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Der fremde Sohn (German Edition)

Der fremde Sohn (German Edition)

Titel: Der fremde Sohn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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eher angewidert?, überlegte Dayna.
    Verschämt zuckte sie mit den Schultern. »War nur geraten.« Sie nahm eine Dose Cola aus der Tasche, riss sie auf, trank einen Schluck und reichte sie dann an Max weiter. »Und weshalb sollte ich nun herkommen?«
    Max starrte sie so lange und eindringlich an, dass ihr unbehaglich wurde. Vielleicht wollte er ihr ja sagen, dass er sie mochte, oder sie fragen, ob sie mit ihm ausgehen wollte, anstatt in der blöden Bude herumzuhocken. Nur zu gern hätte sie ihrem Stiefvater erzählt, dass sie ein richtiges Date hatte. Einen Freund. Das klang doch gut. Ein Freund.
    »Also?« Als er nicht antwortete, nahm Dayna ihm die Cola aus der Hand, stand auf und betrachtete die aufgestapelten Kartons. Es waren Dutzende. »Werden die hier nicht geklaut?« Föhne, Haarglätter, Mixer, Kaffeemaschinen, Heizlüfter, ein Fahrradhelm, der Grill, ein Toaster, ein Schlitten, ein dickes Stofftier, das anscheinend ein Kamel darstellen sollte, ein Malset … Die Verpackungen ganz unten konnte sie nicht richtig sehen, aber es waren ein paar sehr große Kartons dabei.
    »Ja«, sagte Max.
    »Was, ja?« Angesichts der vielen Pakete kam sich Dayna vor wie bei der Bescherung an Weihnachten. Es war fast so gut, wie an einem neuen Buch zu schnuppern.
    »Ja, ich habe geweint.«
    Dayna drehte sich um. »Warum?« Sie stellte die Coladose ab und fasste ihn an den Armen. Sie waren sehr dünn.
    Sein Achselzucken schien auszudrücken, dass Weinen gleichbedeutend mit Versagen war, und Dayna spürte, dass er ungern darüber sprechen wollte. »Willst du vielleicht ins Kino gehen oder so? Wir könnten auch in die … in die Bücherei gehen.«
    Dayna wandte den Blick ab und kratzte sich am Hals. »Du bist vielleicht ein Feigling. Brauchst gar nicht so machomäßig zu tun, nur weil ich gesehen habe, dass du geweint hast.«
    »Tu ich doch gar nicht.«
    Ein Zug unterbrach ihren Wortwechsel, brachte den ganzen Schuppen mitsamt den Kartons zum Beben und erschütterte ihre Körper bis ins Mark. Max verdrehte die Augen.
    »Ich hab keine Lust auf Bücherei. Kino wär gut.« Dayna trank den letzten Schluck Cola.
    Max nickte heftig. »Dayna«, sagte er zögernd, »nicht dass du denkst, ich hätte mich nicht getraut zu fragen, ob du mit mir ausgehen willst. Deshalb habe ich nicht geweint …«
    »Ich weiß«, erwiderte Dayna. Plötzlich fühlte sie sich an ihre kleine Schwester Lorrell erinnert, wenn sie nach einer Tracht Prügel so lange die Tränen zurückhielt, bis sie sich oben auf ihrem Bett ausweinen konnte. »Ich weiß«, sagte sie.

Freitag, 24. April 2009

    M it bloßen Füßen lief Dayna über den abgewetzten Teppich und ließ widerstrebend ihre Hand über das klebrige Treppengeländer gleiten. Dieser Bulle war wieder da. Ihre Mutter war in ihr Zimmer gestürmt, ohne anzuklopfen, und hatte sie am Arm hinaus auf den Treppenabsatz gezerrt. »Was immer du jetzt wieder angestellt hast, geh runter und rede mit ihm!«
    Dayna konnte das Haar ihrer Mutter riechen – ungewaschen und verräuchert. Grau im Ansatz und mit orangebraunen, zotteligen Spitzen hing es ihr in fettigen Strähnen auf die nackten Schultern. Sie trug ein Männerunterhemd – Frauenprügler nannten es die Mädchen in der Schule. Nur dass es hier andersherum war. Dayna fand, dass ihre Mutter darin wie ein dürrer Kerl aussah.
    »Ich hab nichts angestellt.« Daynas Sicht war verschwommen vom vielen Weinen. Niemand verstand sie. Sie fragte sich, ob sein Körper schon kalt war. Begannen sich seine Eingeweide bereits aufzulösen? Beim Blättern im Biologiebuch hatte sie etwas über den Verwesungsprozess gelesen.
    »Na, er scheint da anderer Meinung zu sein. Geh runter und erzähl ihm, was er wissen will.«
    Dayna kam es vor, als sei seit seinem letzten Besuch nicht viel mehr als eine Stunde vergangen – kaum genügend Zeit, um sich die Tränen abzutrocknen. Sie spürte die Hand ihrer Mutter im Kreuz, die sie ins Wohnzimmer schob. Dayna blickte ihre Mutter flehend an und betete im Stillen, sie möge mit hineinkommen, doch das tat sie nicht. War es nicht sogar gesetzlich vorgeschrieben, dass ein Elternteil bei einem Verhör dabei sein musste?
    »Hallo, Dayna. Ich dachte mir, ich komme lieber ein bisschen eher und schaue mal nach, wie es dir geht.«
    Die Stimme des Bullen klang freundlich, aber Dayna war klar, dass er sie nur einwickeln wollte. Warum sollte es ihn interessieren? Diesmal waren sie zu zweit, beide in Zivil. Daynas Blick huschte zwischen den beiden

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