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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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meine Gedanken und Gefühle sortieren. Und dazu fehlte mir im Augenblick die Zeit und irgendwo auch die Kraft. Und ein kleines bisschen vielleicht auch die Lust. Tief drinnen war ich wütend, ohne sagen zu können, auf wen und weshalb eigentlich.

    Meine Glückssträhne schien zu Ende zu sein, kaum dass sie begonnen hatte. Die Telefonnummer des Kurierdienstes »Per Rad« herauszufinden, kostete mich drei Mausklicks. Unter der Büronummer war natürlich niemand zu erreichen, da am Tag der Arbeit auch Fahrradkuriere frei hatten. Der Inhaber der kleinen Firma, ein Mann namens Josef Vahrenkamp, war telefonisch ebenfalls nicht zu erreichen. Die Streifenwagenbesatzung, die ich zur angegebenen Adresse in Oftersheim schickte, traf niemanden an. Nachbarn vermuteten Vahrenkamp, einen leidenschaftlichen Surfer, irgendwo an der spanischen Südküste. Dort sei er ohnehin die meiste Zeit des Jahres. Eine Handynummer schien es nicht zu geben.
    Beim Essen in der Kantine – heute hatte ich den Salat stehen lassen und versuchte es mit einem Käsebrötchen – erzählte ich Balke von dem Fahrradkurier. Mein Mitarbeiter hatte einen Teller mit zwei heißen Würstchen und einem Berg Kartoffelsalat vor sich stehen und schon eine Idee, wie wir weiterkommen könnten. Bevor er sich mit Evalina Krauss zusammengetan hatte, hatte er seine Bettgenossinnen häufiger gewechselt als manch anderer die Socken. Merkwürdigerweise sprachen die meisten seiner abgelegten Freundinnen immer noch mit ihm. Eine davon, fiel Balke ein, eine Medizinstudentin, trat hin und wieder für »Per Rad« in die Pedale, wenn gegen Monatsende das Geld knapp wurde. Während ich auf meinem Brötchen herumkaute, suchte und fand er ihre Nummer in seinem Smartphone. Das Gespräch dauerte nur Sekunden, denn am anderen Ende der Funkstrecke war man wohl doch ein wenig wortkarg. Immerhin erfuhr er den Namen einer anderen Frau, die in der Zentrale des Kurierdienstes arbeitete. Der Name war Anna Rossini.
    Balke war heute gedrückter Stimmung, fiel mir auf, während er telefonierte. Das unternehmungslustige Glitzern in seinem Blick fehlte.
    Â»Probleme?«, fragte ich, als er das Handy neben den Teller legte.
    Â»Paarbeziehungen zwischen Polizisten gehören von Amts wegen verboten«, erwiderte er mit finsterem Blick. »Wenn der eine Dienst hat, hat die andere todsicher frei und umgekehrt. Es gibt Tage, da sehen wir uns gerade mal beim Frühstück. Zurzeit ist es besonders blöd. Evalina hat Urlaub, wissen Sie ja. Und ich hänge hier rum wegen diesen bescheuerten Bulgaren.«
    Â»Und jetzt ist sie sauer auf Sie?«
    Â»Na ja, sie sitzt zu Hause, draußen scheint die Sonne …«
    Â»Wissen Sie was?«, sagte ich kurz entschlossen. »Ich gebe Ihnen für den Rest des Tages frei. Wie es scheint, ist heute sowieso nicht viel los. Sie lassen aber bitte Ihr schönes Handy an, okay?«
    Balke ließ seine Würstchen samt Kartoffelsalat stehen und war keine zehn Sekunden später außer Sichtweite.

    Ich saß kaum wieder an meinem Schreibtisch, als mein Laptop piepste. Balke hatte mir, bevor er sich auf den Weg zu seiner Evalina machte, noch rasch den Link zu einem Facebook-Profil gemailt.
    Anna Rossini, einszweiundsechzig groß, geboren in Livorno, das rundliche Gesicht von einer rotlockigen Explosionswolke umrahmt, studierte Germanistik im vierten Semester. Was sie mochte: Biken (onroad und offroad), deutsches Bier, Leberkäse mit Spiegelei, Partys, Cicero in Originalsprache und sämtliche Filme mit Adriano Celentano.
    Versuchsweise schickte ich ihr eine Mail, schilderte mein Problem, obwohl ich sie bei diesem Wetter eher auf einem ihrer Fahrräder als vor ihrem PC vermutete. Sie saß tatsächlich auf dem Rad, erfuhr ich zu meiner Verblüffung Minuten später. Allerdings besaß sie ein Handy, mit dem man auch mitten im Odenwald E -Mails lesen konnte. In Momenten wie diesen fühlte ich mich alt. Anna Rossini versprach, umgehend kehrtzumachen und mich in spätestens einer Stunde aus der Leitstelle des Kurierdienstes anzurufen.
    Und sie hielt Wort.
    Â»Wann soll das gewesen sein?«, fragte sie mit kehliger Altstimme und lustigem italienischem Akzent.
    Â»Vorgestern, Samstag, gegen elf.«
    Â»Und der Fahrer war ein Kerl, sagen Sie?«
    Ich hörte Tastaturklappern.
    Mein Handy surrte.
    Â»Wir haben am Samstag keine Tour nach Neuenheim gehabt«, stellte

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