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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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der ausgesehen?« Sie zog eine misslaunige Grimasse. »Groß. Dreißig, maximal fünfunddreißig. Breites Gesicht. Was ist denn überhaupt los hier? Wieso haben wir auf einmal die Polizei im Haus?«
    Â»Er hat Plutschins angehabt«, wusste Melinda. »Und eine braune Jacke. Und einen Helm hat er dabeigehabt. Einen ganz schwarzen.«
    Plutschins? Bluejeans vermutlich.
    Â»Ihre hübsche Tochter sagte mir, Herr Geldorf wäre einkaufen. Sie wissen nicht zufällig, wo er das gewöhnlich macht?«
    Es gibt wenige Dinge, auf die Frauen so zuverlässig reagieren wie auf Komplimente zu ihren Kindern.
    Â»Und ob ich das weiß«, erwiderte die Frau mit einem Schimmer von Lächeln im Gesicht. »Zum Lidl in Handschuhsheim fährt er immer. Da kriegen Sie alles, und vor allem kriegen Sie einen Parkplatz. Ich hab ihm selber den Tipp gegeben. Gleich nachdem er eingezogen war.«
    Â»Wissen Sie, ob er ein Handy hat? Haben Sie vielleicht sogar seine Nummer?«
    Sie zuckte die Achseln. »Keine Ahnung, ob der ein Handy hat. Er ist nicht besonders redselig, wissen Sie? Grad, dass er einen grüßt, wenn man sich auf der Treppe trifft. Und von Hausordnung und Gehweg fegen hält er übrigens auch nicht viel.«
    Ich diktierte Melindas Mutter meine eigene Nummer.
    Â»Falls er wieder auftauchen sollte, rufen Sie mich bitte an.«
    Â»Hat er denn was ausgefressen?«
    Â»Nein, reine Routine. Ich habe nur ein paar Fragen an ihn. Aber sagen Sie ihm bitte nicht, dass ich hier war. Rufen Sie mich einfach nur an, falls Sie ihn sehen.«

    Â»Und Sie sind sicher, dass das Dobrev war, der zu Geldorf wollte?«, fragte mich Klara Vangelis Sekunden später am Telefon. Inzwischen saß ich wieder im Wagen und war auf dem Weg in den äußersten Norden Heidelbergs.
    Â»So sicher, wie man in dieser Situation sein kann«, erwiderte ich ein wenig gereizt.
    Â»Wir haben übrigens eine Akte über diesen Jakob Geldorf«, fuhr sie fort. »Geboren ist er in Kasachstan. Im Alter von zwölf Jahren ist er zusammen mit seinen Eltern nach Deutschland gekommen. Dann die übliche Migrantenkarriere: abgebrochene Hauptschule, kein Job, dafür viel Alkohol und hin und wieder kleinere Delikte. Schlägereien, einmal ein Gaststätteneinbruch, bei dem er die Alarmanlage ausgelöst hat und an Ort und Stelle festgenommen wurde. Damals war er siebzehn und ist mit ein paar ernsten Worten des Richters und hundert Stunden Sozialdienst davongekommen. Mit neunzehn dann zehn Monate wegen schwerer Körperverletzung. Ohne Bewährung.«
    Â»Hat er in der Vergangenheit Kontakte zur russischen Mafia gehabt?«
    Â»Das ist anzunehmen, aber nicht belegt. Einige Zeit hat er als Türsteher bei einem Sexclub in der Nähe von Bruchsal gearbeitet, der damals noch den Russen gehörte. Da hat er sich die nächste Anzeige wegen Körperverletzung eingehandelt. In den letzten fünf Jahren war dann nichts mehr. Wovon er heute lebt, kann ich nicht sagen. Dem Staat liegt er jedenfalls nicht auf der Tasche.«
    Â»Wie kommt ein solcher Loser in Voronins Killertrupp?«
    Â»Vielleicht wollte er bei den Russen endlich richtig einsteigen? Vielleicht war die Aktion in Bulgarien seine Feuertaufe?«
    Diese Taktik verfolgen die meisten Verbrechersyndikate der Welt: Bevor jemand in den engeren Kreis aufgenommen wird, muss er seine Loyalität unter Beweis stellen, indem er ein schweres Verbrechen begeht. Nicht selten heißt das sogar, einen nahen Verwandten zu töten. Dadurch ist einerseits sichergestellt, dass der Kandidat es wirklich ernst meint. Andererseits kann er später nicht zur Polizei gehen und petzen. Und drittens können seine zukünftigen Arbeitgeber darauf vertrauen, keine Polizeispitzel in ihre Reihen aufzunehmen.
    Jakob Geldorf hatte seine Prüfung offenbar nicht bestanden, sondern war daran zerbrochen, wollte man den Andeutungen des Pfarrers glauben. Falls er in diesem Augenblick noch am Leben war, dann verdankte er das dem Umstand, dass er in den letzten Wochen in Urlaub gewesen war.
    Â»Sein Wagen ist ein silberfarbener 3-er BMW «, fuhr Vangelis fort. »Haben Sie was zu schreiben?«
    Â»Nein.«
    Sie diktierte mir die Nummer, wiederholte sie, und ich versuchte, sie mir einzuprägen.
    Als ich den gut gefüllten Parkplatz des nicht übermäßig großen Supermarkts erreichte, zuckten schon überall Blaulichter im weichen Licht des

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