Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)
durch die Tür und überprüfte den Gang.
»Weißt du, eigentlich solltest du nett zu mir sein«, tadelte der Präsident seine Tochter. »Immerhin ist heute der Tag der Präsidenten .«
»Das gilt aber nur für tote Präsidenten«, neckte Nessie ihren Vater. »Und nur für gute Präsidenten wie Lincoln und Washington.«
»Du scherzt wohl, richtig? Hast du eine Ahnung, wie viele Leute meinen Tod wollen?«
Bei diesen Worten senkte Nessie den Kopf und wich zurück. »Dad, das ist nicht komisch.«
»Was redest du da? Hast du denn nie gelesen, was Königin Viktoria ihrer Tochter geschrieben hat?« Er nahm einen britischen Akzent an, als er weitersprach. » Es ist des Aufhebens wert, wenn auf einen geschossen wird. Dann sieht man, wie sehr man geliebt wird.«
»Sir, wir haben das Okay!«, rief der Agent an der Spitze vom Treppenabsatz aus. Er öffnete die Tür ein Stück weiter. Das Neonlicht aus dem Gang beleuchtete die linke Seite seines Gesichtes. »Hier entlang.«
Der Präsident ging die Betonstufen hinauf, gefolgt von dem Adjutanten, und legte die Hand auf den Rücken seiner Tochter. Er schob sie vor sich her. Hinter der Tür lag ein kleiner abschüssiger Gang. Der Secret Service hatte ihn für die Öffentlichkeit gesperrt, wahrscheinlich mit etwas so Simplem wie einem Schild, auf dem stand: Achtung – frisch gewischt . Aber sie konnten die Geräusche der Touristen von der anderen Seite des Ganges hören. Sie gingen zu den Toiletten und in die Ausstellung.
»Wir haben den Aufzug für uns. Scharf nach rechts, Sir«, flüsterte der Agent an der Spitze dem Präsidenten zu, als er näher kam. Wie schon zuvor blieb der Agent stehen, während Wallace, Nessie und der militärische Adjutant an ihm vorbeigingen, so dass sich das Dreieck erneut verschob.
Mit einer schnellen Bewegung, die schon fast an einen Balletttänzer erinnerte, folgte der Präsident seiner Tochter in den Gang hinaus. Er hielt den Kopf gesenkt und verbarg mit dem Schirm der Baseballcap sein Gesicht, während er seine Tochter an den Schultern hielt undsie nach rechts führte. Sie drehten sich rasch zur Seite und ließen gerade so viel Raum auf ihrer linken Seite, wo die Touristen waren, dass der Adjutant ihnen in den Gang folgen konnte und mit seinem Körper jeden klaren Blick auf den Präsidenten versperrte.
»Du hast den Kniff langsam raus, Nessie«, erklärte A. J., als sie zu ihm in den Aufzug traten. Der Adjutant und der andere Agent folgten ihnen. Als sich die Türen schlossen, standen Wallace und seine Tochter an der Rückwand des Aufzugs. Trotzdem starrte der Präsident unwillkürlich in den leeren Flur und auf dessen abschüssiges Ende. Gerade als Wallace seine Cap abnahm, drehte sich eine Schwarze in einem schwarzen Wintermantel zu ihm herum. Ihre Blicke begegneten sich, während sich die Türen mit einem Knall schlossen.
»Sie hat dich erkannt.« Nessie lachte.
»Hat sie nicht. Nicht so lange ich diese beeindruckende Baseballcap aufhatte. Dieses Ding ist sogar satellitensicher.«
Einen Moment lang lächelten die fünf Personen in dem Aufzug, während er lautlos in den Saal mit der Statue Lincolns hinauffuhr. In weniger als einer Minute würden Nessies Klassenkameraden stehen bleiben, sich herumdrehen und sie zum Zentrum jeglicher Aufmerksamkeit machen und zum Objekt des Neides aller anderen Kinder. Nessie hätte es nie zugegeben, aber das war einer dieser Momente, in denen sie glücklich war, wirklich glücklich, dass ihr Vater der mächtigste Mann der Welt war.
Der Präsident spürte die Aufregung seiner Tochter und nickte A. J. dankend zu, weil der sich um die Angelegenheit mit Beecher gekümmert hatte.
In dreißig Sekunden würde das Geschrei losgehen.
»Weißt du, was du sagen musst?«, erkundigte sich Nessie.
»Für was für einen Fremdenführer hältst du mich denn? Ich habe sogar Nachforschungen angestellt.« Wallace klopfte auf seine Jackentasche, in der ein Blatt Papier steckte, das seine Leute vorbereitet hatten. »Wusstest du, dass die Statue von Lincoln aus achtundzwanzig Blöcken Marmor aus Georgia gehauen wurde? Oder dass über die Rückenlehne seines Stuhls stets eine US-Fahne gelegt wurde? Vertrau mir, dieser Präsident kennt die Fakten vom Tag der Präsidenten.«
Nessies Lächeln verstärkte sich.
Der Aufzug wurde langsamer und kam zum Stehen. A. J. und der andere Secret-Service-Agent traten vor. Sie würden als Erste aussteigen und die Menge checken. Bei Überraschungsbesuchen wie diesem dauerte es mindestens
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