Der fremde Sohn (German Edition)
Sie starrte zu dem Stand hinüber, wo eine Frau das buttrige Zeug in riesige Pappeimer schaufelte.
»Ja, gleich.«
»Was ist denn?«
Max stand mitten im Foyer und blickte zwischen Dayna und einer Frau mit zwei kleinen Kindern am Popcornstand hin und her.
»Eine Sekunde.« Max ging zu dem Popcornstand.
Dayna zuckte mit den Schultern. Es war ihre Idee gewesen, die Süßigkeiten im Sparladen zu kaufen, weil sie sich die Preise im Kino nicht leisten konnte. Aber Max hatte ohnehin bezahlt.
Gleich darauf kam er mit zwei so großen Eimern Popcorn zurück, wie Dayna sie noch nie gesehen hatte.
»Himmel, Max, davon wird uns ja schlecht.«
»Aber wenigstens uns beiden.«
Ungeschickt reichte Max Dayna einen der Pappbehälter. Sie griff ebenso unbeholfen danach, und beinahe hätten beide ihn fallen gelassen. Sie sahen sich erschrocken an, schafften es aber dann doch, ihr Popcorn wohlbehalten in den Kinosaal zu befördern, wo erst vier weitere Zuschauer saßen. Sie setzten sich ganz nach hinten.
»Du hast ja eine Kreditkarte«, flüsterte sie nahezu ehrfürchtig.
Langsam gingen die Lichter aus.
»Hm? Ach so, ja.« Max stopfte sich den Mund mit Popcorn voll und blickte starr geradeaus. Der flackernde Widerschein von der Leinwand beleuchtete sein Gesicht.
»Woher hast du die?«
Max zuckte nur mit den Schultern. Auf der Leinwand wurden die Werbeanzeigen der örtlichen Firmen von einem Handy-aus-Spot abgelöst. Dayna kramte in ihrer Tasche, machte ihr altes Nokia aus und steckte es wieder ein.
»Gewonnen?«, fragte sie, als sie sah, wie Max sein iPhone auf stumm schaltete.
»Ja«, sagte er nach kurzem Zögern, ohne näher darauf einzugehen.
Sie beobachtete ihn, wie er weiter Popcorn in sich hineinschaufelte. Offensichtlich wollte er sich nicht unterhalten. Sie versuchte, sich einzureden, dass er im Kino generell nicht gesprächig war. Seit sie Max kannte, war ihr Leben schöner geworden. Er gab ihr einen Grund, morgens aufzustehen, und machte alles erträglich.
»Als du zu meiner Bude gekommen bist«, flüsterte er plötzlich und wandte sich ihr zu, »wollte ich dir eigentlich was geben. Ein Geschenk.«
Sein Gesicht sah auf einmal traurig aus. »Ach ja?« Sie war neugierig. Max sagte oft komische Sachen. Das gefiel ihr besonders an ihm.
»Aber es wurde mir geklaut. Ich bin überfallen worden.«
»Verdammt. Bist du zur Polizei gegangen?« Sie hätte ihm gern eine Hand auf den Arm gelegt, aus Mitgefühl und um ihm zu zeigen, dass sie seine gute Absicht zu schätzen wusste, aber sie war wie erstarrt.
Max schüttelte den Kopf und blickte reglos auf die Leinwand, wo gerade ein Trailer lief.
»Warum nicht?« Als er nicht antwortete, überwand sie ihre Hemmungen und zupfte ihn kräftig am Ärmel. »Was war es denn für ein Geschenk?«
»Ein Computer«, erwiderte er, ohne den Blick von der Leinwand zu wenden. Dabei mampfte er unablässig Popcorn. Dayna hatte von ihrem erst ein Stückchen gegessen.
»Du wolltest mir einen Computer schenken?«
Max nickte.
»Das ist doch verrückt. Man schenkt doch nicht jemandem, den man kaum kennt, einen Computer.«
»Ich schon«, flüsterte Max achselzuckend und fügte hinzu: »Psst, der Hauptfilm fängt an.«
Dayna nagte an ihrer Unterlippe. Als sie ein kleines Hautfetzchen spürte, riss sie es mit den Zähnen ab und wartete darauf, dass Blut kam. Max würde sie ohnehin nicht küssen.
Der Film begann. Eindringlich betrachtete Dayna das weiß getünchte amerikanische Traumhaus. Ein kleiner Junge und ein Mädchen spielten im Garten. Aus dem Augenwinkel warf sie Max einen Blick zu. Er war ihr ein Rätsel, so ganz anders als die übrigen Jungs. Langsam richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Leinwand und begann, ihr Popcorn zu essen. Die schrille Musik ließ ahnen, dass gleich etwas Schreckliches geschehen würde.
»Der Glatzkopf geht.« Fiona zog sich einen Streifen Fett vom Schinken aus dem Mund. Ihr wurde übel. Sie schob die Reste von Dosentomaten, Eiern und Röstbrot auf ihrem Teller zusammen und legte dann das Besteck ab.
»Bezahl. Sofort«, drängte Brody und stand auf. »Mach schon . «
Als Edie mit einem Stapel schmutziger Teller vorbeikam, steckte Fiona ihr zehn Pfund in die Tasche. »Der Rest ist für Sie«, sagte sie zu der Kellnerin, und an Brody gewandt fuhr sie fort: »Falls es dich interessiert, die beiden anderen Jungs gehen auch.«
»Los, ihnen nach!«
»Was? Das können wir doch nicht machen«, zischte sie ihm ins Ohr.
»Soll ich vielleicht allein
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