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Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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zur Trostbrücke hinüber. »Das muss ich für die Nachwelt festhalten. Eigentlich bin ich nur in der Stadt, um meiner Kundschaft die Aufnahmen vorbeizubringen. Sie waren nicht darunter? Nein. Gut. Ich muss unbedingt zurück nach Altona. Meine Kamera holen, verstehen Sie? Entschuldigen Sie.« Mit diesen Worten ließ Biow den konsternierten Polizeiaktuar stehen und stürmte in Richtung Trostbrücke. Kettenburg erkannte erst jetzt, dass der Mann einen Umschlag auf dem Pflaster liegen gelassen hatte. Er war mit ›Justus Lewald‹ beschriftet.
    Der Beamte hob den Umschlag auf. »He, Sie haben … Ach, scher dich doch zum Teufel!«
    Kettenburg steckte den Fund kurzerhand zu den beiden obskuren Gerätschaften in seine Aktentasche, wich einem großen Karren mit Fässern aus und humpelte weiter auf das Rathaus schräg gegenüber der Alten Börse zu. Die Front des altehrwürdigen Gebäudes wurde von insgesamt einundzwanzig Kaiserstatuen geziert, die in Nischen an der Fassade standen. Darunter Karl der Große, Friedrich Barbarossa, Sigismund, Maximilian II. und viele andere. Geringschätzig schürzte Kettenburg die Lippen. Das einzige, was in dem Gebäude wahrhaft kaiserlich war, befand sich im Keller: Gold, Silber und Geld im Wert von über zwölf Millionen Mark. Beständig eilten Soldaten und Uniformierte seiner eigenen Behörde zwischen Rathauseingang und einigen Blockwagen hin und her. Bestimmt brachten sie Kisten mit Akten und Hypothekenbüchern in Sicherheit: den geheimen Schatz der Stadt.
    Unter den Uniformierten erkannte er plötzlich Borchers. Er hatte den tatkräftigen Uhlen und seinen Freund Jan gestern mit Einwilligung des Polizeisenators offiziell als Officianten dritter Klasse in den Polizeidienst eingestellt. Kettenburg glaubte, dies den beiden Männern schuldig gewesen zu sein. Insbesondere Borcherts Dienste waren doch unschätzbar für ihn. Der dicke Officiant erkannte ihn ebenfalls und winkte ihm aufgeregt zu.
    »Na, Borchert«, begrüßte ihn der Polizeiaktuar, »deinen Dienstantritt hast du dir sicher anders vorgestellt, was?«
    »Kann man wohl seggen, Herr Polizeiaktuar«, schnaufte der ehemalige Uhle. »Gestern Nacht hebb ik noch mit Jan und mien Bruder dorauf anstoßen. Er hat een Schankstub unten am Hafen.«
    »Jan?« wollte Kettenburg wissen.
    »Nein, mien Bruder.«
    »Ich dachte, der ist Wagner.«
    »Jo, mien ältester Bruder. Aber Uwe is Wirt.«
    »Borchert, deine Familienverhältnisse durchschaue ich nie«, seufzte der Polizeiaktuar und warf einen Blick auf seine Taschenuhr. Er wurde erwartet.
    »Herr Polizeiaktuar, ik mutt dringend mit Sie wegen wat snacken.« Borchert sah sich misstrauisch zum Rathaus um.
    »Was denn? Machs kurz. Der Polizeisenator wartet auf mich.«
    »Wi räumen doch grad de Dokumentenkeller leer«, erklärte Borchert ungerührt. »Un dor war ik auch in dem eenen. Sie weeten schon. De Maschin. Sie is weg.«
    »Was?!« Kettenburg sah den frischgebackenen Konstabler ungläubig an. »Wie kann das sein? Ich habe niemandem die Erlaubnis gegeben, die Apparatur fortzuschaffen. Wo ist sie hin?«
    Borchert zuckte mit den Schultern. »Dat Schloss vun de Kellertür war unversehrt. Eenso dat vun de Tür zu de Treppe runter.«
    »Ja, und?«
    »Ja nu, dat kann nur bedeuten, dat das eener war, der een Schlüssel hett, versteihn Sie mi?«
    »Natürlich«, schnaubte der Polizeiaktuar. »Aber es muss doch jemandem aufgefallen sein, als die Apparatur aus dem Gebäude getragen wurde!«
    »Nich unbedingt«, erklärte der Dicke. »Dat Rathaus grenzt hinnen an dat lütte Alsterbecken an. Dor gifft dat een eigenen Zugang. Außerdem hebb ik dat hier runden.« Er zückte einen abgerissenen Messingknopf, auf dem das Wippen der Stadt Hamburg eingeprägt war. »De lag im Keller, wo wi de Maschin abstellt hatten.«
    »Der stammt von der Uniform eines Rathausbeamten«, stellte Kettenburg überrascht fest.
    »So is dat!« Bordiert nickte eifrig. »Jan un ik hebben uns de ganzen Vormiddag über vorsichtig umseehn. Wi sünd ja schon siet heut morgen hier. Un nu raten Sie mal, wem een Knopp fehlt?«
    »Na, nun rede schon, Borchert!«
    »Gustav Wilkens. Er is de Rathausschließer. Jan kennt ihn vun froher. Wilkens hett noch vor sieben Johr als Tanzlehrer arbeitet. Sie weeten schon, een vun die, wo ünner den Deckmantel von de Danzstunde in Wirtschaften lütte Bälle geben un, ja nu, Sie weeten schon, gewissen Damen Zutritt gewähren.«
    »Das ist strafbar«, grollte der Polizeiaktuar. »Wie kommt so ein Lump an

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