Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)
roten Ampel. Ich umklammere das Steuerrad und spüre meinen Herzschlag bis in die Fingerspitzen. Ich blicke in den Rückspiegel, niemand folgt mir. Ich habe alle abgehängt.
»Beecher …! Beecher, bist du da?« Die Stimme von Tadellose Täuschung quäkt unter dem Sitz. Mein Telefon ist noch an, und die Verbindung steht noch. »Beecher, ist alles in Ordnung?«
Nichts ist in Ordnung.
Totte hat eine Kugel in den Kopf bekommen.
Clementine ist verschwunden.
Und der Ritter trifft gerade seine Vorbereitungen, um den Präsidenten der Vereinigten Staaten zu töten, falls ich mit meiner Vermutung richtig liege.
Aber als die Ampel auf Grün springt, gehen mir Nicos Worte wieder durch den Kopf. Ich weiß, dass du der Betrüger bist, Benjamin. Ich weiß, dass du meine Karte hast!
Er irrt sich. Ich bin nicht der Betrüger. Aber in einem anderen Punkt hat er recht.
Ich greife in meine Jackentasche, in einen meiner Handschuhe und ziehe die Spielkarte mit dem schwarzen Kreuz in der Mitte heraus. Die Karte, die ich eingesteckt habe, als ich Nico sein Buch zurückgegeben habe.
Das Kreuz-Ass.
Du hattest recht, Nico, ich habe deine blöde Karte.
Und wenn ich richtig vermute, was darauf versteckt ist und dass Nico sie benutzt hat, um mit dem Ritter zu kommunizieren, kann ich zumindest herausfinden, wohin der Ritter als Nächstes will.
Auch wenn ich vielleicht den Lauf des Schicksals nicht aufhalten kann.
81. KAPITEL
»Planänderung – Ausrüstung anlegen!«, rief der Schichtführer, als ein halbes Dutzend Secret-Service-Agenten in Anzügen in den Kommandoposten strömte, der unmittelbar unter dem Oval Office lag.
A. J. saß auf einer der Bänke in einer Ecke des Umkleideraums und sah zu, wie seine Kollegen um ihn herum die Krawatten ablegten und ihre Schuhe auszogen. Bei jedem Präsidenten wird der Terminplan schon Wochen im Voraus erstellt. Jede noch so kleine Änderung bedeutet, dass Angestellte, Sicherheitsleute, Presse, Vorausteams und Kommunikationssysteme verlegt werden müssen. Bei Veranstaltungen unter freiem Himmel, wie heute am Lincoln Memorial, kamen dann noch Luft- und Bodenüberwachung hinzu. Wenn also der Service am Tag der Präsidenten all diese Veränderungen in letzter Minute durchzog, ging eindeutig etwas Großes vor.
»Hat er wieder Ärger mit seiner Frau?«, fragte ein Agent mit schwarzem Haar und einem dicken goldenen Ring von der Ohio State University.
»Nein, der Befehl ist vom Hauptquartier gekommen«, antwortete ein anderer, nahm seinen Schlips ab und hängte ihn in seinen Spind.
Das sagte A. J., dass die Jungs im Feld noch nicht Bescheid wussten. Aber ganz offensichtlich hatte jemand die Reißleine gezogen. Eine andere Erklärung gab es nicht. Als die Chefs hörten, dass ein dritter Pastor ermordet worden war und dazu ein alter Mann, dem man wie JFK in den Hinterkopf geschossen hatte, musste etwas unternommen werden. Die Zielperson musste in Sicherheit gebracht werden.
Natürlich hatte Wallace erneut darauf bestanden, sich an seinen Terminplan zu halten. Er wollte bei dem Ereignis am Lincoln Memorial dabei sein und auch bei dem Essen später im Café Milano. Aber, wie der Direktor des Secret Service erklärte, war der Präsident,und das aus gutem Grund, nicht für seine eigene Sicherheit verantwortlich.
»Ich habe gehört, es soll eine Klasse Drei sein«, meinte ein anderer Agent. Damit bezeichnete man im Code des Secret Service einen mental labilen Angreifer.
Ein anderer Agent nickte. Nach dem Ziel ihres Einsatzes zu urteilen, einem der wenigen Plätze, die noch sicherer waren als das Weiße Haus, versuchte eindeutig jemand, den Alten umzulegen.
Trotzdem waren die Agenten nicht in Panik oder rannten aufgescheucht durcheinander, als sie sich ihren Spinden näherten. Sie griffen weder nach Waffen noch nach kugelsicheren Westen. An ihrem Ziel warteten jede Menge Waffen auf sie. Das Einzige, was die Agenten aus ihren Spinden nahmen, war Kleidung. Anzüge und Krawatten wurden durch Khakihosen und Freizeithemden ersetzt. Mit dieser Kleidung passten sie sich der Umgebung ihres neuen Zielortes an. Dem sichersten Ort, an dem man den Führer der freien Welt verstecken konnte, der Ort, an den sie auch George W. Bush in den Tagen nach dem 11. September und zahllose andere Präsidenten zu Zeiten potenzieller Angriffe gebracht hatten. Auf das Privatgelände des Präsidenten, das man auch als Camp David kennt.
A. J. sah zu, wie die leger gekleideten Agenten einer nach dem anderen den Raum verließen.
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