Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
Vom Netzwerk:
steht die Adresse. Und das L bezeichnet offenbar den Empfänger, einen gewisser W. Lindley.«
    »Augenblick!« raunte Tobias ungläubig. »Damit könnte dieser William Lindley gemeint sein. Das ist der Ingenieur, der die Eisenbahn baut.«
    Heine wollte etwas erwidern, hielt aber erschrocken inne. Auf dem Niedergang war ein leises Knarren zu hören. Alarmiert zog er seine Pistole und hastete neben den Spind. Tobias schlüpfte mit seinem Florett hinter die Tür und erstarrte.
    Verflucht, er hatte vergessen, die Lampe zu löschen. Heine, der den Fauxpas ebenfalls erst jetzt bemerkte, blitzte ihn böse an. Doch für Vorhaltungen war es jetzt zu spät. Vorsichtig versuchte Tobias, die Tür zuzuziehen, doch die gab ausgerechnet jetzt ein schleifendes Geräusch von sich. Er verzog das Gesicht.
    Inzwischen waren Geräusche in der Schiffsmesse zu hören. Ohne Zweifel befand sich dort jemand. Im Nachbarraum ertönte jetzt ein lautes Zischen, das ihm nur allzu bekannt vorkam. Ein süßlicher Geruch nach Chloroform drang in die Kajüte.
    »Raus hier!« brüllte Tobias und riss die Tür auf. Keinesfalls durften sie den Dämpfen zu lange ausgesetzt sein. Lieber ging er die Gefahr eines neuerlichen Kampfs ein. Er wollte schon in die benachbarte Messe stürzen, als er im Zwielicht einen stämmigen Mann erkannte, dessen Kopf von einer der bizarren Vogelmasken verhüllt wurde. Der stand neben dem fauchenden, Chloroform versprühenden Koffer und hielt eine Pistole auf den Zugang zur Kapitänskajüte gerichtet. Tobias konnte gerade noch zurückspringen, als ein lauter Knall ertönte. Der Türrahmen neben seinem Kopf splitterte, und in den süßlichen Dunst mischte sich der Geruch von Schießpulver.
    Tobias spürte, wie er von Heine zurückgerissen wurde. Der kniete inzwischen ebenfalls neben dem Eingang und erwiderte das Feuer. Im Nachbarraum erklang ein gedämpfter Schrei, dem ein Rumpeln folgte.
    »Nicht das Gas einatmen!« fuhr Tobias den Dichter an und hustete. »Es betäubt. Diese Schurken schützen sich mit ihren Masken dagegen.«
    Heine war nicht anzumerken, ob er die Warnung gehört hatte, aber er riss kurzerhand ein schweres Fernrohr von der Wand. Im Nachbarraum, wo die eisernen Ventile des Koffers noch immer zischten, war ein gedämpftes Stöhnen zu hören. Der Unbekannte richtete sich soeben wieder auf und zückte ein langes Messer. Im schwachen Lichtschein war zu erkennen, dass er am Oberarm blutete. Doch statt sich ihnen entgegenzustellen, flüchtete er zur Treppe. Heine kam ihm zuvor und drosch mit dem Fernrohr auf ihn ein. Kurz darauf lagen die beiden ringend am Boden.
    Tobias stürmte hinzu, und zu zweit rissen sie dem Unbekannten die Maske herunter. Darunter kam der Kopf eines grobschlächtigen Kerls mit wulstigen Augenbrauen zum Vorschein. Hasserfüllt starrte er sie an und versuchte sie wegzudrücken. Der Dichter schlug ein weiteres Mal mit dem Fernrohr zu, und der Mann erschlaffte. Der Raum war inzwischen in dichten Nebel gehüllt. Keuchend stieß Heine die Luft aus – und erst jetzt bemerkte Tobias, dass der Dichter die ganze Zeit über die Luft angehalten hatte.
    »Weg hier!« knurrte er und spürte bereits, dass ihm schwindlig wurde. Gemeinsam stolperten sie zur Treppe, doch oben im Schott zeichnete sich drohend eine weitere Gestalt ab. Der Fremde trug ebenfalls eine vogelartige Maske und musterte sie durch die stumpfen Glasaugen hindurch wie ein böser ägyptischer Geist. Es war der Kapuzenträger, mit dem sich Tobias auf Lewalds Landsitz duelliert hatte!
    Der Fremde hielt Rapier und Pistole in den Händen, zielte auf sie und drückte ab. Diesmal war es Tobias, der Heine zur Seite riss. Dennoch stieß der Dichter einen Schmerzensschrei aus.
    Hastig schleppte Tobias seinen Begleiter zurück in die Kapitänskajüte und drückte mit dem Stiefel die Tür zu. Dort hatte sich das tückische Narkotikum noch nicht ganz so stark ausgebreitet wie im Nachbarraum.
    »Mein Arm!« keuchte der Dichter und presste die Rechte auf die Wunde. Tobias besah sich die Verletzung. Glücklicherweise handelte es sich nur um einen Streifschuss. Schmerzhaft, aber nicht gefährlich. Benommen lehnte sich Heine gegen den Spind. Tobias rannte zu den Bullaugen, stieß die Sturmklappen auf und öffnete die runden Fenster. Befreit atmete er die warme Nachtluft ein. Heine war inzwischen wieder dabei, seine Waffe nachzuladen.
    »Hören Sie!« stieß er gepresst hervor. »Sehen Sie zu, dass Sie mit dem Kerl da oben fertig werden. Ich verspüre keine

Weitere Kostenlose Bücher