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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Hände geraten. Ich beame sie Ihnen rauf.«
    Auch die neuen Fotos aus Schriesheim waren mit einem Teleobjektiv aufgenommen worden. Der Fotograf musste sie aus einem der Häuser an der gegenüberliegenden Straßenseite gemacht haben, etwa zweihundert Meter südlich von Elisaveta Lebedevas Villa. Drei Männer sah ich auf den fünf kurz nacheinander geschossenen Fotos und eine Frau, alle geschäftsmäßig gekleidet, mit ernsten Mienen und Aktenkoffern. Die vier hatten die Russin am Sonntagnachmittag aufgesucht und waren knapp zwei Stunden geblieben. Die An- und Abreisezeiten waren in Balkes Mail auf die Minute genau vermerkt. Keines der Gesichter kam mir bekannt vor. Ich kopierte sie auf Machatschecks USB -Stick und beschloss, die Bilder an den Journalisten weiterzuleiten.
    Anschließend begann ich, in meinem Büro auf und ab zu gehen, weil ich so manchmal besser denken kann als im Sitzen. Aber es half nichts. Meine Gedanken drehten sich im Kreis wie ich selbst. Was ich brauchte, waren Fakten, Beweise, Indizien und keine Spekulationen. Irgendwann fiel mein Blick auf die hellgrüne Plastikwanne in der Ecke, auf die allmählich trocknende Holzkiste. In mir blitzte eine Erinnerung auf.
    Ich betrachtete den Aktenstapel auf meinem Schreibtisch, der dringend auf Zuwendung wartete, die so harmlos in der Wanne am Boden stehende Holzkiste mit möglicherweise israelischem Aufdruck. Schließlich klopfte ich auf meine Hosentasche, um mich zu vergewissern, dass der Autoschlüssel darin steckte, und machte mich auf den Weg.

    Das Tor der Halle war inzwischen wieder ordentlich verschlossen, mit der alten Kette und einem neuen Vorhängeschloss. Darüber und darunter prangten amtliche Siegel. Zum Glück wusste ich von der Kollegin, dass es an der Rückseite des Gebäudes ein Fenster gab, das sich nicht richtig schließen ließ. Ich packte die umgekippte Mülltonne und umrundete mit ihr im Schlepptau das Gebäude. Quer vor dem Fenster liegend, erleichterte sie meinen Einbruch sehr.
    Innen war es dunkler als am Vormittag, da das Tor jetzt geschlossen war. Versuchsweise drückte ich einen Schalter, aber der Strom war natürlich abgestellt. Ich wartete ein wenig, bis meine Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten. Dann machte ich mich an die Suche. Obwohl der Holzhaufen riesig war, dauerte es nur Sekunden, bis ich den Span gefunden hatte. Den länglichen Span, den ich am Vormittag selbst auf diesen Haufen geworfen hatte. Ohne es ausprobiert zu haben wusste ich: Dieses Holzstück passte exakt zum Deckel der Kiste in meinem Büro. Die Kiste mit den Brandgranaten war hier, im Versteck der Bulgaren, geöffnet worden.
    Nun ließ es sich nicht mehr leugnen: Schivkov hatte sein eigenes Restaurant in Brand gesteckt. Zu welchem Zweck auch immer.
    Als ich mich mit meiner bescheidenen Beute wieder auf den Kletterweg nach draußen machte, fiel mein Blick auf etwas, das ein paar Meter entfernt hinter einigen an die Wand gelehnten Brettern lag. Eine pinkfarbene Haarklammer. Ich angelte das Ding hinter den Brettern hervor und steckte es ein. Dann kletterte ich aus der feuchten Schwüle der Halle zurück in die warme, trockene Mailuft.
    Vielleicht war meine Vermutung vor einigen Tagen doch nicht so falsch gewesen – vielleicht war Anton Schivkov schlicht und einfach verrückt geworden? Lief Amok gegen die halbe Welt und sich selbst?
    Als ich in den Wagen stieg, zeigte die Uhr am Armaturenbrett halb fünf, und ich war müde. Ich wendete, wurde für einen Moment von der Sonne geblendet, und dann sah ich den grünen Subaru Kombi. Er fuhr etwa zehn Meter von meiner Kühlerhaube entfernt die Straße in Richtung Norden. Am Steuer saß ein großer Mann, neben ihm ein kleinerer mit kantigem Gesicht und Schnurrbart. Dieser hatte im Vorbeifahren sogar kurz in meine Richtung geschaut.
    Während ich über die holprige Zufahrt langsam in Richtung Straße fuhr, um den Abstand zu dem Subaru zu vergrößern, telefonierte ich mit Klara Vangelis, und Sekunden später brach rund um mich herum eine lautlose und unsichtbare Hektik los.
    Der Subaru war gerade noch zu sehen, als ich auf die Straße bog, etwa zweihundert Meter vor mir. Er fuhr nicht allzu schnell. Bis zum nächsten Ort – Ketsch – waren es vielleicht drei oder vier Kilometer. Zu kurz, um dort bereits eine Straßensperre zu errichten, zu wenig Zeit. Dann wurde es bereits schwierig.

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