Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)
um sie zu sprechen, und ihr damit drohte, ihre kleine Schwester zu verhaften, kehrte ihr Gedächtnis allmählich zurück. Wie sich herausstellte, hatte ihr Freund ihr die Geschichte erzählt. Der wiederum hatte sie von einem ehemaligen Armeesoldaten. Er war die Quelle.«
»Er hatte die Leiche selbst gesehen?«
»Und versucht seither, den Anblick zu vergessen. Es war Anfang ’69. Chaos überall. Die Kampfhandlungen konzentrierten sich zwar hauptsächlich auf Houaphan und den Osten, griffen aber von Zeit zu Zeit auch auf die nördlichen Provinzen über. Zur Verteidigung der wichtigsten Einrichtungen rekrutierten die Königstreuen immer mehr Zivilisten. Zwar war niemand besonders scharf darauf, gegen das eigene Volk in den Krieg zu ziehen, aber die KLA war einer der wenigen Arbeitgeber, der Löhne zahlte, mit denen man seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte. Der junge Mann, von dem die Geschichte stammt, hieß Sida. Er war erst seit zwei Monaten in Luang Nam Tha stationiert. Die örtliche Polizei hatte längst das Weite gesucht, aus Angst, von Sympathisanten der PL im Schlaf exekutiert zu werden. Der zuständige Truppenkommandeur musste den Einheimischen irgendwie das Gefühl geben, dass jemand den Frieden sicherte. Er wollte unter allen Umständen verhindern, dass die Region in Anarchie versank. Also besetzte er den Polizeiposten in der Stadt, als symbolische Geste, mit einem halben Dutzend seiner Jungs. Sie waren kaum in der Lage, auch nur durch die Straßen zu marschieren und wie Polizisten auszusehen, geschweige denn ein Verbrechen aufzuklären.
Eines schönen Nachmittags tut Sida Dienst, als ein Jäger aus den Hügeln herunterkommt und den Fund einer Leiche meldet. Es ist der erste Fall des Jungen, der es bis dahin noch nicht einmal mit einem krakeelenden Säufer oder Ruhestörung zu tun hatte. Also folgen Sida und sein Kamerad dem Mann den Hügel hinauf. Sie rechnen mit nichts allzu Bösem. Schließlich ist ein Bürgerkrieg im Gange. Da ist ein Toter nichts Besonderes. Sie brauchen lediglich die Uniform des Opfers zu identifizieren und einen Bericht zu schreiben. Aber dann, zwanzig Meter abseits der Hauptstraße, sehen sie das Mädchen.«
»An einen Baum gefesselt.«
»Genau wie die Kleine in Vang Vieng. Nur dass sie schon etwas länger dort gelegen hatte. Die Leiche wies erhebliche Tierfraßspuren auf, Sie können sich also vorstellen, wie sie aussah. Zwei junge Rekruten ohne jede Fronterfahrung …«
»Wohl nicht einmal der Krieg hätte sie auf einen solchen Anblick vorbereiten können.«
»Nachdem sie ihr Mittagessen erbrochen haben, beschließen sie, Hilfe zu holen. Sida bleibt bei der Leiche, während sein Kumpel den Truppenkommandeur verständigt. Nach einer Weile packt unseren jungen Freund der Übermut. Er löst die Handfesseln des Mädchens, sie fällt nach hinten, und da sieht er den Stößel. Hätte er sein Mittagessen nicht schon ausgekotzt …«
»Hat die Sache jemand gemeldet?«
»Sie wurde offenbar unter den Teppich gekehrt. Der Kommandeur versprach ihnen, sich darum zu kümmern und nahm ihnen das Versprechen ab, kein Wort darüber zu verlieren. Er wollte vermutlich eine Panik vermeiden. Solange Sida in der Stadt Dienst tat, wurde dort kein Mädchen als vermisst gemeldet. Und damit war der Fall erledigt.«
»Haben Sie das alles aus erster Hand?«
»Nein. Als die PL an die Macht kam, hat Sida sich aus verständlichen Gründen aus dem Staub gemacht. Obwohl er und der Freund der Krankenschwester anscheinend ziemlich dicke waren. Aber Sie haben natürlich recht, das ist alles nur Hörensagen. Nichts, was sich vor Gericht verwerten ließe. Es gibt allerdings ein oder zwei kleine Details, die dafür sprechen, dass es sich um denselben Täter handelt.«
»Wie das Band?«
»Und die Kerzen … kleine Tempelkerzen. Und der Stößel war aus schwarzem Stein.«
»Das ist unser Mann. Konnte Sida sich an irgendwelche auffälligen Hautmale erinnern? Zum Beispiel Strangmarken oder dergleichen?«
Phosy blätterte in seinen Notizen. »Nein. Ich habe den Eindruck, dass die Tiere bereits ganze Arbeit geleistet hatten, als sie gefunden wurde. Ich war erstaunt, wie detailliert Sida die Leiche seinem Freund beschrieben hatte. Er hat vermutlich heute noch Albträume deswegen. Er hat ihm in allen Einzelheiten geschildert, dass ihr Gesicht völlig zerfressen war und einer ihrer Finger schlaff herunterhing. Alles war voller Bl…«
»Wusste er noch, welcher?«
»Welcher was?«
»Welcher Finger schlaff
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