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Der Frauenjäger

Der Frauenjäger

Titel: Der Frauenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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sagte Marlene. «Washältst du von einer engagierten, leider ungelernten Kraft, die du während der Einarbeitungszeit nicht zu bezahlen brauchst? Über die spätere Bezahlung werden wir uns schon einig.»
    Annette lachte ungläubig. «Soll das ein Angebot sein?»
    «Ja», sagte Marlene.
    «Hast du Zeit zu viel?»
    «Ja», sagte Marlene noch einmal.
    Karola vertrat anschließend die Überzeugung, dass es Annette weniger um den Termin der Beisetzung gegangen sein dürfte als vielmehr um Fischers Behauptungen. Sie blieb beim Thema, bis gegen halb vier wieder das Telefon im Wohnzimmer klingelte.
    Diesmal war es Johanna, die Schulschluss hatte und wissen wollte, um welche Zeit sie zum Schlafen nach Hause kommen sollte. «Ich fahre jetzt mit zu Kirsten. Julia braucht uns beide.»
    «Um halb zehn bist du hier», sagte Marlene.

Nummer neun
    Der Bürostuhl verlockte sie, sich darauf niederzulassen und die malträtierten Beine auszustrecken. Aber zuerst entleerte sie ihre Blase, das musste einfach sein. Sie hockte sich vor die Eisentür, ließ es laufen und schaute mit einer gewissen Genugtuung zu, wie ihr Urin sich in den Fugen zwischen den Steinen verteilte. Wenn der Mistkerl sie umbrachte und zurück in die Höhle schaffte, wovon sie ausging, und irgendwann die Polizei hierherfand, dann gab es in diesem Raum eine Spur von ihr, die er nicht beseitigen konnte, zumindest nicht völlig.
    Dann entledigte sie sich der Knieschützer und der verschmutzten, durchgescheuerten, kalt-klammen Hose, wickelte die warme Vorhangbahn wieder um den Leib und knüpfte ausdem Schlüsselband und dem Schulterriemen der Tasche einen Gürtel, den sie um die Taille band. Anschließend setzte sie sich auf den Stuhl, vor sich vier dunkle Monitore und anderes Zubehör.
    Mit Computern kannte sie sich nicht allzu gut aus, hatte ihrem Sohn nur hin und wieder über die Schulter geschaut. – Und mehr als einmal gesehen, dass der Bildschirm zum Leben erwachte, wenn Leonard seine Hand auf die Maus legte.
    Sie wählte die Maus, die am nächsten war, bewegte das kleine Ding auf seinem Plastikdeckchen leicht hin und her. Und hörte Musik. Marianne Faithfull sang von Lucy Jordan. Daraus schloss sie, das Lied käme von einem Computer. Kein Wunder, dass es stundenlang lief, ohne einmal zu rödeln.
    Sie nahm an, in einem der Computertürme, die unter den Tischplatten standen, sei eine CD von Marianne Faithfull eingelegt. Als sie sich hinunterbeugte, entdeckte sie auf einem der Gehäuse mehrere C D-Hüllen . Die stammten allerdings kaum aus dem Handel, waren nicht beschriftet, sondern nummeriert von fünf bis acht. In jeder Hülle steckte eine silberne Scheibe, ebenfalls nur mit einer Ziffer versehen. Raubkopien aus dem Internet, glaubte sie, legte die vier Hüllen erst mal neben die Tastatur und betrachtete wieder die Monitore.
    Alle vier waren gleichzeitig zum Leben erwacht, als sie die Maus bewegt hatte, auch die beiden, die nicht mit einem Lämpchen ihren Stand-by-Modus angezeigt hatten. Es war kein Vergleich zu der Helligkeit oder Farbenpracht, die Leonards Monitor zeigte, wenn er spielte, chattete oder etwas für die Schule tat. Hier gab es nur Grautöne in allen Schattierungen. Aber die Einzelheiten waren gut zu erkennen.
    All die großen und kleinen Felsbrocken, all die Mulden und Kuhlen mit den spitzen Steinen, Felswände mit Rissen und Vorsprüngen. Und die Wand, die sie gesehen hatte, mit mehreren Löchern und dem breiten Durchbruch, hinter dem das Wasserfloss. Der Graben schlängelte sich wie eine schwarze Schlange mal dünner, mal dicker im Zickzack durch sämtliche Bilder. Wie eine Mondlandschaft sah es aus, fehlten nur die Astronauten.
    Nirgendwo regte sich etwas. Kein Wunder, sie saß ja nun hier: In der Schaltzentrale, im Elektronikraum, auf dem Beobachtungsposten oder wie immer man diesen Teil des Ganges bezeichnen wollte. Durchgefroren und hungrig, übermüdet und entkräftet auf einem Bürostuhl mit geblümtem Sitzbezug.
    Ihre eiskalten Beine tauten unter dem dicken, weichen Vorhangstoff allmählich auf. Auch sonst wurde ihr langsam etwas wärmer. Hinter den Vorhängen war es entschieden angenehmer temperiert als bei den Regalen. Die Computer wirkten wie kleine Heizkörper, und die dicke Schicht aus Velours verhinderte, dass die Wärme in den hinteren Teil entwich.
    Sie hätte stundenlang so sitzen und auf den Mistkerl warten können. Nur die Musik nervte. Nach all der Zeit konnte sie Marianne Faithfull wirklich nicht mehr hören. Sie beugte sich

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