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Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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lahm.
    »Und? Wie geht es Ihrer Bekannten?« wollte der Dichter wissen.
    »Gut, den Umständen entsprechend. Allerdings wurde sie von der Polizei verhört. Man sucht mich jetzt. Und Sie auch, wie ich leider hinzufügen muss.«
    Mürrisch verzog Heine das Gesicht. »Nun, dann kommen Sie und lassen Sie uns die unschöne Angelegenheit zu einem Ende bringen. Ich hatte übrigens recht. Diese Hammonia ist tatsächlich ein Schiff. Es gehört dem Hamburger Reeder Sloman und kommt gerade aus London. Es ist heute Mittag eingelaufen.«
    Heine führte ihn zurück zu der Straße, aus der Tobias gekommen war. Als sie bei einem großen Kalkmagazin angelangt waren, folgten sie der Uferstraße in Richtung Osten. Eine warme Brise blies ihnen ins Gesicht und trug den Geruch von Tauwerk und Teer heran.
    »Da, nehmen Sie!« Heine drückte ihm einen langen, schmalen Gegenstand in die Hand, der in Fahnenstoff eingerollt war. Als Tobias das Tuch aufschlug, hielt er sein Florett in den Händen.
    »Sind Sie nicht bewaffnet?«
    »Doch«, erwiderte sein Begleiter und zeigte unter seiner Jacke den perlmutternen Griff einer Pistole. »Kennen Sie die Galanterie- und Waffenhandlung von Herrn Hagenest? Sie liegt am Großen Burstah. Sicherheitshalber habe ich ihr vorhin einen Besuch abgestattet.«
    »Ich hoffe nicht, dass es zu irgendwelchen Kämpfen kommt«, antwortete Tobias. »Ich finde, es hat bereits genügend Tote gegeben. Und wenn Sie schießen, wird der Lärm das halbe Nachtwächter-Corps auf den Plan rufen.«
    Heine winkte ab. »Ich habe nicht vor, jemanden zu erschießen. Dafür bin ich ein zu guter Schütze. Und was den Lärm angeht, machen Sie sich keine Gedanken.« Im Zwielicht war zu erkennen, dass er schmunzelte. »Im Zweifel gibt es nichts Stilleres als eine geladene Kanone.«
    Tobias klemmte den Stoff zwischen einige lose Holzbretter, die gegen eine Schuppenwand lehnten, und folgte seinem Begleiter. Kurz draufkamen sie an zwei holländischen Frachtschiffen vorbei, die nahe der Hafenmole im Wasser lagen. Von Bord eines der Segler ertönte das wehmütige Spiel einer Ziehharmonika.
    Heine blieb stehen und deutete auf eine Zweimastbark, die in nächster Nähe an einer hölzernen Pier festgemacht hatte. Auf den Masten mit den hochgezogenen Segeln saßen schläfrige Möwen, die sich vor dem Sternenhimmel grau abhoben, und unter dem Bugspriet zeichnete sich eine weibliche Holzfigur ab. An der Bordwand schräg darunter prangte stolz ein Messingschild, auf dem Tobias mit einiger Mühe die Aufschrift Hammonia entziffern konnte. Nachdenklich musterte er das Schiff.
    »So hoch, wie es auf dem Wasser liegt, ist es bereits entladen worden.«
    »Gut beobachtet«, murmelte Heine leise. »Angeblich hatte es Torf, Linsen und Metallwaren geladen. Die Empfänger der Waren konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen. In der Notiz stand aber etwas von ›L. 333-341‹. Ich schätze, damit ist eine bestimmte Fracht gemeint. Daher schlage ich vor, in die Kapitänskajüte einzusteigen und einen Blick in das Frachtbuch zu werfen.«
    »Und wie kommen wir auf das Schiff?« Tobias deutete zum Deck der Bark. Im Schatten neben der Reling war eine Schiffswache zu erkennen. Der Matrose saß auf einer Taurolle und zog an einer Pfeife, die in der Dunkelheit glühte.
    »Verflucht, daran habe ich nicht gedacht«, murmelte Heine verärgert.
    Tobias sah sich um und entdeckte nicht weit entfernt steinerne Stufen, die weiter hinunter ins Hafenbecken reichten. Es war Ebbe – und der Wasserstand demzufolge recht niedrig. Dennoch tänzelte die kleine Jolle, die dort unten vertäut lag, unruhig auf der Wasseroberfläche. »Wir könnten versuchen, von der Wasserseite an Bord zu klettern«, schlug er vor.
    Heine gab einen besorgten Laut von sich. »Und wie wollen wir das anstellen?«
    »Über die Ankerkette? Über ein Tau? Ich weiß es noch nicht. Aber nachsehen kostet nichts.«
    Heine zögerte und folgte dem Studenten schließlich die Stufen zum Wasser hinunter. Tobias hatte die Jolle längst geentert und spähte vorsichtig zu den Schiffen hinüber.
    »Und womit sollen wir rudern?« spottete der Dichter. Tobias schaute sich um. Tatsächlich, der Eigner schien die Ruder vorsichtshalber mitgenommen zu haben.
    Da kam ihm ein Gedanke. »Augenblick!«
    Rasch stieg er wieder nach oben und eilte den Weg zurück zum Schuppen, wo er den Fahnenstoff abgelegt hatte. Wenig später kam er mit zwei armlangen Brettern zurück. »Damit sollte es doch wohl gehen.«
    Kommentarlos machte Heine

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