Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)
USB-Stick heraus, auf dem sich ein Backup von meinem Computer befindet. Dann leere ich meine Manteltaschen und fördere einen Stift mit Lippenbalsam, Handschuhe und eine alte Taxiquittung zutage.
»Nichts, sehen Sie? Sie können gern selbst nachsehen«, erkläre ich und nähere mich dem Pfleger.
»Bleiben Sie, wo Sie sind!« Der Pfleger winkt mich zurück.
»Er ist ein Lügner!«, schreit Nico.
»Nico, reiß dich zusammen!«, sagt der Pfleger.
»Er hat meine Karte! Durchsuch seine Taschen!«
»Bitte, Sie können sie gern durchsuchen!«, erkläre ich.
»Junge, du musst hier verschwinden. Nico, beherrsch dich!«, sagt der Pfleger und wirft dem Wachmann einen vielsagenden Blick zu.
Ich gehe langsam zurück und bin bereits am Haupteingang vorbei und auf dem asphaltierten Pfad, der zum Parkplatz führt. Aber alsNico Anstalten macht, mir zu folgen, packen sie ihn an seinen Oberarmen.
»Er ist der Knappe!«, knurrt Nico drohend. »Begreift ihr das denn nicht? Ihr lasst den Knappen entkommen!«
Nico reißt sich von dem Pfleger los und versucht, mir zu folgen, aber der Wachmann ist stärker.
Ich will gar nicht herausfinden, wer diesen Kampf gewinnt. Ich renne zum Parkplatz und fische in der Tasche nach meinen Autoschlüsseln.
»Ich weiß, dass du ein Betrüger bist, Benjamin! Ich weiß, dass du meine Karte hast!«, brüllt Nico, während ein weiterer Wachmann hinzukommt und die beiden versuchen, ihn zu Boden zu ziehen. Ich höre ein beunruhigendes Klatschen und wie jemand vor Schmerz aufschreit. Als ich um die Ecke biege und auf den mit Kies bestreuten Parkplatz laufe, erspare ich es mir, zurückzublicken.
»Nico …!«, schreit der Pfleger.
Ich renne über den Kies und zwischen zwei geparkten Fahrzeugen hindurch auf den kleinen silbernen Wagen zu, mit dem ich hierher gefahren bin. Clementines Leihwagen.
Ich sehe mich um und suche nach Clementine. Von ihr ist nichts zu sehen, aber irgendwie erleichtert es mich, dass Clementine hier bei mir war, als jemand im Krankenhaus auf Totte geschossen hat. Das bedeutet, sie kann unmöglich der Ritter sein. Aber dann denke ich nur noch daran, dass jemand auf Totte geschossen hat!
Ich habe das Gefühl, als würde etwas in mir zusammenschrumpfen. Bitte, Gott, denke ich, lass ihn nicht sterben.
Mit der Fernbedienung öffne ich den Wagen, reiße die Tür auf und springe hinein. Dabei fällt mir das Telefon aus der Hand und rutscht in den schmalen Spalt zwischen den Sitzen.
Ich schiebe den Schlüssel in das Schloss und versuche, den Wagen zu starten, aber meine Hände und mein ganzer Körper zittern. Ich kann weder damit aufhören noch an etwas anderes als an Totte denken.
Ein dumpfer Schlag trifft das Fenster auf der Fahrerseite. Ich fahre so heftig hoch, dass ich mir den Kopf an der heruntergeklappten Sonnenblende stoße.
Ich drehe mich herum, als Nicos Faust auf die Scheibe prallt. Er schlägt mit voller Wucht zu, und die Haut über seinen Knöcheln presst sich weiß gegen das Glas. Er versucht, sich gewaltsam Zugang zum Wagen zu verschaffen, doch das Glas gibt nicht nach. Allein das Geräusch sagt mir, dass es weh tun muss, fast, als würde er gegen Beton schlagen. Doch Nico spürt es nicht. Als er zu einem weiteren Schlag ausholt, wird er zurückgezogen und verliert das Gleichgewicht.
Die Krankenhauswachen packen ihn von hinten, umschlingen seinen Hals und seine Schultern und versuchen mit aller Kraft, ihn zu Boden zu reißen.
Nico brüllt wie ein gefangener Bär und versucht mit allen Mitteln, auf den Füßen zu bleiben.
Ich gebe Gas, und die Reifen schleudern den Kies hoch.
»Ihr lasst ihn ja entkommen! Lasst ihn nicht laufen!« Nico schreit immer noch, als ich davonfahre und sehe, wie er im Rückspiegel langsam kleiner wird.
Ich schleudere von dem Parkplatz auf den unbefestigten Lehmweg, der zum Haupteingang führt. Dabei halte ich unaufhörlich hinter Büschen und Bäumen Ausschau nach Clementine. Aber mir ist klar, dass ich sie nicht finden werde.
Als ich mich dem kleinen Wachhaus nähere, fahre ich langsamer und winke freundlich. Ich hoffe, dass die Wachen, die mit Nico kämpfen, noch zu beschäftigt sind, um ihren Kollegen hier am Tor zu benachrichtigen.
Aus dem Häuschen winkt ein uniformierter Sicherheitsbeamter freundlich zurück, aber ich hole trotzdem erst dann tief Luft, als ich das Ende des Feldwegs erreicht, das Gelände verlassen habe und wieder auf die Hauptstraße eingebogen bin.
Etwa nach einem halben Block bremse ich ruckartig an einer
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