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Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)

Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)

Titel: Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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Zungenspitze. Obwohl Haeng stramm auf die Vierzig zuging, war er in Siris Augen ein kleiner Junge. Er hatte keinerlei Respekt vor dem pickeligen Bürschchen.
    »Siri?«, sagte Haeng, als hätte er ihn gerade erst bemerkt. »Was gibt’s?« Der Richter hatte offensichtlich schlechte Laune. Siri würde sich die eine oder andere raffinierte Taktik einfallen lassen müssen, um ihn für sich einzunehmen. Er versuchte es erst einmal mit der nächstliegenden.
    »Ich bin nur vorbeigekommen, um meinem Erstaunen Ausdruck zu verleihen. Nach allem, was Sie für das Justizministerium getan haben, Ihren tadellosen Ruf nicht zu vergessen. Wie konnte man Sie da nur übergehen?«
    Siri hatte Manivone belogen. Bartpflege war mitnichten unter seiner Würde. Aber Daeng hatte recht. Er konnte sich das Wohnungsamt nur vom Hals schaffen, wenn es ihm gelang, Haeng auf seine Seite zu ziehen. Jeder andere hätte Siris Schmeicheleien auf Anhieb durchschaut, doch Haeng konnte anscheinend gar nicht genug davon bekommen.
    »Vielen Dank, Siri«, sagte er. »Es ist doch immer wieder ermutigend, ein begeistertes Hurra aus den Reihen der Fußsoldaten zu vernehmen.«
    »Und Sie sind den Männern Vorbild und Inspiration zugleich, Herr Richter.« Siris Eloge wurde vom Räuspern einer vietnamesischen Kehle unterbrochen. »Ich ertappe mich nicht selten dabei, dass ich Ihre Parteilosungen zitiere«, fuhr er fort, freilich ohne hinzuzusetzen: »Wenn ich bei einem ausschweifenden Trinkgelage einen Lacher ernten möchte.«
    »Ich bin gerührt, Doktor.«
    »Nein, im Ernst. Und eine meiner liebsten, und ich gebe den Wortlaut hoffentlich richtig wieder, ist folgende: ›Vergießt in Pakxe eine Mutter bittere Tränen, leiden wir in Xam Neua mit ihr. Wird in Bokeo eine Tochter geboren, geben wir ihr in Khammouan die Brust. Es ist die Pflicht eines anstän digen Sozialisten, jeden Laoten als Familienmitglied zu betrachten.‹ Das treibt mir noch jedes Mal die Tränen in die Augen.«
    »Sie haben es im Wesentlichen erfasst. Sehr gut, Siri.«
    »Diese Losung hat mein Denken verändert, Herr Richter.«
    »Ach ja?«
    »Nachdem Sie diese weisen Worte ausgesprochen hatten, habe ich meine neue Familie in mein bescheidenes Domizil geladen: Arme und Blinde, Geschlagene und Gestrauchelte, Witwen und Waisen, Lügner und Betrüger.«
    »Siri, Sie sprechen nicht zufällig von Ihrem derzeitigen Haus?«
    »Doch, durchaus.«
    »Wie Sie sich vielleicht entsinnen, habe ich Sie schon einmal dort besucht.«
    »Und war es nicht wunderbar, Ihren Traum mit eigenen Augen verwirklicht zu sehen? Ich habe allen – selbst dem Wohnungsamt – verkündet, dass ich die Anregung dazu einzig und allein Richter Haeng verdanke.«
    »Wirklich?«
    »Aber gewiss doch.«
    »Dann möchte ich Ihnen dringend raten, diese Aussage schnellstmöglich zurückzuziehen.«
    »Was?«
    »Sie sind nicht nur der amtliche Leichenbeschauer, sondern auch ein altgedientes Mitglied der Partei. Mit anderen Worten, Sie sind eine Respektsperson. Trotzdem geht es bei Ihnen zu wie in einem Taubenschlag, Siri. Ich dachte, Ihre Ehefrau belehrt Sie eines Besseren, und Sie setzen dieses Lumpengesindel endlich vor die Tür und führen fortan das geruhsame Leben eines angesehenen älteren Mitbürgers, äh, Genossen. Schließlich handelt es sich um staatlich finanzierten Wohnraum und nicht um ein Gästehaus.«
    »Ah, verstehe. Eine Parteilosung ist nur so lange ein kluger Rat, wie man sie nicht in die Tat umsetzt. Nachplappern ja, nachmachen nein. Wir wollen doch nicht im Ernst, dass ganz Khammouan der kleinen Rotznase aus Bokeo den Arsch abwischt.«
    »Immer wenn Ihnen die Argumente ausgehen, werden Sie vulgär.«
    »Woher wollen Sie das wissen? Sie waren doch noch nie dabei, wenn mir die Argumente ausgehen.«
    Richter Haeng stand auf und wühlte in seinen Papieren. Er war beleidigt.
    »Dr. Siri, ich bin im Dienst. Und habe weder Zeit noch Lust, mich mit Ihnen über Ihr Privatleben zu unterhalten. Wenn Sie mich über technische oder medizinische Angelegenheiten informieren möchten, leihe ich Ihnen gern mein Ohr. Davon abgesehen möchte ich bitte nicht gestört werden. Und jetzt muss ich zu einer dringenden Besprechung.«
    Siri brodelte innerlich vor Wut, was seinem Lächeln eine säuerliche Note gab.
    »Ach, fast hätte ich’s vergessen«, sagte er mit ruhiger Stimme. »Ich habe eine medizinische und wissenschaftliche Information für Sie.«
    »Dann raus damit. Ich bin in Eile.«
    Hüstelnd deklamierte Siri: »Ein Furz besteht zu

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