allein in ihrem gemeinsamen Haus, kochte für sich selbst, und er war in einem netten Hotel in Paris – einem früheren Kloster – und trank Champagner im Pyjama. Da gab es schon eine gewisse Diskrepanz. Das mußte er zugeben. Obwohl es letztendlich nicht sehr viel bedeutete, da sie beide gut untergebracht waren. Aber sie tat ihm leid, es tat ihm leid, daß sie dachte, er nehme sie für selbstverständlich, da er nicht glaubte, daß er das tat; da er sie im Gegenteil liebte und sich sehr auf das Wiedersehen freute. Es tat ihm leid, daß sie nicht wußte, wie er sich in diesem Augenblick fühlte, wie sehr er sie achtete. Wenn sie das wüßte, dachte er, würde es sie glücklich machen.
    »Nein«, sagte Austin, um schließlich ihre Frage zu beantworten, »ich glaube das nicht. Ich glaube das wirklich nicht. Glaubst du, daß ich so denke?«
    »Nein? Dann ist alles in Ordnung«, sagte Barbara. Er hörte eine Schranktür zufallen. »Ich möchte nur nicht, daß du glaubst, daß du mich für selbstverständlich nimmst, das ist alles.«
    »Warum müssen wir jetzt darüber reden?« sagte Austin wehleidig. »Ich komme morgen nach Hause. Ich freue mich darauf, dich zu sehen. Ich bin nicht wütend wegen irgend etwas. Warum bist du es?«
    »Ich bin nicht wütend«, sagte Barbara. »Vergiß es. Es bedeutet nichts. Mir kommen bloß manchmal Gedanken, und dann sind sie wieder weg.« Wieder das Hämmern des Löffels.
    »Ich liebe dich«, sagte Austin. Seine Ohrmuschel hatte zu schmerzen begonnen, weil er den Hörer mit der Schulter dagegengepreßt hielt.
    »Gut«, sagte Barbara. »Schlaf ein mit dem Gefühl, daß du mich liebst.«
    »Ich möchte mich nicht streiten.«
    »Dann streite dich nicht«, sagte Barbara. »Vielleicht bin ich einfach schlecht gelaunt. Es tut mir leid.«
    »Warum bist du wütend?« sagte Austin.
    »Manchmal«, sagte Barbara. Dann hielt sie inne. »Ich weiß nicht. Manchmal kotzt du mich an.«
    »Scheiße noch mal«, sagte Austin.
    »Scheiße ist richtig. Scheiße«, sagte Barbara. »Es ist nichts, schlaf jetzt.«
    »In Ordnung. Tu ich«, sagte Austin.
    »Bis morgen, Schatz«, sagte Barbara.
    »Klar«, sagte Austin und wollte, daß es beiläufig klang. Er begann, noch etwas zu sagen. Ihr noch einmal ganz beiläufig zu versichern, daß er sie liebte. Aber Barbara hatte aufgelegt. Austin saß in seinem Pyjama auf dem Bett und starrte sich selbst im

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