Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)
lang eine relativ gute Buddhistin gewesen. Aber wenn Sie auch nur einen Schritt näher kommen, sehe ich mich gezwungen, von dieser Waffe Gebrauch zu machen.«
Sie sah zu Siri hoch, dessen Kräfte allmählich erlahmten. Sein Keuchen bildete den Kontrapunkt zu den Hammerschlägen, mit denen er das Mauerwerk traktierte. Lächelnd wandte sie sich wieder den verblüfften Mönchen zu.
»Darf ich fragen«, fuhr Daeng fort, »wann diese Renovierungsarbeiten fertiggestellt wurden?«
»Wenn er mit der Renovierung nicht zufrieden ist, können wir uns doch wie vernünftige Menschen darüber unterhalten«, sagte der Abt. »Es ist wirklich nicht nötig …«
»Beantworten Sie einfach meine Frage«, fiel Daeng ihm ins Wort.
»Vor etwa drei Wochen«, sagte der Fußballmönch.
Daeng seufzte erleichtert. »Na, Gott sei Dank. Dann sind wir vermutlich auf der richtigen Spur. Wenn es drei Monate gewesen wären, hätten wir ziemlich dumm aus der Wäsche geguckt.«
Sie lachte, doch niemand lachte mit.
»Hat irgendjemand auch nur den Hauch einer Ahnung, wovon sie redet?«, fragte der Abt.
Als die beiden Pfleger aus der Klinik angeradelt kamen, bot sich ihnen eine Szene, die sich jeglichem Menschenverstand widersetzte. Dr. Siri stand auf einer Leiter und schlug mittels eines Vorschlaghammers ein Loch in eine der ältesten Stupas der Stadt. Unterdessen hielt seine Frau mit einem Tranchiermesser fünf Mönche in Schach. Sie schauten sich an, wie um einander zu versichern, dass sie dasselbe sahen.
Dr. Siri holte zu seinem letzten Schlag aus. Er trotzte der Schwerkraft, umfasste den Hammer mit beiden Händen, schwang ihn hoch über seinen Kopf und ließ ihn auf die stark ramponierten Ziegel niedersausen. Der Vorschlaghammer flog Siri aus der Hand und verfehlte den Kopf seiner Frau um maximal vier Zentimeter. Siri klammerte sich gerade noch rechtzeitig an die Leiter, um zu verhindern, dass er hintenüberkippte. Von unten betrachtet, schien seine Mission gescheitert zu sein. Der Doktor lehnte sich gegen die Stupa und rang verzweifelt nach Atem.
»Heute ist kein guter Tag zum Sterben, Siri«, rief Daeng zu ihm hoch.
Als Siri endlich wieder Luft bekam, stemmte er sich mit den Händen gegen die Ziegel und drückte mit aller Kraft. Der letzte Rest des renovierten Mauerwerkes stürzte ein und hinterließ ein etwa sechzig mal dreißig Zentimeter großes dreieckiges Fenster.
»Mein Thor«, jubelte Daeng.
»Gütiger Himmel!«, stieß der Abt hervor.
Siri zog die Taschenlampe aus dem Hosenbund, schaltete sie ein und stellte sich auf die höchste Leitersprosse, um einen Blick ins Innere der Stupa zu werfen. Die ursprünglichen Wände waren achtzig Zentimeter dick; das erklärte, weshalb die neuen Ziegel sich so schwer hatten herausbrechen lassen. Er hatte seine ganze Kraft darauf verwandt, das alte Mauerwerk rings um den frischen Zement zu lockern. Ganz wie erhofft waren die Maurer zu faul gewesen, mehr als das Nötigste zu tun. Mit dem Kopf voran zwängte er sich durch die schmale Öffnung. Im Herzen der Stupa befand sich ein schmaler Schacht, und er beugte sich über die Kante, um in die Eingeweide des Grabmals hinabsehen zu können. Die uralten Ziegel bröckelten unter seinem Gewicht. Der erdige, wurmige Geruch, der ihm entgegenschlug, kam ihm bekannt vor.
»Rajid?«, rief er. »Rajid?« Siris Lunge schmerzte, und die dünne, abgestandene Luft machte ihm das Atmen schwer. Seine Stimme war nur mehr ein heiseres Flüstern. Von unten drang ein kaum hörbares Rascheln herauf, vermutlich Insekten. Siri robbte vorwärts, bis er senkrecht nach unten sehen konnte. Er leuchtete mit seiner Taschenlampe, und unter ihm, auf dem nackten Lehmboden lag Rajids zusammengekauerte Gestalt, auf einer Fläche kaum größer als ein Briefkasten.
»Sind Sie tot, Rajid?«
Siri sah verkrustetes Blut am Kopf des Inders, konnte aus dieser Entfernung jedoch nicht ausmachen, ob er noch atmete. Stumm und reglos lag er da. Siri ergriff ein Stück Ziegel und warf es in den Schacht hinunter. Es traf Rajid an der Schulter. Noch immer keine Reaktion.
»Verdammt noch mal, wach endlich auf«, schrie Siri. Am liebsten wäre er in das Loch hinabgestiegen, doch dazu fehlte ihm die Kraft. Ihm wurde langsam schwummerig. Er schnappte sich einen zweiten Ziegel und warf ihn in die Grube. Diesmal traf er Rajid an der Schläfe. Eine Wolke aus Ziegelstaub regnete auf den Inder herab. Ein oder zwei Sekunden lang war Rajids Gestalt nicht mehr zu sehen, dann, als sich der Staub gelegt
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