Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Frauenjäger

Der Frauenjäger

Titel: Der Frauenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
Vom Netzwerk:
ich gleich gerne noch einen Abstecher zu meiner Kräuterhexe machen. Meine Tropfen sind alle, ich brauche Nachschub.»
    Nachmittags musste er wegen der Unfallverletzung am Bein zur Nachsorge in die Ambulanz des Marienhospitals. Marlene fuhr ihn nach Euskirchen. Auf der Autobahn drückte er wiederholt eine Hand in die Magengegend. Als sie ihn fragte, ob er Schmerzen habe, erklärte er: «Nicht der Rede wert.»
    «Du solltest trotzdem mal mit einem Arzt über deine Magenprobleme reden», empfahl Marlene.
    «Schaden kann’s ja nicht, wenn einer von denen mal einen Blick drauf wirft», stimmte er zu.
    «Draufblicken nutzt nichts», sagte Marlene. «Ein Blick hinein wäre sinnvoll. Aber für eine Magenspiegelung brauchst du garantiert einen Termin.»
    «Ich kann mir ja einen geben lassen», sagte er. «Und bis dahin nehme ich weiter die Tropfen, die helfen mir. Oder hast du keine Lust, mich auch noch in die Wildnis zu fahren?»
    «Solange ich in der Wildnis fahren kann, macht es mir nichts aus», erklärte sie. «Aber ich habe nur Winterreifen, keine Schneeketten.»
    «Wo ich mit der Maschine raufkomme, schaffst du es mit dem Van allemal», meinte er zuversichtlich.
    Im Wartebereich vor der Ambulanz saßen etliche Patienten. Keiner konnte sagen, wie lange es dauerte. Aber das hatteMarlene einkalkuliert, extra noch ein Shirt unter den Pullover gezogen, um einen Spaziergang zu machen, während Andreas in der Ambulanz saß.
    «Trink lieber irgendwo einen Kaffee, Lenchen», schlug er vor. «Es ist zu kalt, um lange draußen herumzulaufen.»
    Er empfahl ihr ein Café im Stadtzentrum.
    «Und was ist mit dir?», fragte sie. «Soll ich in anderthalb oder zwei Stunden wieder herkommen? Oder rufst du in diesem Café an, wenn ich dich abholen soll?»
    «Ach was», er winkte ab. «Ich komme nach, wenn ich fertig bin.»
    «Zu Fuß?», fragte sie.
    «Das wäre ein bisschen weit.» Er grinste. «Aber es gibt Taxen, Lenchen.»
    Und ihr fiel die Rolle Geld ein, die er laut Ulla bei sich hatte.

Nummer neun
    Am liebsten hätte sie Werner angerufen. Seine Büronummer hätte sie wohl auch aus dem Gedächtnis wählen können. Aber er war vermutlich noch in Straßburg. Seine Handynummer kannte sie ebenso wenig auswendig wie die der Kinder. Die befanden sich daheim im Telefonspeicher wie auch die Nummern von Annette, die in den letzten Jahren zweimal den Telefonanbieter gewechselt hatte, sowohl fürs Handy als auch fürs private Festnetz und die Bücherstube.
    Karola, der sie unten an den Computern noch gerne eine E-Mail geschickt hätte, war vielleicht doch nicht die Richtige, die würde noch eine Sendung daraus machen.
«Hier bei mir im Studio sitzt Marlene Weißkirchen, die von einem perversen
Sadisten verschleppt wurde wie Mona Thalmann und Barbara König   …»
    Der Anschluss von Scheidweber & Co war seit Jahr und Tag gleich, bestand nur aus vier Ziffern. Die letzte entfiel, wenn man Ullas Durchwahl anhängte. Einschließlich der Vorwahl waren es dann genau zehn Zahlen, die hätte sie im Schlaf in ein Telefon tippen können. Und Ulla musste unbedingt Bescheid wissen, damit sie nicht noch einmal auf Andreas hereinfiel, wenn der erneut bei ihr auftauchen sollte.
    All das waren keine rationalen und bewussten Überlegungen. Die Nummer zu wählen war mehr ein Reflex. Zweimal ertönte das Freizeichen, dann klang ihr Ullas routiniert freundliche Geschäftsstimme im Ohr. «Scheidweber und Co, Fertigungsabteilung, Sie sprechen mit   …»
    «Ich bin’s, Marlene», kürzte sie hastig die Vorstellungslitanei ab. «Ich weiß nicht, wo ich bin. Ich werde jetzt losgehen und   …»
    «Moment, Moment», fiel Ulla ihr ins Wort. «Wieso weißt du nicht, wo du bist?»
    «Hier schneit es. Ich kann nur Bäume sehen. Und den Berg neben dem Küchenfenster, aus dem ich abgehauen bin.»
    «Du bist aus einem Küchenfenster abgehauen?», fragte Ulla konsterniert.
    «Nein, aus dem Berg», stellte sie richtig. «Da ist eine Höhle drin mit einem Graben und einem Wasserfall.»
    «Ah ja», sagte Ulla gedehnt und wollte wissen: «Hast du gekifft oder sonst was genommen?»
    «GHB wahrscheinlich», sagte sie. «Das tun die einem ins Glas, wenn man nicht hinschaut. Ich hab es so oft gelesen. Man glaubt nur nicht, dass es einen mal selbst trifft. Andreas hat mich verschleppt. Zu seiner Kräuterhexe, glaube ich.»
    «Glaubst du», wiederholte Ulla in einem Ton, der deutlich machte, dass sie es nicht glaubte.
    «Ich bin sicher», erklärte Marlene. «Er wollte am

Weitere Kostenlose Bücher