Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Frauenjäger

Der Frauenjäger

Titel: Der Frauenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
Vom Netzwerk:
zurückgelassen hatte.
    Die Garderobe im Kleiderschrank des Jugendzimmers gehörte zweifellos einem erwachsenen Mann. Aber wenn ein Fünfunddreißigjähriger meinte, er müsse Bettwäsche mit Rennwagen haben und sich Plastikfiguren in ein Regal stellen   …
    Die getarnte Tür mit dem Knauf hinter steinalten Konservendosen, Gläsern und muffigen Kräuterbündeln entging Lambrecht. Er war kein Einheimischer. Und selbst von denen wussten nur noch wenige, dass es in dem Berg, auf dem das Haus stand, mehrere miteinander verbundene Höhlen und einen Zugang von oben gab.
    Der allseits bekannte Eingang zu einem weiter unten gelegenen Hohlraum befand sich an der Landstraße nahe dem Ortseingang. Eine stets verschlossene und mit den Jahren verwitterte zweiflügelige Eisentür von den Ausmaßen eines Garagentors. Sie unterschied sich farblich kaum noch vom grau-braunen Stein der sie umgebenden, aufragenden Bergflanke. In den letzten Kriegsjahren hatte die Bevölkerung bei Fliegeralarm Zuflucht hinter dieser Tür gesucht. Die Alten im Ort wussten das noch. Die Jüngeren wollten nichts mehr davon wissen, einmal musste es doch gut sein mit den alten Geschichten von Angst und Schrecken, Wahnsinn und Zerstörung.
    Gerd Ammer besaß einen Schlüssel zu der Eisentür. Den Winter über stellte er sein Motorrad im vorderen Bereich des ehemaligen Bunkers ab. Gelegentlich auch unauffällige Kleinwagen, die er preisgünstig mal hier, mal dort mietete. Derzeit stand Marlenes Van hinter der Doppeltür. Ihre Handtasche lag auf dem Beifahrersitz.

23.   Januar 2010 – Samstag
    Ulla hatte auch Werner informiert, als der am Freitagabend nach Hause gekommen war. Da war es glücklicherweise zu spät, um noch nach Euskirchen zu fahren und Marlene in die Mangel zu nehmen.
Wie konnte das passieren? Wo hast du dich herumgetrieben, dass du unbemerkt von Passanten oder sonst wem verschleppt werden konntest? Wen hast du so nahe an dich herangelassen, dass er dir ein Betäubungsmittel verabreichen konnte? Stimmt das überhaupt? Oder bist du wie diese Mona aus freien Stücken mit irgendeinem widerlichen fremden Kerl gegangen und hast Andreas nur vorgeschoben?
    Die erzwungene Wartezeit mit all ihren sich aufdrängenden Schreckensszenarien verhalf Werner zu der Einsicht, dass Marlene jetzt viel eher Ruhe und das Gefühl von Sicherheit brauchte als einen wütenden Ehemann, der sie mit Fragen bombardierte und am liebsten Amok gelaufen wäre, obwohl sich das gar nicht mit seinem Naturell vereinbarte.
    Nach der für ihn weitgehend schlaflosen Nacht war Werner samstags schon kurz nach acht bei ihr. Natürlich erwartete sie, dass er mit Fragen über sie herfiel. Aber er nahm sie stumm in die Arme und drückte sie eine volle Minute lang an sich. Als er sie endlich wieder losließ, erzählte er ihr, dass Andreas dieses Krankenhaus am Donnerstagnachmittag nicht mehr verlassen hatte, weil er im Wartebereich der Ambulanz zusammengebrochen und schnurstracks in einen Operationssaal geschafft worden war.
    Anschließend nervte Werner ersatzweise einen ohnehin überforderten Arzt so lange, bis der ihm zustimmte, Marlene aus dem Krankenhaus zu entlassen. Es gab keinen Grund, sie dazubehalten. Bei ihrer Einlieferung war sie stark unterkühlt und völlig erschöpft gewesen, inzwischen war ihre Körpertemperatur wieder normal und sie – dank einer nicht freiverkäuflichenSchlaftablette – relativ ausgeruht. Ein Drogennachweis war nicht – oder nicht mehr – gelungen. Manche Substanzen wurden binnen weniger Stunden abgebaut. Und keine ihrer Verletzungen war so gravierend, dass die weitere Behandlung nicht auch durch den Hausarzt erfolgen konnte. Also wurde sie auf eigenen Wunsch – vielmehr den ihres Mannes – entlassen.
    Werner hatte ihr frische Kleidung mitgebracht, sogar ihre alte Winterjacke. Er war davon ausgegangen, die Polizei hätte ihre Sachen zwecks Beweissicherung mitgenommen. Dass dies nicht geschehen war und sie ihre Aussage machen sollte, wenn sie sich besser fühlte, bezeichnete er vorerst noch als rücksichtsvoll.
    Nur an Schuhe oder Stiefel hatte er nicht gedacht. Außer ihr wusste noch keiner, was sie mit ihren Stiefeletten gemacht hatte. «Dann musst du eben diese Stiefel nochmal anziehen», meinte er. «Wem gehören die denn?»
    «Gerdamarie Ammer, nehme ich an», sagte Marlene. «Das Telefon gehörte ihr ja auch. Ich habe alles aus dem Schrank im Schlafzimmer genommen.»
    Aber wer war Gerdamarie Ammer, wenn sie nicht die Kräuterhexe sein konnte,

Weitere Kostenlose Bücher