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Der Frauenjäger

Der Frauenjäger

Titel: Der Frauenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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ich nach Hause kam.»
    Wie kaum anders zu erwarten, waren nun alle ganz Ohr, sogar Matthias. Telefon und Anrufbeantworter standen seit Jahr und Tag auf demselben kleinen Tisch neben dem Fernseher. Karola spielte das Band ab, zweimal hörte man nur das Klacken, mit dem die Verbindung wieder getrennt wurde. Der Fluch beim dritten Anruf gab auch nicht viel mehr her. Nur ein gepresstes: «Verdammt.»
    Der vierte Anruf war aufschlussreicher. «Jetzt komm schon, Süße, sei lieb und geh ran. Ich weiß, dass du allein zu Hause bist. Und ich würde dich gerne besuchen. Aber ich falle nur ungern über ahnungslose Mädchen her», sagte eine Männerstimme.
    Ob es dieselbe Stimme war, die am Donnerstagabend in der Werkhalle bei Scheidweber & Co von der Karre einer total besoffenen Kuh gesprochen hatte, hätte Marlene nicht mit Bestimmtheit sagen können. Der Anrufer sprach sehr gedämpft, erschwerend hinzu kamen irgendwelche Störgeräusche.
    Ulla schien auch nicht auf Anhieb sicher, warf Marlene einen undefinierbaren Blick zu, wollte es noch einmal hören und sagte erst danach: «Deswegen würde ich mir an deiner Stelle keine Sorgen machen. Das klingt nach Andreas.»
    Werner stimmte zu: «Dachte ich auch gerade.»
    «Blödsinn», fuhr Karola auf. «Er hat in den vergangenen Jahren nichts von sich hören lassen, warum sollte er sich ausgerechnet jetzt bei uns melden?»
    «Wieso
ausgerechnet
?», fragte Ulla verständnislos. «Was ist denn jetzt anders als vorigen Monat oder letztes Jahr?»
    Das wusste in dem Moment nur Karola. Und die hätte es entgegen ihrer Art lieber verschwiegen, um Annette nicht unnötig zu reizen. Deshalb probierte sie es zuerst mit einem Ausweichmanöver. «Andreas hätte Julia nicht mit einem Überfall eingeschüchtert und ihr nichts vorgestöhnt.»
    «Nach Einschüchterung klang der Überfall nun nicht gerade», gab Christoph seinen Senf dazu. «Und den Stöhner hatten wir letzte Woche schon. Da warst du überzeugt, es könnte nur einer sein, der deine Nummer von früher kennt. Damit waren wir bei Andreas. Ich wüsste auch sonst keinen, der eine Veranlassung hätte, dich privat zu belästigen.»
    «Andreas hätte mit Julia gesprochen», hielt Karola dagegen. «Das dumme Ding ist tatsächlich rangegangen.»
    Und wenn Karolas Telefon abgenommen wurde, schaltete sich der Anrufbeantworter automatisch aus, deshalb war nichts weiter aufgezeichnet worden.
    «Vielleicht hat er mit ihr gesprochen», meinte Ulla. «Und vielleicht ist es ihr unangenehm, dir zu erzählen, was er gesagt hat. Könnte doch sein, dass er dachte, Julia sei jetzt in einem Alter, in dem sie für seine Version ein wenig Verständnis aufbrächte.»
    Marlene sah das genauso. Julia konnte man gerade nicht ins Kreuzverhör nehmen. Sie verbrachte den Abend mit Johanna und Kirsten im Hause Barlow, wo die drei sich eigentlich in jeder freien Minute aufhielten. Annette war von montags bis samstags in ihrer Bücherstube, Christoph in seiner Agentur. Er arbeitete auch samstags, damit Annette ihn nicht zum Hausputz, Wäschebügeln oder sonst was verdonnerte. So hatten Kirsten, Julia und Johanna die Woche über das Eckhaus ganz für sich allein.
    Davon abgesehen haben Siebzehnjährige andere Interessen,als ihre Eltern zu einem Treffen im Freundeskreis zu begleiten. Das taten nicht einmal mehr Fünfzehnjährige. Leonard war daheim geblieben, um schon mal für die Klassenfahrt zu packen. Aber wahrscheinlich focht er einen Kampf am Computer aus.
    «Blödsinn», sagte Karola noch einmal, aber schon merklich lahmer. «Warum sollte Julia mich belügen? Wir haben immer offen über alles gesprochen.»
    «Auch über all die Untaten ihres Vaters und den grauslichen Mord an Mona?», erkundigte Annette sich in gekonnt schockiertem Ton. «Das arme Kind. Damit hättest du sie nicht belasten dürfen. Kein Wunder, dass sie völlig durcheinander war, nachdem Frau Merz am Mittwochabend Andy, den Jäger, ins Feld geführt hatte.»
    Karola warf ihr nur einen giftigen Blick zu und fragte, woher Andreas hätte wissen sollen, dass Julia alleine zu Hause war. Für Marlene lag die Antwort auf der Hand. Sie vergewisserte sich mit einem raschen Blick, dass Werner nicht daran dachte, es Karola zu erklären.
    Es war anzunehmen, dass Andreas sich bei Ulla erkundigt oder die von sich aus erzählt hatte, wie es Karola und den Mädchen ging, wann und womit Karola die Brötchen verdiente, dass seine älteste Tochter bereits eine eigene Wohnung in Köln hatte und einen indischen

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