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Der Frauenjäger

Der Frauenjäger

Titel: Der Frauenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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jemand vor der Glaswand stehen und riskierte einen Blick in die Bücherstube. Meist waren es jüngere Frauen mit und ohne Kinder oder ältere Paare. Manche lasen die wenigen Zeilen auf einer der DIN-A 4-Seiten , andere betrachteten neugierig das Geschehen zwischen den Regalen. Herein kam niemand.
    Annette versicherte eilig, sie habe am Vormittag die für den Kreis zuständigen Redaktionen informiert, man habe ihr allerdings keine feste Zusage geben können. Die Zeit sei einfach zu knapp gewesen. Aber eine Dame vom Lokalsender habe ihr Kommen in Aussicht gestellt, da gäbe es morgen auf jeden Fall eine Besprechung im Rundfunk.
    «Gut», sagte Heidrun Merz grimmig. «Dann hoffen wir, dass der Mistkerl zuhört.» Von Marlene nahm sie weiter keine Notiz. Das taten die wenigsten, wenn sie ohne Werner erschien, da mochte sie noch so elegant oder unpassend gekleidet sein.
    Annette warf ihrer Tochter einen beschwörenden Blick zu. Kirsten wandte sich mit einer Frage an Heidrun Merz und verschaffte ihrer Mutter damit die Gelegenheit, sich in gedrängtem Flüsterton bei Marlene zu erkundigen: «Hast du eine Ahnung, wo Karola bleibt? Kannst du rasch mal anrufen und nachfragen?»
    Annette deutete verstohlen hinter sich in den winzigen Raum, den sie mit Spanplatten vom Laden abgeteilt und als Büro eingerichtet hatte. Laut sagte sie: «Natürlich habe ich Mineralwasser, Marlene. Die Gläser stehen an der Seite.»
    Während Annette weitere beschwörende Blicke hinaus auf den Gang warf, um noch ein paar Leute zum Eintreten zu bewegen, ging Marlene in das Kämmerchen und schloss die Ziehharmonikatür hinter sich. Annettes Parka teilte sich den einzigen Garderobenhaken mit einem schicken Kurzmantel aus braunem Wildleder.
    Im Papierkorb darunter steckten zwei mit geschmolzenem Käse verschmierte Pizzakartons. Offenbar hatte Annette den Mädchen eine Mahlzeit spendiert und sich so für die Hilfe bedankt. Seitlich an einer Wand standen die sechs Kartons mit den noch ungespülten neuen Sektgläsern, daneben ein halbes Dutzend Sektflaschen und drei mit Mineralwasser – ungekühlt. Für einen Kühlschrank wäre in dem Kabuff kein Platz gewesen.
    Das schnurlose Telefon stand in der Ladestation zwischen Bücherstapeln auf einem Tisch. Bei Karola war der Anrufbeantworter eingeschaltet, was aber nichts heißen musste. Seit Karola sechsmal die Woche auf Sendung und damit ihrer Meinung nach über die Kreisgrenzen hinaus bekannt war, wollte sie daheim nicht von jedermann belästigt werden.
    Sie hatte den Eintrag im Telefonbuch löschen lassen, ihre Nummer war auch über die Auskunft nicht mehr zu erfahren. Trotzdem hatte sie in der vergangenen Woche angeblich zwei obszöne Anrufe erhalten. Einen hatte sie, den zweiten ihre Jüngste entgegengenommen. Man habe jemanden keuchen und stöhnen hören, gemeldet habe sich aber keiner. Das müsse ein Perverser gewesen sein, der die Nummer noch von früher kannte, hatte Karola letzten Samstag bei Ullas Geburtstagsfeier erzählt und damit zweifellos auf Andreas abgezielt, den jedochkeiner seiner Freunde je als pervers erlebt hatte. Wie auch immer: Nun wurde jeder Anruf über den AB geleitet. Erst wenn Karola hörte, wer dran war, nahm sie eventuell ab.
    «Ich bin’s, Marlene», sagte Marlene nach dem Piepton. «Wenn du noch zu Hause bist, mach dich lieber auf den Weg, ehe Annette durchdreht.»
    Weil die Gefahr bestand, dass Atmajyoti, der auf jeden Fall im Haus hätte sein müssen, abhob, legte sie sofort auf. Stefanies Freund sprach ein hakeliges Deutsch und fließend Englisch. Und er erwartete, dass man sich flüssig mit ihm unterhielt.
    Dann fragte sie sich, womit sie auf die Schnelle einige Gläser auswischen könnte. Einen Wasseranschluss gab es nicht, auch kein sauberes Tuch.
     
    Als sie zurück in den Verkaufsraum trat, näherte Karola sich gerade, flankiert von ihren Töchtern. Stefanie und Julia trugen ihre übliche Alltagskleidung: Jeans und minikleidähnliche Shirts unter dicken Winterjacken. Karola hatte sich wie Marlene feingemacht. Unter dem falschen Ozelot, der ihrer Schwiegermutter gehört hatte, trug sie eine cremefarbene Spitzenbluse und einen kniebedeckenden, weitschwingenden Rock, der die fülligen Hüften kaschieren sollte, was er aber nicht tat. Seit Andreas weg war, hatte Karola fünfzehn Kilo zugenommen und schob das auf ihre sitzende Tätigkeit beim Sender. Braune Stiefel mit halbhohen Absätzen rundeten die Sache ab.
    Karola stoppte bei dem Mann vom Sicherheitsdienst, sprach

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