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Der Fremde ohne Gesicht

Der Fremde ohne Gesicht

Titel: Der Fremde ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel McCrery
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Mücke einen Elefanten. Vielleicht wollte er tatsächlich nur seine Enttäuschung darüber wettmachen, aus dem Clarke-Fall herausgekickt worden zu sein. Es kam nicht alle Tage vor, dass er sein Urteilsvermögen so in Frage stellte. Sicher war nur eines: Er spürte ein Prickeln im Rückgrat, das ihm sagte, dass hinter diesem Fall mehr steckte als nur eine Überdosis. Er hatte es sofort gespürt, als er angekommen war, und das Gefühl hatte nicht nachgelassen.
     
    Der Abend mit Kate war so angenehm, wie Sharman ihn sich erhofft hatte. Ob sie das für all ihre Kunden tat oder ihn als etwas Besonderes betrachtete, wusste er nicht. Er hoffte, das Letztere traf zu. Wann immer sie zu einem gemeinsamen Abend mit ihm erschien, sah sie umwerfend aus, und er war stolz darauf, mit ihr zusammen zu sein. Selbst ihre Redeweise und ihr Benehmen schienen anders zu sein. Sie war höflich, drückte sich anständig aus und zeigte sogar so etwas wie Zuneigung. Sie trafen sich im Garden House Hotel auf einen Drink. Sharman mochte das Garden House wegen seiner Lage am Fluss. Er setzte sich gern hinten in den Biergarten und ließ die Welt an sich vorüberziehen: junge Studenten oder Touristen, die sich in ihren Puntkähnen abmühten oder auch nur zu Fuß oder per Rad auf der Uferpromenade unterwegs waren. Nachdem sie etwas getrunken hatten, schlenderten sie durch die Scharen von Touristen, die sich in den Straßen von Cambridge drängten. Obwohl die meisten Studenten in den Semesterferien weg waren, herrschte immer noch jede Menge Leben in der Stadt. Menschen aus aller Herren Länder wanderten durch die schmalen Gassen und über die majestätischen Plätze.
    Nach etwa zwanzig Minuten erreichten sie Sharmans Lieblingsrestaurant, das Tai-Chewn in der John Street. Er reservierte nie; das brauchte er nicht. Er war Stammgast und immer großzügig mit dem Trinkgeld. Wie üblich bekam er seinen Lieblingstisch am Fenster. Es machte ihm Spaß, Menschen zu beobachten, wenn er auch an diesem Abend nur Augen für Kate hatte. Sie war hinreißend. Er fragte sich, ob sie ihn vielleicht eines Tages heiraten würde. Was wohl die Truppe dazu sagen würde? Es würde hoch hergehen auf der Weihnachtsparty. Doch wenn er die Wahl zwischen Kate und der Truppe hatte, würde er sich jederzeit für Kate entscheiden. Er hatte schon längst alles durchdacht. Er hatte mehr Verletzungen erlitten als die meisten anderen, etliche davon in Ausübung seines Dienstes. Sobald er aufhören wollte, brauchte er nur eine davon vorzuschieben, sich krank zu melden, krank zu bleiben und schließlich bei voller Pension vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Das war das Mindeste, was sie ihm schuldig waren.
    Das Essen war wie immer köstlich und reichlich. Dazu machten sie gemeinsam zwei Flaschen Wein nieder. Sie konnten beide einiges vertragen nach jahrelanger Übung und so waren sie zwar nicht betrunken, als sie gingen, aber durchaus guter Dinge. Zurück in Sharmans Wohnung, ließen sie alle Formalitäten außen vor, und wenig später turnten sie nackt auf seiner King-Size-Matratze herum. Kate gab ihm ein Gefühl der Zufriedenheit mit sich selbst, während der Rest der Welt nur darauf aus zu sein schien, ihn daran zu erinnern, wer er war und woher er kam, vielleicht aus Angst, dass er eines Tages aus seinen Stiefeln herauswachsen könnte.
    Hinterher steckte Sharman zwei Zigaretten an und sie lagen entspannt auf dem Bett und studierten die künstlerischen Feinheiten seiner Zimmerdecke. Nach einer Weile drehte er seinen Kopf zu Kate hin. »Hattest du schon mal mit solchen Fessel-Nummern zu tun?«
    Kate zuckte mit keiner Wimper. »Kostet dich extra. Aber dafür brauchst du ja das Zeug nicht zu kaufen, sondern kannst deine Handschellen nehmen. Ich kenne andere Bullen, die das gerne machen.«
    Sharman traute seinen Ohren nicht. »Du hast dir von Bullen Handschellen anlegen lassen?«
    Kate verdrehte die Augen. »Ach was, ich doch nicht, du Idiot. Glaub mir, ein dämlicher Bulle reicht mir völlig. Aber ein paar von den anderen Mädels haben das gemacht.«
    »Wer sind die Typen?«
    Kate sah ihn an und schüttelte den Kopf. »Keine Chance. Ich kann dir nur sagen, dass einige von ihnen erheblich mehr als nur drei Streifen am Ärmel haben.«
    Er sah wieder zur Decke hinauf. »Wie, wird das nach Rang abgerechnet?«
    Sie lachte. »Deshalb ist es für dich ja so billig.«
    Die Bemerkung verletzte ihn. Er sah sie an. Kate drückte seine Hand, was ihn überraschte. Das tat sie sonst nie. »Aber du

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