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Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)

Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)

Titel: Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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stapelten.
    »Dr. Pornsawan?«
    »O Gott. Was sehen meine müden Augen? Dr. Siri!«
    Obwohl er sich nur ungern der Gefahr aussetzte, für einen Chauvinisten gehalten zu werden, erleichterte er Dr. Pornsawan um den größten Teil ihrer Papiere und überließ ihr den Projektor. Er ging neben ihr her. Sie war eine adrette, kompakt gebaute und nicht zuletzt angenehm kleinwüchsige Frau von unscheinbarem Äußeren. Ihr einziges auffälliges Merkmal waren ihre fehlenden Augenbrauen.
    »Noch immer keine Gesichtsbehaarung, wie ich sehe«, sagte Siri lachend.
    »Aufgemalte Brauen finde ich irgendwie albern, Sie nicht? Nachdem die Nonnen sie mir abrasiert hatten und die verfluchten Dinger nicht wieder nachwachsen wollten, habe ich beschlossen, ihnen ihren Willen zu lassen. Männer finden das angeblich attraktiv.«
    »Und ich bin das beste Beispiel.«
    »Wie reizend von Ihnen. Sind Sie meinetwegen hier?«
    »Wenn Sie ein paar Minuten Zeit haben.«
    »Für Sie immer, Genosse. Gehen wir doch in mein Büro.«
    Von den zwanzig Minuten, die Siri brauchte, um seine Geschichte loszuwerden, verbrachte Dr. Pornsawan neunzehn damit, bittere Tränen zu vergießen.
    »Ich schwöre Ihnen«, sagte sie, als er fertig war, »ich kümmere mich ja nun schon seit vielen Jahren um Frauen, die zum Teil in den erbärmlichsten Verhältnissen dahinvegetieren, aber etwas so Abscheuliches ist mir noch nie zu Ohren gekommen. Was ist bloß aus unserer Gesellschaft geworden, dass sie solche Gräueltaten zulässt, Siri? Insgeheim bete ich, dass nicht noch mehr solcher Dämonen zum Vorschein kommen. Aber der Krieg hat uns gegen Grausamkeit immun gemacht und die Dämonen in uns genährt. Und ich fürchte, jetzt zeigen sie sich.«
    »Das wollen wir doch nicht hoffen, Genossin. Wenn Sie mich fragen, handelt es sich um einen abtrünnigen Teufel.«
    »Und bei Gott, wir müssen ihm das Handwerk legen.« Sie schlug mit der flachen Hand so fest auf ihren Schreibtisch, dass sämtliche Stifte in Bewegung gerieten.
    »Genau darum bin ich hier.«
    »Wie können wir Ihnen helfen?«
    Siri beschrieb ihr den Typ Mann, nach dem sie suchten. Er wolle wissen, ob es Familien gebe, deren Töchter entführt worden und auf Nimmerwiedersehen verschwunden waren. Er wolle Klatsch- und Tratschgeschichten hören, von glattzüngigen Verehrern, von Lastwagenfahrern, von den Verfüh rern ganzer Dörfer. Sagen und Legenden, Anekdoten und Gerüchte. Er wolle, dass die Händlerinnen auf dem Morgenmarkt ihren Kundinnen davon erzählten und Soldatenfrauen bei Dorfseminaren darüber sprachen. In sämtlichen Frauennetzwerken dürfe es kein wichtigeres Thema mehr geben als die vermissten Töchter.
    »Wann können Sie anfangen?«, fragte Siri.
    »Gestern!«
    »Umso besser.«

10

    TANZ MIT DEM TOD
    Als Genosse Civilai an diesem Mittag in die Pathologie kam, stellte er mit Erstaunen fest, dass sich die komplette Beleg schaft im Schneideraum zu schaffen machte. Dabei war heute Samstag – ein halber Arbeitstag. Sie hätten eigentlich längst zu Hause sein müssen. Doch er wollte sie nicht stören. Als frischgebackener Pensionär wurde man von vielen Leuten als Belästigung empfunden. Wenn er in seinem alten Büro vorbeischaute, um Hallo zu sagen, freuten sich zwar alle, waren aber stets beschäftigt. Gern hätte er ihnen den einen oder anderen guten Rat gegeben – immerhin verfügte er über dreiundsiebzig Jahre Erfahrung –, doch er schien immer nur im Weg zu stehen. Also buk er.
    Er setzte sich mit einem Backblech, auf dem sich ein Dutzend Zitronenbaisertörtchen drängten, an Siris Schreibtisch. Er kam sich ein wenig albern vor. Eigentlich hatte er die anderen zum wohlverdienten Feierabend mit seinen Zitronenbaisers überraschen wollen und sich vorgestellt, wie sie bei ihrem Anblick Freudensprünge vollführen würden, während Dtui Kaffee aus der Kantine holte. Danach würden sie die Törtchen gemeinsam vertilgen und Eierwitze reißen.
    Aber sie waren beschäftigt.
    Er beschloss, ihnen fünf, nein, zehn Minuten Zeit zu geben. Dann würde er eine Nachricht an die Törtchen heften und wieder gehen. Vielleicht würde er die Törtchen aber auch wieder mitnehmen. Irgendwohin, wo man seine Gegenwart zu schätzen wusste. Es gab schließlich genügend Leute, die für ihr Leben gern Zitronenbaisers aßen. Als er seine langen Beine ausstreckte, trat er mit einem Fuß versehentlich gegen einen großen Pappkarton.
    Siri zog seine Gummihandschuhe aus, trat ans Waschbecken und seifte sich die Hände

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