Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)
wissen, dass er unter der Erde herumgeschnüffelt hat.«
»Aber ganz bestimmt nicht hier«, befand Civilai.
»Es können nur die Rohre sein«, sagte Siri. »Sie sind wahrscheinlich größer, als der Mönch sie in Erinnerung hat.«
»Ich bitte dich« – Civilai legte Siri die Hand auf die Schulter –, »wir können ja wohl schlecht mit Hacke und Spaten anrücken und das gesamte Tempelgelände umgraben, oder? Warum gehen wir am Montagmorgen nicht einfach zum Bauamt und schauen nach, ob es in dieser Gegend irgendwo Tunnels oder unterirdische Kammern gibt?«
»Weil es dann mit Sicherheit zu spät ist.«
»Nun ja, was den Si-Muang-Tempel angeht, hast du falschgelegen. Vielleicht gilt das ja auch für Rajids Ableben.«
Siri biss sich auf die Lippen.
»Ich finde, wir sollten nach Hause gehen und uns ein wenig ausruhen«, sagte Dtui. »Nach ein paar Stunden Schlaf kommen wir bestimmt in null Komma nichts auf die Lösung.« Sie legte sich die Hand auf den Bauch. »Ich habe das Gefühl, ich schleppe das komplette Politbüro mit mir herum, und das schlägt mir auf die Verdauung.«
»Ihr habt recht.« Siri nickte. »Ich bitte um Entschuldigung für meinen Übereifer. Fahren wir nach Hause …«
»Sehr gut.«
»Nach einer letzten Runde um den Tempel.« Siri stand auf. »Schwester, Sie dürfen auf diesem schattigen Bänkchen sitzen bleiben und auf uns warten. Wenn die Wehen losgehen, schreien Sie einfach, wir eilen dann sogleich herbei.«
Nach einer flüchtigen Inspektion der Gärten und des Mönchsquartiers und einer umso gründlicheren Durchsuchung der alten Khmer-Ruinen standen Siri und Civilai auf der Schattenseite der Stupa. Abgesehen von einer notdürftig ausgebesserten Stelle auf halber Höhe, bot der chedi einen jämmerlichen Anblick. Die Thais hätten ihn längst neu verputzt und golden angemalt, aber hier stand er wie ein Stapel verkohlter Zwieback. Rechts von ihnen saß ein Löwe artig auf einem Sockel, und in seinem Schatten schlief Saloop.
»Hier sind wir richtig. Er muss ganz in der Nähe sein«, sagte Siri. »Wir können nicht …«
Der Schrei einer Frau unterbrach ihn in seinen Ausführungen.
»Das klingt, als wäre jemand in Not«, meinte Civilai.
Ein weiterer Schrei.
»Wenn ich es nicht besser wüsste«, sagte Siri lächelnd, »würde ich sagen, unsere liebe Schwester Dtui möchte uns auf den Arm nehmen.«
Der dritte Schrei klang wie aus Frankensteins Braut und nahm kein Ende mehr.
Phosy, Siri und Civilai liefen vor dem Kreißsaal der Mahosot-Klinik hektisch auf und ab wie drei werdende Väter. »Vor« bedeutete in diesem Fall: unter dem gestirnten Firmament und im trüben Schein der Glühbirne über der Tür. Eine Wolke von Flugameisen machte ihnen das Revier streitig und zwang die Männer immer wieder zum Rückzug, wenn sie sich erdreisteten, an der Tür lauschen zu wollen. Die kurzlebigen und äußerst lästigen Tierchen tauchten normalerweise nur nach heftigen Wolkenbrüchen auf, dabei war seit November kein Tropfen mehr vom Himmel gefallen. Civilai hatte sich zu der Bemerkung hinreißen lasen, Dtuis Fruchtblase sei offenbar mit solcher Macht geplatzt, dass die Insekten irrtümlich annahmen, die Regenzeit sei angebrochen. Dtui hatte das gar nicht komisch gefunden. Jedenfalls hatte der Kreißsaal sämtliche Türen und Fensterläden schließen müssen, um die Invasion der Fluginsekten abzuwehren.
»Ich dachte, Sie waren mal Arzt«, sagte Phosy aufgebracht.
Siri zog die Augenbrauen hoch. »Das bin ich immer noch.«
»Wie kommen Sie dann dazu, sie ausgerechnet an dem Tag, an dem sie unser Baby zur Welt bringt, durch einen Tempel zu scheuchen? Noch dazu bei dieser Bullenhitze.«
»Phosy, so etwas lässt sich nicht vorhersehen. Die Kleine da drin hat keinen Wandkalender. Sie kommt, wenn sie so weit ist. Nun ist sie eben zufällig ein paar Wochen früher so weit gewesen als wir. Das ist weiß Gott nicht ungewöhnlich.«
Phosy schien seine schlechte Laune richtiggehend zu genießen.
»Warum gehen eigentlich alle davon aus, dass es ein Mädchen wird?«, fragte er.
»Weil Tante Bpoo, die Wahrsagerin, es uns so prophezeit hat«, sagte Siri lächelnd.
»Ihr habt sie doch nicht mehr alle«, befand Phosy. »Und wer ist eigentlich der Clown da drinnen, der sie entbindet? Warum machen Sie das nicht?«
»Der Clown da drinnen ist Dr. Bountien, der Leiter der Gynäkologie«, antwortete Siri geduldig. »Obwohl Sie kaum jemanden finden werden, der so viele Eierwitze kennt wie er, gibt es in diesem
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