Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)
hat Richter Haeng eben doch einen Narren an Ihnen gefressen.«
»Das dachte ich zunächst auch«, bekräftigte Siri. »Ich bekundete gleich mehrmals meinen Dank, den er demütigst entgegennahm, dann humpelte er auf seinen Stock gestützt von dannen. Aber ich kam schon bald dahinter, was gespielt wurde. Wie ihr euch vielleicht erinnert, hatte ich mich im Kampf gegen die Federfuchser vom Wohnungsamt der Unterstützung des vietnamesischen Beraters versichert. Wie sich herausstellte, hatte er Zugang zu Informationen, die unsereinem nicht ohne Weiteres zur Verfügung stehen. So erfuhr ich beispielsweise, dass das Wohnungsamt dem Richter direkt unterstellt ist und der ehrenwerte Herr Haeng sich vor nicht allzu langer Zeit eine noble zweistöckige Villa hat bauen lassen, an der Straße nach Dong Dok. Gerüchten zufolge wird seine offizielle Residenz in der Stadt derzeit von einer gewissen jungen Sängerin aus dem Hotel Anou bewohnt. Als sein persönlicher Berater hatte Genosse Phat den Richter diskret darauf hingewiesen, dass es womöglich keinen guten Eindruck mache, wenn er es dem Wohnungsamt gestatten würde, die Bewohner meines Bungalows vor die Tür zu setzen und meinen guten Namen in den Schmutz zu ziehen. Das sah Haeng offenbar ganz ähnlich.«
Wieder lachten sie.
»Verflixt«, sagte Civilai. »Und ich dachte schon, der Blechmann hätte sein Herz gefunden.«
»Und ich denke, es wird langsam Zeit, die Falten aus Rajids Bettwäsche zu schlagen und ihm etwas Ruhe zu gönnen«, verkündete Dtui lachend. Sie stand auf und ließ alle die winzige Hand ihrer Tochter drücken und ein wenig an Malees Wange schnuppern, bevor sie das Krankenzimmer verließ. Geung folgte ihr. Herr Tickoo stapelte die Hocker übereinander und verabschiedete sich mit einer Verbeugung von den Besuchern seines Sohnes.
Phosy nahm Siri und Civilai beiseite und bat sie um ein kurzes Gespräch. Sie gingen in die Kantine und bestellten jeder ein Glas Mahosot-Kaffee, ein zähflüssiges Gebräu, das angeblich eine Reihe von Patienten ins Jenseits befördert hatte, die der Welt andernfalls erhalten geblieben wären. Sie setzten sich an ein offenes Fenster, wo der Duft der Jasminsträucher den antiseptischen Krankenhausgeruch überlagerte. Ein Deckenventilator hielt ihnen die Abendmücken vom Leib.
»Also, Jungs. Das Neueste vom Tage«, sagte Phosy. »Zunächst einmal hatten wir weder bei den Ministerien noch beim Zentralkomitee oder den diversen Hilfsprogrammen Glück. Während unser Mann sich in Vang Vieng aufhielt, gab es in der Gegend keine laufenden Projekte.«
»Mist«, stieß Siri hervor.
»Doktor, gleich nachdem ich Ihre Nachricht erhalten hatte, habe ich mich mit der Polizeiwache in Pakxe in Verbindung gesetzt, eines der wenigen Reviere, die über einen funktionierenden Telefonanschluss verfügen. Die Kollegen sind mit ihren Berichten ein wenig im Rückstand. Dort stapeln sich die Fälle der vergangenen zwei Jahre. Ich hatte eigentlich angenommen, es würde ein paar Tage dauern, sie Stück für Stück durchzugehen, aber einer der Kollegen erinnerte sich an die Anzeige eines Elternpaares, das seine Tochter als vermisst gemeldet hatte. Bei dem Sergeanten klingelte etwas, als ich die Geschichte aus dem Holzfällercamp erwähnte.«
»Ich kenne die Beamten in Pakxe«, sagte Siri. »Bei denen klingelt es im Allgemeinen nur selten.«
»Die Anzeige wäre wahrscheinlich längst vergessen oder gleich zu den Akten gelegt worden, wären die Umstände nicht so sonderbar gewesen«, fuhr Phosy fort. »Die Mutter hatte es noch immer nicht verkraftet, dass ihre Tochter in dem Camp beinahe Opfer einer Vergewaltigung geworden wäre. Das Mädchen hatte ihr hoch und heilig versprochen, sie an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Zeit im Bureau de Poste anzurufen. Mutter und Vater fuhren die ganze Nacht, um rechtzeitig dort zu sein. Sie rief nicht an. Die Eltern warteten fünf Stunden. Sie versuchten, ihre Tochter unter der Nummer in Vientiane zu erreichen, die der Bräutigam ihnen für Notfälle hinterlassen hatte, aber wie ihnen der Postbeamte mitteilte, existierte der fragliche Anschluss nicht. Daraufhin gingen sie zur Polizei und erstatteten Anzeige.
Als sie ihm die Geschichte erzählten, musste der Sergeant sofort an einen anderen Fall denken, in dem er und seine Kollegen ermittelt hatten. Und das hört sich doch stark nach unserem Mörder an. Es ging um eine gefälschte Reiseerlaubnis. Sie kennen das Prozedere – wenn man von einer Provinz in die
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