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Der Frauenjäger

Der Frauenjäger

Titel: Der Frauenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Mittwochabend erklärt hat, der Typ hätte sich Andy Jäger genannt. Karola hat behauptet, Andreas hätte im April, als Mona den Kerl kennenlernte, ein paar Tage freigenommen. Ich habe Ulla gestern danach gefragt, aber sie hat mir nicht geantwortet.»
    Werner schüttelte immer noch fassungslos den Kopf und murmelte erneut: «Das gibt’s nicht.»
    «Tu mir nur einen Gefallen», bat Marlene. «Lass dir morgen Abend bei Karola nichts anmerken. Ulla muss nicht wissen, dass ich es dir erzählt habe. Und Karola soll nicht wissen, dass er hier ist. Es wäre auch nicht fair gegenüber Julia und Stefanie, finde ich. Er will ja nicht bleiben.»
    Werner nickte gedankenverloren, stippte mit einem Finger die Käseraspeln auf, die neben die Auflaufform gefallen waren, und sagte: «Andreas könnte keiner Fliege etwas zuleide tun.»

Nummer neun
    Bei dem Riemen, der alles veränderte, handelte es sich um den Schulterriemen einer Handtasche. Ihre eigene Tasche war es nicht, wie Marlenes Finger schnell erkannten. Das Material fühlte sich billig an. Außen Kunstleder, innen flanellähnlicher Stoff. Der Form nach war es ein Beutel mit einem Kordeldurchzug anstelle eines Reißverschlusses.
    Sie setzte sich und untersuchte den Inhalt. Eine Börse, in der sich außer ein paar Geldscheinen und einigen Münzen auch mehrere Plastikkarten befanden, drei gleich große und eine größere, dünnere, höchstwahrscheinlich ein Personalausweis. EinHandy, das nicht mehr funktionierte. Eine Pappschachtel, in der sich noch fünf Zigaretten befanden. Ein Einwegfeuerzeug, das zwar noch einen Zündfunken produzierte, aber keine Flamme mehr. Ein Päckchen mit zwei Kaugummistreifen. Und ein Band, an dem drei Schlüssel befestigt waren sowie ein Anhänger, der ihr beim Anfassen erschreckend vertraut vorkam.
    Trotzdem brauchte sie ein Weilchen, ehe ihre Fingerspitzen die erhabene Figur anhand ihrer Konturen identifizierten und sie begriff, was sie fühlte. Christophorus mit dem Jesuskind auf der Schulter. Sie hätte geschworen, dass der Schriftzug auf der Rückseite
Scheidweber & Co
lautete. Das Werbegeschenk, das Andreas vor Jahren im Freundeskreis verteilt hatte. Seine junge Nachbarin hatte wohl auch einen Schlüsselanhänger bekommen – ob sie nun mit ihm auf Tour gegangen war oder nicht.
    Es gab keine Gewissheit in der Finsternis, Marlene war trotzdem ziemlich sicher, Barbara Königs Tasche gefunden zu haben. Annette, Ulla und Karola, die ebenfalls solche Schlüsselanhänger bei sich trugen, besaßen keine beutelförmigen Handtaschen und rauchten nicht. Von ihnen konnte sich in den letzten Tagen auch keine in einen Zustand verwandelt haben, der die Luft im Umkreis etlicher Meter dermaßen verpestete, dass man glaubte, sich beim nächsten Atemzug übergeben zu müssen. Und irgendeine andere – die Frau eines Angestellten oder Kunden von Scheidweber & Co   –, das wäre ein zu großer Zufall gewesen.
    Barbara König! Seit fünf Wochen verschwunden! Nein, mittlerweile waren es sechs Wochen. Und ein Kerl auf einem Motorrad! Ein Kerl mit einem schwarzen Integralhelm ohne irgendwelchen Schnickschnack. Onkel Juri? Oder Andy, der Jäger, der im Frühjahr 2006 in den Schadow Arkaden in Düsseldorf auf die Jagd gegangen war und denselben Helm getragen hatte, als er Mona Thalmann verfolgte?
    Ihr war danach, zu schreien und auf irgendetwas einzudreschen.Stattdessen wimmerte sie nur leise, betätigte wieder und wieder das leere Feuerzeug und hörte im Geist Werner sagen: «Andreas könnte keiner Fliege etwas zuleide tun.»
    Wahrscheinlich nicht. Es war garantiert keine Fliege, die in dem Graben lag und schlimmer stank als eine ganze Mülldeponie voll mit Fleischsaft getränktem Einwickelpapier. Und jetzt stand der Robert-Redford-Verschnitt mit dem treuen Dackelblick dahinten, gar nicht weit entfernt, und erwartete sie.
    Mit dieser Gewissheit rührte Marlene sich längere Zeit nicht vom Fleck. Zum einen brauchte sie die Zeit, um ihre Erkenntnisse, die daraus resultierenden Konsequenzen und bisherigen Irrtümer zu verarbeiten. Zum anderen fragte sie sich, warum er nicht endlich zu ihr kam und es zu Ende brachte. Ihr Überleben stand doch nicht auf seinem Plan. Aber wahrscheinlich machte es mehr Spaß, wenn das Sterben länger dauerte.
    Seltsamerweise wurde sie bei diesen Gedanken ruhig, was daran liegen mochte, dass sie ihn schon so lange kannte und ihn früher niemals bösartig, hinterhältig oder sonst wie verabscheuungswürdig erlebt hatte. Es widerstrebte ihr,

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