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Der freundliche Mr Crippen | Roman

Der freundliche Mr Crippen | Roman

Titel: Der freundliche Mr Crippen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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war. Die Ehe mit Cora war zwar von Beginn an ein Fehlschlag gewesen, dennoch konnte er sich kaum erinnern, sich je so elend gefühlt zu haben. Coras Leben schien sich nur mehr um zwei Dinge zu drehen: die Music Hall und die Sorge um Alec Heath. Auf das Majestic war er nicht so eifersüchtig, wusste er doch, dass sie dank dessen immer noch glaubte, eine Zukunft im Showbusiness zu haben, was er schon lange für einen bloßen Wunschtraum hielt. Mit Alec jedoch war es etwas anderes. Der Bursche schien es darauf anzulegen, ihm auf die Nerven zu gehen, und alles darzustellen, was Hawley nicht mehr war. Ständig präsentierte er sich als klarer Gegensatz zum alternden Hawley, was den vor Wut und Eifersucht kochen ließ.
    Morgens war es am schlimmsten. Alec saß rauchend und mit bloßem Oberkörper am Tisch, ohne jeden Anstand oder irgendeine Form von Manieren. Sein muskulöser Körper wirkte wie ein unausgesprochener Tadel auf Hawley, der auf seinem Stuhl kauerte, an seinem Toast knabberte, an seinem Tee nippte und sich wie ein Fremder im eigenen Haus fühlte. Alec schien die Aufmerksamkeit zu genießen, die Cora ihm schenkte. Ihre Koketterie war kaum auszuhalten, wenn sie die Hand auf eine seiner nackten Schultern legte und dabei mit Hawley redete, der dem Kerl gern befohlen hätte, sich etwas anzuziehen oder oben in seinem Zimmer zu bleiben. Aber Hawley hatte Angst, dass sie ihn auslachen würden und er nichts zu seine Verteidigung vorbringen konnte. Also blieb er stumm, kochte vor Wut und wünschte sich nichts sehnlicher, als dass der Junge sie verließ und ein anderes Paar fand, zwischen das er sich drängen konnte.
    Immer noch hinten im Garten, hörte es Hawley vorn an der Tür klopfen und seufzte. Er sah auf die Uhr, es war erst Viertel nach acht. Weder seine Frau noch Alec sollten schon aus dem Majestic zurückkommen, es sei denn, sie wären plötzlich krank geworden und hätten ihren Schlüssel vergessen, was gleich ein doppelter Zufall wäre. Er hoffte, dass es nicht so war. Die Dienstagabende waren alles, was er noch hatte. Das Schicksal würde ihm doch nicht auch noch diesen kleinen Luxus nehmen?
    Zu seiner Überraschung stand die zierliche Ethel LeNeve vor der Tür und sah in ihrem erst gestern gekauften neuen Mantel ordentlich und sittsam aus. »Ethel!«, sagte er und war überrascht, dass er sich so freute, sie zu sehen. »Ich hatte Sie nicht erwartet. Ist etwas passiert?«
    »Nein, nichts, Hawley«, sagte sie. »Es tut mir leid, dass ich störe, aber als ich nach Hause kam, merkte ich, dass ich aus Versehen Ihren Ladenschlüssel eingesteckt hatte, und Sie sind morgens immer als Erster da, also brauchen Sie ihn.«
    Sie fuhr mit ihrer kleinen Hand in die Manteltasche, fischte den Schlüsselbund daraus hervor und gab ihn ihm. »Ich habe ihn noch gar nicht vermisst«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Allmählich werde ich alt und vergesslich. Möchten Sie einen Moment hereinkommen?«
    »Nein, das sollte ich nicht«, sagte sie und schüttelte ihrerseits den Kopf. »Ich will Sie und Mrs Crippen nicht stören. Ich wollte nur den Schlüssel bringen, und jetzt lasse ich Sie wieder in Frieden.«
    »Mrs Crippen ist nicht zu Hause, und mich stören Sie gewiss nicht. Nicht im Geringsten. Bitte kommen Sie herein. Ich koche uns einen Tee.«
    Ethel überlegte und sah nervös die Straße hinauf und hinunter. »Also, wenn Sie meinen«, sagte sie zweifelnd, und Hawley machte einen Schritt zur Seite und ließ sie eintreten.
    »Natürlich, natürlich«, sagte er. »Bitte. Kommen Sie herein.«
    Ethel ging ins Wohnzimmer, zog den Mantel aus und legte ihn über die Lehne des Sessels. »Wie hübsch Sie es hier haben«, sagte sie und sah sich um. Ausnahmsweise einmal war das Haus einigermaßen sauber und aufgeräumt, nachdem ihm Cora am vorangegangenen Abend einen Wischer und einen Eimer in die Hand gedrückt hatte. »Sind Sie sicher, dass ich Sie nicht bei der Arbeit störe?«
    »Ganz und gar nicht. Ich war nur im Garten und habe etwas herumgewerkelt. Cora tritt dienstagabends in der Music Hall auf, und da bin ich allein.«
    »Sicher«, sagte Ethel, die sich erinnerte, dass er ihr das schon einmal erzählt hatte. »Wie glamourös. Es überrascht mich, dass Sie nicht dort sind und ihr aus dem Publikum zujubeln.«
    Hawley lächelte bedauernd. »Ich passe nicht in Music Halls«, gab er zu, »und um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass mir Cora für mein Kommen dankbar sein würde. Sie hat ihre eigenen Freundinnen dort, und ihr

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