Der Fromme Dieb
Reue gezeigt hat, den unglücklichen jungen Mann in seine Machenschaften verwickelt zu haben. Er besitzt Gaben, die er auch jetzt noch zur Ehre Gottes gebrauchen mag. Aber er hat eine Schuld zu begleichen« Er musterte Hugh eine Weile schweigend und sagte dann: »Darf ich wissen, welcher weitere Beweis Euch in die Hände fiel? Da Ihr den Schuldigen noch nicht gefunden habt, muß es einen Grund geben, weshalb Ihr Euch Tutilos Unschuld so sicher seid.«
»Er gab vor, nach Longner gerufen worden zu sein«, erklärte Hugh bereitwillig, »um sich dann fortstehlen und verstecken zu können, bis Aldhelm wieder fort und die Gefahr gebannt sein würde, wenigstens für diesen einen Tag. Ich bezweifle, daß er weiter vorausgeschaut hat; es war die unmittelbar bevorstehende Gefahr, die er zu meiden suchte. Wo er sich versteckt hielt, weiß ich jetzt: auf dem Heuboden des Stalls am Pferdemarkt. Und daß er ihn nicht verlassen hat, bevor er die Glocke zur Komplet läuten hörte, zu einem Zeitpunkt also, als Aldhelm schon tot war, dafür habe ich auch Beweise.«
»Und gibt es jemanden, der das bestätigen kann?«
»Ja, den gibt es«, antwortete Hugh ohne weiteren Kommentar.
»Nun, denn«, sagte Radulfus und lehnte sich seufzend zurück. »Tutilo befindet sich eher zufällig in meinen Händen, aber selbst wenn ich wollte, könnte ich nicht einfach über sein Vergehen hinwegsehen oder seine Strafe mildern. Subprior Herluin wird ihn nach Ramsey zum dortigen Abt mitnehmen, und solange Tutilo sich innerhalb meiner Mauern aufhält, muß ich Ramseys Gesetze achten und ihn gefangenhalten, bis Herluin aufbricht.«
»Er war nicht übermäßig neugierig, er hat nichts überprüft«, berichtete Hugh seinem Freund in dessen Kräutergarten; seine Stimme klang erleichtert und belustigt. »Er war mit meiner Versicherung zufrieden, ich sei überzeugt, Tutilo habe keinen Mord begangen und auch kein Gesetz des Landes gebrochen, jedenfalls keines außerhalb der Grenzen der Kirche. Und das genügte ihm. Schließlich wird er dies ganze Durcheinander morgen los sein, auch wenn er dann noch entscheiden muß, was mit dem hiesigen Missetäter zu geschehen hat. Jerome muß noch abgeurteilt werden. Aber der Abt wird das eine, was er als Superior tun könnte, wohl nicht tun – unseren Sünder Tutilo am abendlichen Gottesdienst teilnehmen lassen. Er hat natürlich recht. Sobald sie unsere Mauern verlassen haben, ist Shrewsbury nicht mehr für ihn verantwortlich, doch bis dahin ist Radulfus gezwungen, im Sinne von Ramsey wie auch in dem seines eigenen Klosters zu handeln. Ein Bruder hat sich einem Bruder gegenüber tadellos zu verhalten – selbst wenn er ihn verabscheut. Es tut mir selbst leid, aber Tutilo wird in seiner Zelle bleiben. Offiziell jedenfalls«, fügte er mit einem bedeutungsvollen Grinsen hinzu. »Selbst deine Neigung zu Unbotmäßigkeiten würde mich nichts angehen, vorausgesetzt, sie betrifft nur das Kirchenrecht.«
»Das war früher manchmal anders«, sagte Cadfael und seine Gedanken schweiften zu gewissen Erinnerungen zurück, die einen sehnsüchtigen Schimmer in seinen Augen erweckten.
»Wir sind schon lange nicht mehr des Nachts zusammen geritten.«
»Um so besser für deine alten Knochen«, sagte Hugh verschmitzt. »Sei zufrieden, schlaf in deinem Bett und laß gerissene kleine Banditen wie deinen Tutilo für ihre Sünden büßen und abwarten, bis ihnen vergeben wird. So weit wir wissen, ist der Abt von Ramsey eine gute, menschliche Seele mit einer Schwäche für kleine Sünder, so wie Ihr. Und mit einer Vorliebe für Musik vielleicht. Das könnte nützlich sein. Wenn du ihn jetzt laufen ließest, was würde dann aus ihm werden, ohne Kleider, ohne Nahrung, ohne Geld?«
Das war nur zu wahr, mußte Cadfael zugeben. Tutilo würde sich wohl durchzuschlagen wissen, aber mit Ungewissem Ausgang. Ein Hemd und Beinkleider von einer Wäscheleine genommen, ein Ei unter einer Henne hervorgeholt, mit einem Lied ein paar Münzen von Reisenden auf der Straße oder auf einem Markt erbettelt – aber immerhin keine Steinmauern mehr, die ihn gefangenhielten, und keine verriegelte Tür, kein gnadenloser Vorgesetzter, der ihm endlose Predigten über seine unverzeihlichen Sünden hielt, keine Verbannung in die steinige Einsamkeit der Exkommunikation, kein Ausgeschlossensein vom gemeinsamen Mahl und Gebet, ohne jede Verbindung zu seinen Mitbrüdern, welche das gleiche kalte Schicksal treffen würde, wenn sie sich erdreisteten, ein gutes Wort für
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