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Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Titel: Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Schoß gesehen hatte, das Gesicht vor Verzücken rosig, hatte sie geahnt, dass ihr Bruder den Ärger regelrecht herausforderte. Für ihn war es bequem gewesen, sich an Melody zu nähren und an Kraft zu gewinnen, ohne das Haus verlassen zu müssen. Für Juvenal war dieser Übergriff ein Frontalangriff auf seine Würde als Alphawolf und ein Stachel in seinem Fleisch. Allerdings war nicht damit zu rechnen gewesen, dass er diesen Stachel durch zwei Musketen ziehen wollte.
    Mit einem kleinen Lächeln ignorierte Mica die langen Läufe der Waffen. „Sieh an, nachdem du uns über lange Tage deine Gesellschaft entzogen hast, vergaß ich beinahe, dass du mit uns unter einem Dach lebst, Juvenal. Dennoch ist es wohl unnötig, uns deine Gegenwart auf diese überaus einprägende Weise bewusst zu machen.“
    Grishan schnappte nach diesen lax dahingesagten Worten nach Luft. Jeder Scherz einem Alpha gegenüber, dessen düstere Miene nach Vergeltung schrie, war in den Wind gesprochen. Aggression färbte Juvenals Augen in ein giftiges Gelb.
    „Verlasse meinen Hort, oder ich schieße dir den Kopf von den Schultern.“
    Berenike legte die Hand auf den Arm ihres Bruders, um seinen Wortwitz zu bremsen. Die Durchschlagkraft der Musketen war hoch genug, um die Drohung wahr zu machen. Dazu noch war die Distanz so gering, dass die Kugeln durchaus schneller sein konnten als ein Vampir. Erst recht, wenn Juvenal am anderen Ende des Laufes den Hahn durchzog.
    Besänftigend hob Mica die Hände. „Lass es mich erklären.“
    „Spar, dir deine Ausflüchte, Vampir“, sagte Juvenal ungehalten. „Du hast Melody gebissen, hier in meinem Hort. Entweder du verschwindest, und zwar jetzt, oder ich knalle dich ab.“
    Während ihres langen Blickwechsels blieben die Mündungen der Gewehre starr auf Micas Kopf gerichtet. Wie schwer die Waffen waren, war einzig an den hervorspringenden Brustmuskeln zu erkennen, die das offene Hemd ihren Blicken bot.
    „Nun gut, wenn das wirklich dein Wunsch ist, verlassen wir deinen Hort“, gab Mica sich geschlagen.
    Wir? Aber sie wollte nicht gehen! Berenike erhaschte einen Blick in Juvenals Augen. Das kalte Flackern wurde um keinen Deut weniger. Ihm war es gleichgültig, ob sie in seiner Nähe war oder am anderen Ende der Welt.
    „Herr, da ist eine Dame an der Tür.“
    Die unverhoffte Stimme in seinem Rücken ließ Juvenal blitzartig herumwirbeln, wobei die Mündungen plötzlich auf Sancho gerichtet waren. Trotz seiner Korpulenz brachte sich der Omega mit einem wendigen Satz zur Seite aus der Schusslinie.
    „Herr!“ Seine Stimme wurde hell vor Schreck. „Der Regen hat die Dame überrascht. Nun bittet sie um Unterschlupf, bis es vorüber ist. Soll ich sie hereinbitten?“
    Regen! Unvermittelt hatte er eingesetzt und trommelte herausfordernd gegen die Fensterscheiben. Direkt über dem Dach entlud sich ein Donnerschlag, bei dem sie alle die Gesichter zur Decke hoben. Berenike rannte zum Fenster und riss es weit auf. Die Nacht und ein Unwetter waren über Kensington hereingebrochen, von ihnen ignoriert, da ein Machtkampf bevorgestanden hatte.
    „Die Asrai!“
    Kaum hatte sie es ausgerufen, gab Juvenal einen bellenden Warnlaut von sich. Sancho hechtete in den Rücken seines Leitwolfes. Eine hochgewachsene Frau in Witwenkleidung hatte die Halle betreten und wandte sich ihnen zu. Ein Spitzenschleier verbarg ihre Augen, ließ jedoch die Lippen frei.
    „Da sind alle Verräter versammelt“, stellte sie mit tiefer Stimme fest.
    Ohne zu zögern, feuerte Juvenal beide Musketen auf sie ab. Die Wucht der Einschläge fegte sie von den Füßen. Myriaden aus Wassertropfen fielen hinab und flossen zu einer Pfütze zusammen. Mehr musste Mica nicht sehen, um Grishan zu packen, ihn zum Fenster zu schieben und ihn kopfüber hinauszuwerfen. Ein verstörter Ausruf erstickte bei seinem Sturz zu Boden. Sonderlich hart war er nicht, da unter dem Fenster ein Beet war. In Windeseile lud Juvenal nach. Sancho kletterte Grishan ins Freie hinterher.
    „Zu den Bäumen und wartet dort“, wies Mica die beiden an. „Jetzt du, Nike.“
    Die Augen in die Halle gerichtet, stieg sie auf das Fensterbrett. Kugeln fügten einer Asrai keinen Schaden zu. Quecksilbrige Streifen aus Nebel und Wasser stiegen aus der Pfütze auf. Eine neue Gestalt wollte entstehen. In Windeseile hatte Juvenal nachgeladen. Das Krachen weiterer Schüsse blieb aus. Einzig die Hähne klickten, da sich von allen Seiten Feuchtigkeit zusammenzog und das Pulver nutzlos geworden war.

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