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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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gegeben. Aber keinen Hass. Seit der Herzog vor wenigen Wochen Giulios Verbannung aufgehoben hatte, hoffte er auf eine Versöhnung zwischen seinen Brüdern.
    Bei Fossombrone trafen die beiden unversöhnlichen d’Este aufeinander. Kardinal Ippolito d’Este ließ seinen Bruder Giulio vom Pferd zerren, um ihm mit seinem Dolch die Augen auszustechen. Dann kehrte er in den Palazzo Ducale zurück, als sei nichts geschehen. Der verwundete Giulio d’Este wurde von einem Bauern auf seinem Karren nach Urbino zurückgebracht.
    Herzog Alfonso war über die Feindschaft seiner Brüder und über die Grausamkeit von Ippolitos Tat ebenso entsetzt wie seine Schwester Isabella. Der Palazzo Ducale war in heller Aufregung! Alfonso erkannte seine Pflicht als Herzog, den einen Bruder zu bestrafen, um dem anderen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Aber seine politische Abhängigkeit von Ippolito, die Hochachtung vor dessen messerscharfem Verstand, die Ehrfurcht vor der Kardinalssoutane und auch die Schwierigkeit, ihn eben wegen dieses hohen Amtes zu bestrafen, ließen ihn zögern.
    Isabella d’Este, die sonst nicht zimperlich in ihren Umgangsformen war, liebte Giulio mit der Hingabe einer älteren Schwester für den Jüngsten des Hauses. Ihr Gemahl Francesco Gonzaga, dem die handgreifliche Auseinandersetzung der d’Este-Brüder nicht ganz ungelegen kam, schürte das Feuer des Streites.
    Während der schwer misshandelte Giulio zu Bett lag und von Guidos Medicus behandelt wurde, fand das abendliche Bankett in gedrückter Stimmung statt, die nicht einmal Atalante Miglioretti, der Hofsänger Isabella d’Estes, mit seiner wundervollen Stimme heben konnte.
    Das Tischgespräch hatte eigentlich ganz harmlos angefangen. Wenn ich mich recht erinnere, ging es um die perlenbestickte Brokatrobe in Taubengrau, die Lucrezia Borgia während Eleonoras und Francescos Hochzeitszeremonie im Dom getragen hatte. Ich weiß nicht mehr, wer ihr Kleid als das eleganteste der drei Fürstinnen von Ferrara, Mantua und Urbino bezeichnet hatte. Diese schmeichelhafte Bemerkung, gedankenlos in den Raum geworfen, wurde zu einem Fehdehandschuh zwischen den d’Este, den Gonzaga und den da Montefeltro.
    Isabella d’Este gefiel sich in ihrer Rolle als schönste Frau Italiens, als Muse der Maler, als Angebetete in den Sonetten der Dichter. Ihre Schwägerin Lucrezia Borgia, die Tochter Papst Alexanders, war für sie nie eine angemessene Partie für ihren Bruder Alfonso, den Herzog von Ferrara, gewesen. Isabella hatte in Lucrezia immer nur eine Rivalin in Fragen der Eleganz gesehen. Und der Liebe. Sie war wegen der Bemerkung so blass geworden wie das taubengraue Kleid ihrer Schwägerin und starrte Lucrezia hasserfüllt an.
    Alfonso d’Este, dem die gedrückte Stimmung bei Tisch unangenehm gewesen war, erhob seinen Weinkelch. »Eine unglaublich dumme Bemerkung! Elisabetta, Isabella und Lucrezia sehen heute alle sehr schön aus. Was meinst du, Francesco?«
    Der Marchese von Mantua hob den Blick. Vielleicht wollte er nur höflich sein gegenüber dem Herzogtum Ferrara, vielleicht wollte er der schönen Lucrezia schmeicheln oder auch nur seine eigene Gemahlin Isabella nicht in den Vordergrund spielen, als er sagte: »Aber Lucrezia ist die Verführerischste von allen.«
    Auf die Reaktion des Herzogs von Ferrara war er nicht gefasst.
    »Du kannst das ja beurteilen, Francesco«, sagte Alfonso d’Este mit Eiszapfen in der Stimme. »Nachdem sie dich vor wenigen Monaten verführt hat und du in ihr Bett gekrochen bist. Das Kind ist doch von dir!« Der Herzog von Ferrara deutete auf den gerundeten Bauch seiner Gemahlin.
    Lucrezia hielt den Blick auf das Tischtuch gerichtet. Sie schwieg.
    Isabella d’Este nicht. »Ist das wahr, Francesco?«, zischte sie ihren Gemahl an. »Hast du mich mit dieser … mit dieser Hure betrogen, die mit ihrem eigenen Bruder ins Bett steigt?«
    Im Bankettsaal war es so still wie auf einem Friedhof. Gian Giordano Orsinis Mundwinkel zuckten, als er einen imaginären Floh auf seinem Ärmel zerquetschte, Niccolò Machiavelli starrte mit verkniffenem Gesicht an die Decke, als hörte er die siebte Posaune, die das Jüngste Gericht ankündigte.
    »Das ist nicht wahr! Niemals bin ich mit Cesare im Bett gewesen«, fauchte Lucrezia Borgia wie eine gereizte Tigerin in die atemlose Stille hinein.
    Auch Elisabetta sah ihren Bruder ungläubig an. »Das glaube ich nicht, Francesco! Wie konntest du nur!«, flüsterte sie.
    Ihr Gemahl Guido legte ihr die Hand auf den

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