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Der Fromme Dieb

Der Fromme Dieb

Titel: Der Fromme Dieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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als Beweis ausreichend, doch an deiner Stelle würde ich die damit zusammenhängenden Umstände vor Radulfus und, viel wichtiger noch, vor Herluin unerwähnt lassen. Du solltest dich da heraushalten. Vielleicht meinst du, dem Abt auch diese letzte Einzelheit mitteilen zu müssen, ich aber habe meine Zweifel, daß er den armen Teufel selbst mit dem neuen Wissen freisprechen kann. Sich mit einem Mädchen auf einem Heuboden zu treffen – das wäre Wasser auf Herluins Mühlen, sollte er es jemals erfahren. Ein schlimmeres Vergehen als der gotteslästerliche Diebstahl – zumindest unter den gegebenen Umständen, wo dieses Unternehmen nicht zum Erfolg geführt hat. Ich werde ihn von jedem Mordverdacht freisprechen, auch wenn ich den wirklichen Mörder noch nicht benennen kann.
    Aber mehr als das kann ich nicht versprechen.«
    »Ich werde alles dir überlassen«, sagte Cadfael achselzuckend. »Tu, was du für richtig hältst. Weiß Gott, die Zeit drängt. Schon morgen werden sie alle fort sein.«
    »Nun«, sagte Hugh und erhob sich, »wenigstens können wir sicher sein, daß Robert Bossu mit seinen Sorgen um sein Beaumont-Erbe in der Normandie und in England kaum ein großes Verlangen dafür verspüren wird, den Aufpasser für einen kleinen Novizen zu spielen, auf den dann am Ziel der Reise die klösterliche Hölle wartet. Es würde mich nicht wundern, wenn Robert irgendwo auf dem Weg eine Tür unverriegelt lassen, beide Augen fest zudrücken und die anschließende Verfolgung sogar bewußt in die falsche Richtung aufnehmen würde. Es liegt ein großes Stück England zwischen hier und Ramsey.« Er reichte Cadfael das Gebetbuch; der Strohhalm markierte noch immer die Stelle mit dem Nachtgebet, das Tutilo mit Daalny gesprochen hatte. »Gib es ihm zurück. Er wird es gebrauchen können.«
    Damit nahm Hugh Abschied, um sich zu einer Besprechung mit Radulfus zu begeben, und ließ seinen Freund, das Gebetbuch in Händen, finster grübelnd zurück. Cadfael wußte selbst nicht recht, warum er sich solche Sorgen um einen gerissenen kleinen Narren machte, der versucht hatte, die Schutzpatronin von Shrewsbury zu stehlen, und der dabei eine leidige Reihe von Begebenheiten ausgelöst hatte, die mehreren rechtschaffenen Männern Leid und Verdruß gebracht und einen gar das Leben gekostet hatte. Natürlich hatte Tutilo, im nachhinein betrachtet, nichts davon tatsächlich begangen oder beabsichtigt, aber er hatte Ärger verursacht und würde es weiter tun, solange er blieb, wohin er nicht gehörte. Selbst seine übereifrige, wenn auch echte Frömmigkeit paßte nicht recht in die Disziplin einer klösterlichen Bruderschaft. Nun, wenigstens würde Hugh beweisen können, daß der Junge kein Mörder war, was immer man ihm sonst auch vorwerfen konnte, und daß sein höchst gewagter Diebstahl nicht in den Zuständigkeitsbereich des königlichen Sheriffs fiel. Im übrigen müßte der Junge, wenn es zum Schlimmsten käme, tun, was so mancher Rebell, der zur falschen Zeit am falschen Ort war, schon vor ihm hatte tun müssen – seine Strafe überleben, sich, zahm geworden und völlig gebrochen, aber wohlbehütet, in sein Schicksal fügen. Ein Singvogel im Käfig. Aber da war natürlich noch Daalny. Gebt mir Bescheid, hatte sie gesagt. O ja, er würde ihr Bescheid geben. Mochten es nun das Schlimmste oder das Beste sein.
    Im Empfangszimmer des Abtes begründete Hugh sein Urteil mit wenigen Worten. Wenn, wie vereinbart, nicht alles gesagt werden sollte, dann je weniger, desto besser. »Ich bin hier, Vater Abt, um Euch mitzuteilen, daß ich keine Anklage gegen den Novizen Tutilo erhebe. Mir liegen genügend Beweise vor, um sichergehen zu können, daß er keinen Mord begangen hat.
    Das Gesetz, dem ich verpflichtet bin, wird ihn nicht weiter belangen. Nun denn«, fügte er mit sanfter Stimme hinzu, »mir bleibt nur, ihm Glück zu wünschen.«
    »Ihr habt den Mörder gefunden?« fragte Radulfus.
    »Nein, so kann man das nicht sagen. Aber ich bin jetzt sicher, daß es nicht Tutilo war. Daß er in jener Nacht sofort den Mord meldete, war lobenswert, und was er am nächsten Tag tun konnte, tat er bereitwillig. Mein Gesetz hat ihm nichts vorzuwerfen.«
    »Aber das meine muß es wohl«, sagte Radulfus. »Es ist kein geringes Vergehen, zu stehlen, doch es ist ein noch weit schlimmeres, einen anderen in den Diebstahl hineinzuziehen und ihn dadurch in Lebensgefahr zu bringen. Zu Tutilos Gunsten kann berücksichtigt werden, daß er die Tat eingestanden und echte

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