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Der fremde Sohn (German Edition)

Der fremde Sohn (German Edition)

Titel: Der fremde Sohn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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gehen?«
    Fiona verdrehte die Augen und nahm Brodys Arm. Seine Muskeln waren ganz hart, und das lag nicht an seinem Gerätetraining. Heute war er einfach angespannt. »Was ist in dich gefahren?« Diese Kids machten ihm irgendwie zu schaffen. Dafür hätte sie den kleinen Rotzbengeln am liebsten die Ohren langgezogen.
    Schweigend ging Brody neben Fiona her. Ihr Gang war so perfekt aufeinander abgestimmt, als wären sie mental miteinander verbunden. Die Vorstellung gefiel Fiona. Nachdem sie so viele Jahre lang eng mit dem Professor zusammengearbeitet hatte, konnte das gar nicht ausbleiben, dachte sie. Dabei wollte sie sich nicht eingestehen, dass trotz aller Gewohnheit und Übereinstimmung der Wunsch nach mehr völlig einseitig war. Brody Quinell war ganz und gar blind für die Tatsache, dass sie in ihn verliebt war.
    »Sind wir nahe dran?«
    »Sie sind ungefähr fünfzehn Meter vor uns. Jetzt sind sie vor einem Geschäft stehen geblieben, um eine zu rauchen. Der Picklige kickt Abfall durch die Gegend.« Behutsam brachte Fiona Brody zum Stehen. »Wir sollten nicht weitergehen. Wahrscheinlich sind sie einfach auf dem Rückweg zur Schule. Was bringt das überhaupt, ein paar Knirpsen nachzulaufen?«
    Jetzt wäre eine gute Gelegenheit, ihn mit einem Kuss abzulenken, dachte Fiona. Sie hatte seit Jahren keinen Mann mehr geküsst. Seit Daniel ihr das Herz gebrochen hatte, indem er sie zwei Wochen vor der Hochzeit sitzen ließ. Sie blickte in Brodys Gesicht, dessen trübe Augen über ihren Kopf hinwegstarrten. Sie bemerkte, dass es Ähnlichkeiten zwischen den beiden Männern gab: das gleiche energische Kinn, breite Schultern, volle Lippen und ein Lächeln, das zwar selten, dafür aber umso herzlicher war. Sie schob die Gedanken an Daniel von sich. Er hatte in ihrem Leben keinen Platz mehr.
    »Es ist was Persönliches.«
    Mehrmals zog Brody die Lippen nach innen, bis sie nicht mehr zu sehen waren, und entspannte sie dann wieder.
    Fiona hatte mit der Zeit erkannt, dass er in einem inneren Kampf mit seinen Gefühlen lag und alles tat, um sie vor anderen zu verbergen. Manchmal kam es ihr vor, als taste sie sich blindlings in sein Leben vor, immer darauf gefasst, auf einen Anflug von Traurigkeit oder Verlangen zu stoßen. Aber normalerweise war alles, was sie fühlen konnte, die raue Oberfläche der Mauer, die er um sich herum errichtet hatte. Heute jedoch konnte sie die Emotionen spüren, die durch die Risse im Mauerwerk sickerten. Es war blanke Wut, so viel stand für sie fest.
    Fiona hakte sich wieder bei ihm ein. Sie wusste nicht recht, was sie sagen sollte. »Jetzt gehen sie weiter. Mit reichlich großspurigem Gehabe.«
    Brody stieß einen Seufzer aus, der klang, als käme er aus den tiefsten Tiefen seiner Lunge.
    »Und was sollte das jetzt?«, fragte sie.
    »Das ist schwierig zu erklären, Fiona. Familienangelegenheiten.«
    Fiona blickte kopfschüttelnd zwischen ihm und den Jugendlichen, die sie verfolgten, hin und her. Familienangelegenheiten – das machte sie eifersüchtig und weckte in ihr zugleich den Wunsch nach einer eigenen Familie. Mit Brody. Aber der hatte ja schon eine. Mit seiner Exfrau hatte sie nie etwas zu tun gehabt, der Sohn war allerdings ein Problem. Sie dirigierte Brody an ein paar Müttern mit Kinderwagen vorbei. »Aber du hast doch gar keine Familie mehr –« Eigentlich wollte sie ihm nur zu verstehen geben, dass sie für ihn da war, doch kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, bereute sie es.
    »Sag das nie wieder.« Brody fuhr herum, packte zielsicher und mit festem Griff ihre Oberarme und brachte sein Gesicht ganz dicht vor ihres. Sein Atem roch nach Bratfett und noch nach etwas anderem – Wut, Hass, Trauer. Da standen sie nun stocksteif mitten auf der mittäglich belebten Straße, und jeder wartete darauf, dass der andere klein beigab.
    »Es tut mir leid«, sagte sie so kläglich, wie ihr zumute war. Doch das machte die Sache nicht besser. »Ich wollte nicht …« Sie stockte, denn Brody ging bereits weiter und war im Begriff, gegen eine Sitzbank zu laufen.
    »Es tut mir wirklich leid.« Sie lief ihm nach, fasste ihn am Arm und führte ihn nach links. »Eine Bank«, erklärte sie.
    »Folge einfach den Jungs.«
    Brody ließ sich von Fiona bis zum Schultor führen. Bisher hatte er nie ein Wort über seine Familie verloren – eine gute Entscheidung, wie er jetzt erkannte –, daher würde sie wohl kaum auf die Idee kommen, dass es sich um die Schule handelte, auf die Max ging, seit er das

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