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Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Titel: Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Obgleich Grishan davon wusste, eilte er flugs an Micas Seite und schob mit ihm das Boot ins Wasser. Falls sie ihn zurückließen, würde er auf eigene Faust in die Abtei eindringen. Juvenal sprang auf und schob den Jüngeren in seinen Rücken. „Du bleibst hinter mir.“
    „Und kein Mucks wird von dir zu hören sein, Grishan“, setzte Mica hinzu. „Dasselbe gilt für dich, Nike. Überlasst das Reden mir.“
    Während Grishan eifrig nickte, da er zufrieden war, dabei zu sein, bedachte Berenike ihren Bruder mit einem kaltblütigen Lächeln. Ihre Fänge blitzten auf. Wenn sie in seinen Armen lag, konnte Juvenal sich vormachen, sie wäre schlicht eine schöne Frau, eines dieser selten vollkommenen Menschenkinder, aber bei Nacht und angesichts der scharfen Eckzähne musste er den Tatsachen ins Gesicht blicken. Seine Gefährtin würde niemals eine schlichte Sterbliche oder auch nur im Geringsten fügsam sein. Aus diesem einen Grund hatte der Wolf sie gewählt. Auch das war eine Tatsache. Was immer geschehen mochte, Berenike würde regen Anteil daran haben.
    Sie tauchten die Ruder ins Wasser. Tropfen fielen bei jedem Heben hinab, silbrig schimmernd im Schein des abnehmenden Mondes. Hoch aufgerichtet stand Mica am Bug gleich einer Galionsfigur. Vor Entdeckung waren sie sicher, denn das Geschehen spielte sich innerhalb der Abtei ab und niemand zeigte sich an den schmalen, bunten Fenstern. Branwyn fühlte sich sicher und hatte keine Wachen aufgestellt. Kurz darauf zogen sie das Boot ans Ufer und rannten über den Grünstreifen auf das Gebäude zu. Mica öffnete das Portal. Licht fiel auf ihre Stiefel. Hintereinander schlüpften sie ins Innere. Grishan bildete das Schlusslicht.
    „Ich bin gespannt, wie sie aussehen“, raunte er.
    Es war Berenike, die sein Handgelenk packte und mahnend zudrückte. „Sie sind schön, sie sind grausam und sie sind in der Überzahl“, wisperte sie.
    Damit war alles gesagt, was es über die Vampire und Lamia zu sagen gab.

    „Bleib hinter mir und halte Abstand, Grishan.“
    Die Ermahnung wurde von Juvenal so leise hervorgeknurrt, dass die Worte verwischten. Er drückte Grishan in seinen Rücken und schob sich neben Mica. Womit er gleichzeitig auch Berenike zurückdrängte, da der Gang nur zwei Personen nebeneinander Platz bot. Ohne zu murren gesellte sie sich zu Grishan. Pure Aufregung ließ seine Haarspitzen in alle Richtungen abstehen.
    „Ich kann sie überall wittern“, flüsterte er ihr zu.
    Auch sie konnte es riechen. Eine Duftkomposition, die immer dann entstand, wenn mehrere Vampire und Lamia aufeinandertrafen. Der Geruch war von betäubender Schwere und schlug sich selbst in den hintersten Ecken der Abtei nieder. Abgesehen von wenigen Öllämpchen in den Wandnischen, deren winzige Flammen wenig Licht spendeten, war es dunkel. Sollte die Abtei jemals irgendwelchen Lustbarkeiten gedient haben, so hatte Francis Dashwood sie entfernt. Das Gebäude wirkte verlassen, und außer dem Eigengeruch des alten Volkes gab es keinen Hinweis, dass sich die Ältesten hier eingefunden hatten. Sie waren Branwyns Ruf gefolgt. Zwölf an der Zahl. Ob Mica damit gerechnet hatte? Berenike musterte seine breiten Schultern. Seine Haltung war aufrecht, seine Arme schwangen leicht und seine Hände hingen locker hinab, bar jeder Anspannung, die in ihr vibrierte. Sofern er einen Plan verfolgte, hatte er ihn für sich behalten. Er musste zumindest Juvenal mit einbezogen haben, sonst wäre er mit Grishan draußen geblieben. Was angesichts der bevorstehenden Konfrontation das Beste gewesen wäre.
    Zumindest Grishan hatte hier nichts verloren. Zum ersten Mal, seitdem sie ihn kannte, wirkte er kleinlaut. Seine Pupillen waren riesig und tilgten beinahe seine Iriden aus. Einzig ein goldbrauner Ring war geblieben. Immer wieder rieb er mit den Handflächen über seine Oberschenkel. Im Gegensatz zu ihm schien Juvenal nicht unter feuchten Händen zu leiden. Entschlossen und sicher schritt er neben Mica einher. Ein unbewaffneter Werwolf neben einem ebenso unbewaffneten Vampir. Abgesehen natürlich von seinen Fängen, die ihm bei der Übermacht, der sie entgegentreten wollten, auch nicht viel nützten. Trotzdem steuerten die beiden ohne zu zögern auf einen Machtkampf zu, dessen Ausgang ungewiss blieb.
    Ihr Bruder mochte sich Chancen ausrechnen, da er den Titel des Goldenen trug und der Großmeister der Vampire war. Doch welche Chance blieb Juvenal oder erst Grishan? In den Augen des alten Volkes war der eine ein Feind und

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