Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)
ließ und sich zum Beifahrerfenster umdrehte, sah Clementine, was er seit Jahrzehnten unterseinem Haar versteckt hatte. Das letzte Geheimnis, das Nico Hadrian vor allen verborgen gehalten hatte, selbst vor dem Ritter. Eine kleine Tätowierung, deren Ursprung bis zur Renaissance zurückging, wo sie die fünfte und letzte Farbe in ganz bestimmten Kartenspielen gewesen war: ein Halbmond.
Die letzte Farbe des letzten Ritters. Und das Zeichen dafür, dass diese Mission schon immer seine Bestimmung gewesen war.
Sein ganzer Körper zitterte, während er versuchte, die Tränen zu beherrschen, die aus ihm herausdrängten. In diesem Augenblick ergab sein ganzes Leben einen Sinn. Deshalb war er auserwählt worden. Das Schicksal hatte ihn an so viele Orte geführt, und jetzt hatte es ihn hierher zurückgebracht, wieder einmal. Zurück zu seiner ursprünglichen Mission. Wie seinen Vorgängern, seinen Ritterkameraden, war es ihm vorherbestimmt, den Präsidenten der Vereinigten Staaten zu töten.
Die Ritter des Goldenen Zirkels würden wiederauferstehen.
Clementine betrachtete außer dem Hinterkopf ihres Vaters sein Spiegelbild in der Beifahrerscheibe. »Du weißt, dass du das nicht tun musst«, sagte sie.
Nico hob seine Augen und starrte sie an. »Das hast du nie verstanden. Ich habe keine Wahl.«
Clementine hütete sich, ihm zu widersprechen, und fragte sich, ob er vielleicht tatsächlich sogar recht haben könnte. Sie betrachtete weiter das Spiegelbild ihres Vaters. Je mehr Haar er sich abrasierte, desto ähnlicher sah er Clementine ohne ihre Perücke.
»Warst du neulich wirklich ehrlich?« Nico fuhr mit dem Rasierer die Seite seines Kopfes hoch. »Hast du meinen Krebs in deinem Körper?«
Clementine nickte und spürte, wie sich ihre blonde Perücke auf ihre Kopfhaut presste. Aber als sie den Motor startete, wollte sie nicht über Krebs reden oder über morgen oder über irgendetwas anderes. Zum ersten Mal in ihrem Leben wollte Clementine einfach nur eine ruhige Nacht mit ihrem Vater genießen.
114. KAPITEL
Eine Woche später
Camp David
»Was ist mit Fleischklößchen? Magst du Fleischklößchen?«, fragte der Präsident.
»Du weißt, dass ich Fleischklößchen mag«, antwortete der achtjährige Andrew, der seinem Vater durch das rustikale Wohnzimmer des Blockhauses folgte.
»Und magst du auch Hamburger?«
»Vielleicht.«
»Sag niemals vielleicht« , befahl Wallace seinem jungen Sohn, während er ins Schlafzimmer und an seinen Schrank trat. Er zog einen Vliespullover mit dem Präsidentensiegel heraus. »Das ist eine Regel fürs Leben. Wenn jemand dir eine Frage stellt, antworte mit Ja oder Nein. Steh zu dem, was du sagst. Also, magst du Hamburger?«
»Ja«, erklärte Andrew nachdrücklich.
»Und magst du auch Taco-Fleisch?«
»Viel … Normalerweise schon«, erwiderte der Junge.
»Normalerweise gilt als Ja«, erklärte der Präsident, steckte seine Arme in den Pullover und zog ihn an. Als sein Kopf im Halsausschnitt auftauchte, war Wallaces Haar nach wie vor perfekt gekämmt. »Dann solltest du auch Steak mögen. Fleischklößchen, Hamburger, Taco-Fleisch, das ist alles Steak nur in einer anderen Form.«
»Aber Steak ist schwerer zu kauen«, gab der Junge zurück.
Der Präsident war auf dem Weg zur Eingangstür des Blockhauses, blieb jedoch stehen und warf seinem Sohn über die Schulter einen Blick zu. »Du willst wirklich Politiker werden, wenn du erwachsen bist, was?«
»Ich mag nicht, was ich nicht mag«, sagte Andrew.
»Das ist in Ordnung. Sag Suzanne, sie soll dir Spaghetti machen. Und sag deiner Mutter, dass wir keine Kinder mehr haben werden.«
Andrew grinste über seinen Sieg und lief zur Küche.
»Ich bin gleich wieder da!«, rief der Präsident. Er war immer noch verblüfft, wie schnell das Leben nach diesen Schrecken der jüngsten Zeit wieder in normalen Bahnen verlief.
Der Secret Service behielt sie seit einer Woche in Camp David, nicht nur, damit Wallace sich entspannte, sondern auch, damit die Nation nach den Schüssen Luft holen konnte. Hier gab es keine Presse, die ihn belagerte, und kaum Angestellte. Wallace spielte Airhockey mit seinem Sohn, brachte seiner Tochter bei, wie man einen ordentlichen Freistoß kickte, und verbrachte die Nächte entweder damit, in seinem privaten Kino einen Film zu sehen oder einfach vor dem steinernen Kamin mit seiner Frau zu lesen. Selbst wenn sie nur gemeinsam eine Mahlzeit einnahmen, benahm sich seine Familie wieder wie eine normale Familie.
Das
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