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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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wurde, der Voronin verfehlt und dennoch fast das Leben gekostet hatte. Unsere Aufklärungsrate in Mordsachen lag bei weit über fünfundneunzig Prozent, und außerdem …
    Und außerdem war jetzt Schluss damit! Jetzt war Feierabend. Und es drohte Aufregung an einer ganz anderen Front – das überfällige Donnerwetter für meine Töchter.
    Die Halbjahreszeugnisse waren noch ganz passabel ausgefallen. Natürlich hätte manche Note besser sein können. Aber das war bei mir nicht anders gewesen, als ich in ihrem Alter war. Auch ich hatte mich nach der Devise durch die Schule geschlagen: Ein gutes Pferd springt nie höher als nötig.
    Zu meiner Überraschung fand ich die Küche aufgeräumt und blitzsauber geputzt. Nicht die geringste Spur vom Kochdesaster meiner Töchter war noch zu entdecken. Die beiden hockten vor ihren PC s, als wäre nichts gewesen. Auf meine strenge Frage, wo sie am Abend zuvor gewesen seien, lautete die entspannte Antwort:
    Â»Bisschen chillen, bisschen abhängen, paar Leute treffen. Silke war auch dabei. Bei dem schönen Wetter, Paps!«
    Â»Und wann seid ihr heimgekommen?«
    Sie wechselten blitzschnelle Blicke.
    Â»Elf?«, versuchte Louise mit unschuldigem Lächeln.
    Â»Da war ich noch wach. Und um halb zwölf auch und um zwölf. Mädchen, ihr seid fünfzehn, ihr dürft noch nicht in die Disco, und das wisst ihr ganz genau. Irgendwann werdet ihr wieder von einem Streifenwagen heimgebracht!«
    Â»Wir waren gar nicht in der Disco, ehrlich, Paps«, behauptete Sarah mit treuherzigem Blick. »Wir haben bloß Leute getroffen und uns bisschen verquatscht. Okay, es ist später geworden. Wir haben nicht dauernd auf die Uhr geguckt. Es war so lustig, weißt du.«
    Und nun? Sollte ich jetzt herumbrüllen? Hausarrest verhängen, Taschengeldkürzung? Sie hatten Pech gehabt beim Kochen, das Schlachtfeld aber letztlich selbst wieder aufgeräumt. Sie waren zu spät nach Hause gekommen – genauer: Sie hatten mir gar nicht erst die Chance gelassen, ihnen einen Termin zu setzen. Was auch meine Schuld war, denn wie so oft war ich nicht zu Hause gewesen. Hatte nicht auch ich Anlass für ein schlechtes Gewissen? Und hatte nicht auch ich früher mit dem Jugendschutzgesetz und den mittelalterlichen Moralvorstellungen meiner Eltern gehadert? Und war letztlich doch nicht auf die schiefe Bahn geraten.
    Â»Ach, Mädels«, hörte ich mich seufzen. Mit jedem Arm zog ich eine meiner schmalen Töchter an mich und drückte sie ein bisschen. Sie entspannten sich augenblicklich. »Manchmal habt ihr’s ganz schön schwer mit mir, was?«
    Erziehung ist zu anstrengend für einen schwer arbeitenden Menschen wie mich. Vor allem abends.
    Â»Dürfen wir vielleicht noch bisschen weg, Paps?« Louise strahlte zu mir hinauf, dem zweifellos besten Vater der Welt. »Heute wird’s auch ganz bestimmt nicht spät.«

    Ich hatte vielleicht eine halbe Stunde geschlafen, als das Handy mich wieder einmal aufschreckte.
    Dieses Mal war es Balke.
    Das Bella Napoli brannte.
    Als ich am neuerlichen Tatort ankam, war das Feuer bereits gelöscht, und es herrschte ein fast volksfestartiger Trubel auf der Straße. Bevor ich aufgebrochen war, hatte ich mich davon überzeugt, dass meine Töchter in ihren Betten lagen. Ich drängelte mich zum Ort des Geschehens durch. Balke war gerade dabei, aufgebracht nach einem Brandsachverständigen zu telefonieren, und nickte mir nur kurz zu. Sekunden später stopfte er das Handy in eine Gesäßtasche seiner Jeans.
    Es stank nach kaltem Rauch. Die Straße war nass vom Löschwasser, an manchen Stellen standen Pfützen. Aus den glaslosen Fenstern der beiden unteren Geschosse ringelten Qualm und weißer Dampf. Die darüber liegenden Stockwerke schienen unversehrt zu sein. Die Außenwand war fast bis zum Dach hinauf schwarz vom Ruß.
    In meiner Nähe standen einige Feuerwehrmänner, rauchten und alberten herum. Einer lachte immer wieder meckernd.
    Â»Eigentlich ist schon alles klar«, schimpfte Balke, als er neben mich trat. »Eigentlich brauchen wir gar keinen Sachverständigen.«
    Â»Was genau ist passiert?«
    Â»Molotow-Cocktails. Drei Stück insgesamt.«
    Â»Diese Russen haben ja sogar Humor.«
    Balke sah mich erst ratlos, dann misstrauisch an.
    Â»Molotow war doch Russe, nicht wahr?«, fügte ich hinzu.
    Er verzog das

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