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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Bravo noch immer in den Armen. Mein Hemd war nass von seinem Blut. Die Klinge in meiner Seite verband uns mit Francesco, der verächtlich auf mich herabstarrte. Langsam zog er den Degen aus Bravos Körper. »Siehst du, Raffaello! Es ist doch noch ein vergnüglicher Nachmittag geworden.«
    Ich richtete mich auf, um unbewaffnet auf ihn loszugehen. »Du …! Du verdammter Mörder!«
    »Du wirst doch nicht die Hand gegen deinen künftigen Herzog erheben«, lächelte Francesco kalt.
    »Du hast ihn ermordet, Francesco«, brüllte ich ihn an.
    »Du bist verwirrt, Raffaello! Du hast heute Mittag ein paar Becher Aquavit zu viel getrunken. Du hast ihn ermordet!« Francesco wischte seinen blutigen Degen an meinem Hemd ab.
    Ich trat einen Schritt zurück. »Ich?«, fragte ich ungläubig.
    »Natürlich, wer sonst?«, fragte Francesco. »Du warst eifersüchtig auf Gian Andrea Bravo, der dir deine Geliebte Fioretta weggenommen hat. Glaub nicht, ich wüsste nicht, dass die beiden sich wochenlang in deinem Haus getroffen haben! Hast du durch das Schlüsselloch zugesehen, Raffaello?
    Du hast Fioretta den Schlüssel gegeben, um Gian Andrea Bravos Vertrauen zu gewinnen. War es nicht sogar deine Idee gewesen, dass Bravo uns heute begleitet? Du hast ihn herausgefordert und im Duell besiegt. Dio mio! Sieh nur die Wunde an deiner Seite und das viele Blut auf deinem Hemd! Wie er sich gewehrt hat …«
    »Du verdammter Bastard!«, brüllte ich.
    Er lachte nur und ging zu seinem Pferd.
    »Wohin willst du?«, rief ich hinter ihm her.
    »Fliehen«, antwortete er, während er in den Sattel stieg.
    »Fliehen? Vor wem?«
    »Vor dir, Raffaello! Bist du nicht eben mit deinem Degen auf mich losgegangen?« Er zeigte auf die blutende Wunde unter dem zerfetzten Ärmel.
    »Warum tust du das, Francesco? Warum?«
    »Das fragst du noch?«, fragte er kalt. »Weil du Eleonora angesehen hast. Weil du ihre Hand gehalten und sie geküsst hast. Weil du Lucas Vater bist. Weil du dich an keine Regeln hältst!«
    »Ich habe nicht mit ihr geschlafen«, brüllte ich.
    Er lenkte sein Pferd ein paar Schritte auf mich zu und beugte sich aus dem Sattel zu mir herunter. Seine blutige Hand strich zärtlich über mein Gesicht. »Wenn du das getan hättest, wärest du schon längst tot«, flüsterte er in mein Ohr.
    Dann küsste er mich, wendete sein Pferd und galoppierte davon.
    Wie lange habe ich auf dem umgefallenen Baum gesessen und vor mich hin gestarrt? Und worüber dachte ich nach? Ich kann mich nicht erinnern.
    Gian Andrea Bravos Leiche lag im Gras zu meinen Füßen.
    Was sollte ich nun tun? Fliehen? Um der Mordanklage zu entgehen? Francesco hatte Recht: Alle Umstände sprachen für einen kaltblütigen Mord aus Eifersucht! Aber würde ich nicht durch meine Flucht die Schuld gestehen? Wohin sollte ich fliehen? Nach Florenz? Niccolò Machiavelli wäre gezwungen, mich Herzog Guido auszuliefern! Nach Venedig? Nach Rom? Wo war ich sicher? Bravo war der Vertraute des mächtigsten Herzogs in Italien gewesen – ich war nirgendwo sicher vor seiner Rache. Und wenn ich nach Urbino zurückkehrte …
    Was auch immer ich tat, konnte gegen mich verwendet werden. Wenn ich die Leiche im Fluss Metauro verschwinden ließ, kehrte ich ohne Francesco und ohne Gian Andrea Bravo nach Urbino zurück. Und wenn ich mit Bravos Leiche zurückkehrte, würde ich die Nacht in einer Zelle der Festung verbringen – die erste Nacht in einer endlosen Kette von Tagen und Nächten, die mit meiner Hinrichtung enden würde. Mit einem einzigen Spielzug auf dem Spielbrett der Macht hatte Francesco mich ›ash-Shah mat‹ gesetzt! Das Spiel war beendet.
    Warum hatte er mich nicht getötet? Ich war Zeuge eines Mordes. Hatte Francesco so viel Respekt vor unserer ›Freundschaft‹, dass er es nicht wagte? Oder gab es andere Gründe, die ihm mein Leben wertvoll erscheinen ließen? Er hatte mich in der Hand, konnte mich benutzen wie eine Spielfigur! Doch was hatte er vor?

    Kurz vor Sonnenuntergang erreichte ich das Stadttor von Urbino. Gian Andrea Bravos Pferd mit seiner Leiche quer über dem Sattel führte ich hinter mir her.
    Der Torwächter hielt meinen Hengst am Zügel. »Seid Ihr überfallen worden, Signor Santi?«
    Ich schüttelte den Kopf, und er trat neben Bravos Pferd, um die Decke von der Leiche zu heben. Auf einen Wink von ihm sprang ein Wächter in den Sattel und galoppierte durch das Stadttor die Straße hinauf zum Palazzo Ducale.
    Ich nahm ihm schweigend die Zügel meines Hengstes aus der Hand und

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