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Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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an ihm, doch das schien den hageren Kerl nicht zu stören. Er grinste breit und rieb sich die kurze kleine Nase.
    »Wi hebben ihn för sej as een Present inpackt, Herr Polizeiaktuar.«
    Kettenburg nickte finster. »Tür zu, Borchert.«
    Der ehemalige Uhle kam dem Wunsch bereitwillig nach.
    »Habt ihr ihn schon befragt?« wollte Kettenburg mit einem Blick auf den Gefangenen wissen.
    »Jo, ober er tut, als wüsst er vu nix«, meinte Borchert.
    Der Polizeiaktuar stellte Aktentasche und Dienststock ab und hockte sich neben den Gefesselten. »Öffnet den Knebel.«
    Jan tat es, und sofort begehrte der Ratsdiener auf. »Was soll das? Ich werde mich beschweren. Ich habe Beziehungen. Sie alle werden …«
    Kettenburg versetzte dem Mann eine schallende Ohrfeige.
    »Ich wüsste nicht, dass ich dir elender Fleetratte erlaubt hätte zu sprechen«, hub er gefährlich leise an. »Dein Leugnen, deine Ausreden, deine Beziehungen, das alles beeindruckt mich nicht. Du bist hier allein. Allein mit uns. Und wir wissen, was du getan hast. Ich werde dir jetzt die Spielregeln erklären. Und du solltest gut zuhören.«
    Kettenburg lächelte den Mann an, ohne dass dieses Lächeln seine Augen erreichte.
    »Wenn ich will, kann ich dich des Diebstahls bezichtigen. Jederzeit. Und weil ich als Polizeiaktuar dazu in der Lage bin, steckt man dich auch sofort ins Zuchthaus. Selbstverständlich wird es zu einer Untersuchung kommen, schließlich herrschen in dieser Stadt Recht und Ordnung. Aber weil ich ein sehr penibler Mensch bin, darfst du dich darauf verlassen, dass diese Untersuchung lange dauern wird. Sehr lange. Viele, viele Jahre, um es genau zu sagen. Und im Zuchthaus wirst du dann Bekanntschaft mit dem hölzernen Pferd machen. Hast du von diesem Spielzeug schon gehört?«
    Wilkens schüttelte stumm den Kopf.
    »Nein?« Kettenburg seufzte bedauernd. »Dabei handelt es sich um eine sinnreiche Erfindung. Der Sitz ist scharfkantig. Man wird dich mit schweren Bleigewichten an den Beinen draufsetzen, und die scharfe hölzerne Kante wird tief in deine jämmerlichen Testikel schneiden. Aber tröste dich, mit etwas Glück wirst du keine Zeit haben, dich auf diesen Schmerz zu konzentrieren. Denn in der Zwischenzeit werden die Peitschen der Aufseher deinen Rücken zerfetzen. Niemand wird dich beachten, wenn du brüllst, bis du halb besinnungslos vor Schmerz bist. Denn das alles dient selbstverständlich Justitia. Die ist bekanntlich blind. Und wie du bald merken wirst, auch taub. Und damit du dich nicht langweilst, werde ich diese Behandlung jeden Tag anordnen. Woche für Woche. Jahr um Jahr. Bis du gestehst, dass es dein eigentlicher Plan war, das ganze Rathaus in die Luft zu sprengen. Haben wir beide uns verstanden?«
    Der Gefesselte schluckte.
    »Aber da du Hamburger bist wie ich, können wir das auch auf gute hanseatische Weise regeln. Du verstehst? Indem wir beide einen Handel abschließen. Du sagst mir, für wen du gestern gearbeitet hast, und ich bin vielleicht bereit, die Sache mit der Anklage fallen zu lassen. Ist doch gut möglich, dass jemand anderes den Knopf da unten verloren hat, oder?«
    Der Gefesselte schluckte. »Ich … ich bin gestern Nachmittag von einem Mann angesprochen worden, der wirkte so aristokratisch«, stammelte er aufgeregt. »Er war Engländer, hat mir fünfzig Schilling und zwanzig englische Pfund angeboten. Dafür, dass ich nachts ein paar Männern die Pforten öffne und sie hinunter zu den Dokumentenkellern bringe. Seinen Namen hat er nicht genannt, aber er wusste genau, wo die Maschine stand.«
    »Besitzt dieser Mann eine hohe Stirn und eingefallene Wangen?« wollte Kettenburg ernst wissen.
    Der Gefesselte nickte. Der Polizeiaktuar stand auf und wies Borchert an, die Fesseln zu lösen. Widerwillig kam der dicke Officiant dem Befehl nach. Ängstlich erhob sich der Rathausdiener.
    »Hast du das Geld dabei?« fragte Kettenburg den Mann.
    Hastig kramte Wilkens in seiner Jacke. »Nur … nur etwa zwanzig Schilling. Der Rest liegt zu Hause. Wenn Sie wollen, dann …«
    »Nein, lass gut sein«, erklärte Kettenburg. Er nahm dem Mann die Münzen ab und reichte sie Borchert und seinem Kollegen. Die beiden sahen ihn überrascht an. »Unsere Konstabler leben schließlich vom Sporteln*. Man muss ihren Eifer belohnen.«
    Die beiden Officianten grinsten breit und steckten die Münzen ein.
    »Den Rest deines Judaslohns wirst du noch benötigen«, fuhr der Polizeiaktuar an Wilkens gewandt fort. »Denn noch heute wirst du die Stadt

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