Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)
uns vielleicht erklären, wie Ihr System funktioniert?«, fragte er Ying.
»Also, das ist eigentlich ganz einfach«, begann Ying. »Wir unterteilen das Einsatzgebiet in Quadranten. Dann suchen wir vor Ort nach Leuten, die lesen und schreiben können. Wir drücken ihnen ein paar Kip in die Hand, und sie verteilen unsere Fragebögen in den umliegenden Dörfern. Nach vierzehn Tagen kommen wir wieder, und sie bringen uns die Ergebnisse. Wir prüfen, ob alles seine Ordnung hat, zahlen ihnen den restlichen Lohn aus und übergeben die Unterlagen zur Auswertung dem Sektionschef.«
»Genosse Buaphan?«, fragte Phosy, nachdem er eine imaginäre Liste in seinem Notizbuch zu Rate gezogen hatte.
»Genau.«
»Wie lassen Sie ihm die Papiere zukommen?«
»Je nachdem. Wenn er zu tun hat, schickt er uns einen Fahrer. Aber eigentlich fährt er lieber selbst. Was seinen Laster angeht, ist er recht empfindlich.«
»Und das ist die einzige Möglichkeit, miteinander in Kontakt zu treten – der Laster? Haben Sie denn keine Walkie-Talkies oder dergleichen?«
»Nein, die funktionieren über diese Entfernung nicht. Also sind wir notgedrungen auf den Laster angewiesen, um wichtige Nachrichten hin und her zu befördern.«
»Das heißt, Sie wissen in der Regel über einen längeren Zeitraum nicht, was die beiden anderen Männer treiben, ob sie auf ihrem Posten sind oder nicht?«
»Nein, aber das lässt sich ja leicht überprüfen. Wenn die Arbeit nicht erledigt ist, steht fest, wer es etwas langsamer hat angehen lassen. Der Genosse Buaphan hat sich in dieser Hinsicht allerdings noch nie etwas zuschulden kommen lassen.«
»Wissen Sie etwas über Genosse Buaphans Privatleben?«, fragte Phosy.
»Nein. Er ist im Großen und Ganzen ein Einzelgänger. Von der Hin- und Rückfahrt einmal abgesehen, bekommen wir ihn kaum je zu Gesicht.«
»Hat er Familie?«, erkundigte sich Daeng, die in der prallen Sonne stand. Phosy drehte sich zu ihr um und funkelte sie wütend an.
»Ich glaube, er war mal verheiratet«, antwortete der Boxer. »Irgendwo im Norden. Aber soviel ich weiß, ist seine Frau gestorben.«
Phosy machte einen Schritt nach links und verstellte Madame Daeng so den Blick. »Haben Sie ihn mal mit anderen Frauen gesehen? Hat er eine Freundin? Geht er überhaupt unter Leute?«
»Nein, aber wie gesagt, sehen wir uns eigentlich nur auf der Fahrt. Wieso? Was hat er denn ausgefressen?«
Phosy ignorierte die Frage. »Wie kommen Sie mit ihm zurecht?«
»Er ist in Ordnung. Manchmal ist er sogar richtiggehend charmant. Wenn er gute Laune hat, erzählt er die komischsten Geschichten. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass er sich diese Arbeit ausgesucht hat, um Leute kennenzulernen. Ich glaube, ihm geht es eher um die Abgeschiedenheit hier oben in den Hügeln. Die ja auch durchaus ihren Reiz hat, wie ich gestehen muss.«
Madame Daeng stahl sich unbemerkt in den Schatten eines Rinderohrringbaums und wartete ab, bis Phosy die Fragen ausgingen. Ihre Chance kam schneller als erwartet.
»Na dann, vielen Dank …«, begann Phosy. Daeng hob die Hand. »Was ist?«
»Eine letzte Frage«, sagte sie und bedachte den Inspektor mit einem Lächeln, dem selbst er nicht widerstehen konnte.
Phosy ließ sie gewähren.
»Arbeiten auf Ihrer Dienststelle auch Frauen?«
»Ja, circa ein halbes Dutzend.«
»Wie verhält sich Buaphan ihnen gegenüber?«
»Wie meinen Sie das?«
»Ist er freundlich? Flirtet er mit ihnen?«
Ying lachte. »Also, wenn ich mir eins beim besten Willen nicht vorstellen kann, dann dass der Genosse Buaphan mit den Frauen im Büro flirtet. Wenn Sie einen Playboy suchen, ist mein Kollege Nouphet Ihr Mann. Ein Charmeur, wie er im Buche steht. Aber Buaphan? Nein, Gnädigste. Dafür ist er nicht der Typ.«
»Was für ein Typ ist er denn?«, fragte Phosy.
»Nun ja, er ist … verstehen Sie mich nicht falsch. Ich komme gut mit ihm zurecht. Aber Buaphan ist manchmal ziemlich … arrogant. Als hielte er sich für etwas Besseres. Mich stört das nicht weiter. Die Sekretärinnen, die Putzfrau und die Fahrer haben sich allerdings schon mehrmals beschwert, weil er sie wie Lakaien behandelt. Sie tuscheln hinter seinem Rücken.«
Von Ying, dem Boxer, erfuhren sie auch, wo Buaphan im Augenblick zu finden war. Um dorthin zu gelangen, mussten sie den Weg zurückfahren, den sie gekommen waren, und dann die Hauptstraße nach Norden nehmen, fort von Natan, bis sie in das kleine Dorf Nahoi kamen, wo Genosse Nouphet, der Playboy, sein Lager
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