Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)
neunundfünfzig Prozent aus Stickstoff, zu einundzwanzig Prozent aus Wasserstoff …«
Haeng stieß seinen Stuhl nach hinten, klaubte seine Papiere zusammen und stakste zur Tür.
»… und zu neunzehn Prozent aus Kohlen…«
Die Tür krachte ins Schloss.
»…dioxid.«
Siri schürzte die Lippen und betrachtete die braunen Flecke auf seinen Handrücken. Sie erinnerten ihn stark an die Umrisse irgendeines Landes, das er aus dem Atlas kannte.
»Und woraus besteht das restliche eine Prozent?«, fragte Phat.
»Kommt ganz darauf an, was Sie zu Abend gegessen haben«, antwortete Siri.
Nach einer kleinen Schrecksekunde brachen die Männer in brüllendes Gelächter aus.
»Dr. Siri«, sagte Phat und trocknete sich die Augen mit einem Papiertaschentuch. »Wie haben Sie in diesem System nur so lange überlebt?«
»Ehrlich gesagt, Genosse, haben sie mich schon vor ein paar Jahren ins Jenseits befördert. Und jetzt suche ich sie regelmäßig heim.«
»Den Eindruck habe ich auch, Siri. Den Eindruck habe ich auch. Ärger mit dem Wohnungsamt?«
»Die Herrschaften haben etwas gegen die Leute, die ich unter meinem Dach beherberge.«
»Zahlen sie denn Miete?«
»Keinen blanken Kip . «
»Ich will sehen, was sich machen lässt.«
»Besten Dank.«
Die Tür ging auf. Richter Haeng humpelte demonstrativ zu seinem Schreibtisch, schnappte sich seinen vergessenen Gehstock und schlurfte wieder hinaus, ohne die beiden respektlosen alten Männer eines Blickes zu würdigen. Ihr Gelächter war bis auf den Flur zu hören.
Seit Siri zum Justizministerium aufgebrochen war, schien in der Pathologie die Zeit stillzustehen. Nichts hatte sich bewegt, nicht einmal Geung, der noch immer einen Pömpel in die Höhe hielt und die Eidechse an der Decke dazu zu überreden versuchte, sich hineinplumpsen zu lassen.
»Wollen Sie das Vieh dressieren?«, fragte Siri.
»I… ich will es nach draußen b… b… bringen. Es kackt den g… g… ganzen Sektionstisch voll. Ich will es nicht töten. Es ist sch… sch… schließlich auch ein Geschöpf Buddhas.«
»Nicht so laut, Geung. Das Anti-Religionsministerium hat seine Ohren überall.« Geung war verwirrt. »Passen Sie auf, ich gebe Ihnen einen kleinen Tipp. Besprühen Sie die Eidechse mit Wasser. Ich weiß nicht, woher ich das weiß, aber dann können die Viecher sich aus irgendeinem Grunde nicht mehr halten. Versuchen Sie’s. Aber wenn Sie sie nach draußen geschafft haben, reden Sie ihr eindringlich ins Gewissen, damit sie nicht wieder hereinkommt. In Ordnung?«
Geungs Hohngelächter hallte durch den Raum. »Ha, wel… welcher Irre spricht denn mit einer … einer Eidechse?«
Siri klopfte seinem Freund lachend auf den Rücken. »Tut mir leid, mein kleiner Genosse. Manchmal vergesse ich, mit wem ich es zu tun habe.«
»Ah … ah!« Geung hüpfte auf einem Bein. »Jetzt weiß ich’s wieder.«
»Was?«
»Die letzte Nachricht. Lehrerin Ou… Lehrerin Ou… Oum.«
»Soll ich mich bei ihr melden?«
»Irgendwelche … Dr… Dr… Drogen.«
»Prima. Danke. Gut gemacht. Wenn ich bis sechs nicht zurück bin, können Sie abschließen.«
Geung salutierte und widmete sich wieder seiner Arbeit.
»Eindeutig Meprobamat«, sagte Oum, und ihre Stimme klang kalt und klirrend, wie Eiswürfel in einem leeren Glas. »Es hat mit Furfural reagiert.«
»So etwas hatte ich mir fast gedacht«, erwiderte Siri. »Wie stark war die Dosis?«
»Die Reaktion war recht heftig. Ziemlich konzentriert, würde ich sagen.«
»Genug, um das Opfer zu narkotisieren?«
»Möglich wär’s.«
»Wollen wir’s hoffen. Bei dem bloßen Gedanken, dass sie die Qualen womöglich bewusst miterlebt hat, wird mir angst und bange. Eigentlich bin ich ganz froh, dass es Meprobamat war. Die Symptome einer Überdosis ähneln denen eines Komas – Benommenheit, Verlust der Muskelbeherrschung, Reaktionsschwäche. Es gibt noch andere Stoffe, die das Nervensystem lähmen. Das Opfer erlebt alles mit, kann aber keinen Finger rühren, um etwas dagegen zu unternehmen. Ich würde es vorziehen, wenn sie bewusstlos gewesen wäre, oder doch wenigstens betäubt.«
»Ach, und was den Mageninhalt angeht«, sagte Oum. »Haben Sie ihn untersucht, bevor Sie damit zu mir gekommen sind?«
»Ich habe einen Blick darauf geworfen. Aber mir ist nichts Besonderes aufgefallen.«
»Die kleinen grünen Dinger?«
»Irgendwelche Beeren? Oder Samenkörner?«
»Ich würde nicht unbedingt mein Leben darauf verwetten, aber für mich sahen sie schwer nach Kapern
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