Der Frauenjäger
würden händeringend ehrenamtliche Helfer gesucht.
Marlene könnte sich um alleinstehende alte Leute kümmern, Besorgungen für sie machen, mit ihnen spazieren gehen, sie zum Arzt begleiten, ihnen vorlesen und so weiter. Wenn sie lieber etwas mit Kindern machen wollte, da gab es Mittagstische, Hausaufgabenbetreuung und einiges mehr. Werner wusste sogar schon, bei welchen Wohltätigkeitsorganisationen sie sich erkundigen und ihre Dienste anbieten könne.
«Du bist doch nicht darauf angewiesen, Geld zu verdienen», sagte er. «Es sei denn, du spielst mit dem Gedanken, dich von mir zu trennen, und willst finanziell auf eigenen Füßen stehen.»
«Um Gottes willen, nein», versicherte sie.
«Ich wüsste auch nicht, was ich dann täte», sagte er, betrachtete sie nachdenklich und stellte fest: «Aber meine Vorschläge sind nicht nach deinem Geschmack. Du siehst zumindest nicht so aus, als könntest du dich für ein Ehrenamt begeistern.»
Auf Anhieb gelang ihr das wirklich nicht. «Was erwartest du denn?», fragte sie. «Dass ich Hurra schreie, weil du mir freistellst, alten Leuten etwas vorzulesen oder mit fremden Kindern die Hausaufgaben zu machen? Warum bietest du mir nicht einen Job in deiner Firma an? Ich könnte am Telefon die Empfangsdame spielen und unzufriedene Kunden vertrösten.»
Jetzt grinste er – fast so selbstgefällig und überheblich wie Fischer. «Ich habe keine unzufriedenen Kunden.»
«Nein», stimmte sie zu. «Du hast nur eine unzufriedene Frau, die nicht weiß, was sie mit ihrer überflüssigen Zeit anfangensoll. Aber ich werde darüber nachdenken, ob ich mich lieber um alte Leute oder um Kinder kümmern möchte, versprochen.»
Kaum war das gesagt, sah sie eine für ihr Gefühl viel bessere Alternative: «Ich könnte ja auch Annette fragen, ob sie mich als Aushilfe nimmt. Sie braucht dringend eine Aushilfe, will es aber nicht zugeben. Wenn sie zum Zahnarzt, zum Friseur oder sonst wohin muss, spannt sie immer die Mädchen ein. Wenn sie nur mal aufs Klo will, muss sie abschließen und das Schild
Bin gleich wieder da
an die Tür hängen. Wenn ich kein Geld verdienen muss, kann sie sich mich leisten.»
«Das wäre eine Überlegung wert», meinte Werner und schloss das Thema damit ab.
Bis die Kinder nach Hause kamen, machten sie aus dem in seinem Horoskop angekündigten romantischen Wochenende noch einen gemütlichen Nachmittag. Saßen eng beieinander auf der großen Couch wie früher im Kino, schauten sich
Pretty Woman
von einer DVD an, tranken Kaffee und aßen die Kekse, die sie samstags gemeinsam eingekauft hatten.
Leonard kam als Erster heim und musste vor dem Abendessen unbedingt noch einige Sachen packen.
«Hoffentlich ist er morgen früh fertig», scherzte Werner.
Johanna trübte die angenehme Stimmung, als sie nach Hause kam. Sie hatte am vergangenen Abend nicht mehr erfahren, dass Julia bei Kirsten übernachten durfte. Und das nicht bloß einmal! Nun hatte sie bereits geklärt, dass bei Barlows keiner etwas dagegen hatte, wenn sie ebenfalls …
«Nein», sagte Werner.
«Warum nicht?», fragte Johanna in einem Ton, den man getrost als patzig bezeichnen durfte.
«Weil ich morgen früh nach Straßburg fliege und erst am Freitag zurückkomme», sagte Werner. «Dein Bruder fährt nach Tirol und ist auch fünf Tage weg. Dann wäre Mama ganz allein.»
«Ja und?», begehrte Johanna auf. «Sie ist doch kein Baby. Mama, sag ihm, dass du gerne ein paar Tage für dich allein hättest.»
Ehe Marlene dazu kam, irgendetwas zu sagen, erklärte Werner: «Es geht nicht um Tage, sondern hauptsächlich um Nächte.»
«Ja und?», fragte Johanna noch einmal. «Meinst du, Mama kann nicht schlafen, wenn sie alleine ist?»
«Was ich meine, steht hier nicht zur Debatte», sagte Werner. «Ich habe nein gesagt, und nein heißt nein.»
«Ich bin siebzehn», erklärte Johanna nachdrücklich.
«Ich weiß, mein Schatz», sagte Werner. «Und ich bin ein Spießer. Wenn du den Aufstand proben willst, gehen wir das nächstes Wochenende in aller Ruhe an, ja? Heute ist es mir dafür zu spät. Und komm morgen nicht auf die Idee, dein Glück bei Mama zu versuchen.»
Johanna verzog sich schmollend auf ihr Zimmer, kam nicht mal zum Abendessen hinunter. Darauf bestehen, dass sie etwas aß, mochte Werner nicht. Wahrscheinlich hatte es nachmittags bei Barlows reichlich Kuchen für alle gegeben. Da wäre sie wohl noch satt bis zur Halskrause, meinte er. Aber ihm war anzumerken, dass er sich unwohl fühlte wie
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