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Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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Händen hielt: ein Hemd, eine Hose sowie Stiefel mit Spangen.
    »Guten Morgen.« Plötzlich wurde sich Tobias bewusst, dass er nur mit wenig mehr als einem langen Hemd bekleidet war.
    »Auf der Straße vor unserem Haus ist wieder bannig was los«, meinte die junge Frau. »Hat Aalweber Sie mit seinem Geschrei wach gemacht?«
    »Aalweber? Vielleicht«, stammelte Tobias.
    »Ist er das?« krakeelte eine helle Jungenstimme. Ein etwa fünfjähriger Bengel mit flachsblonden Haaren steckte den Kopf ins Zimmer und bohrte in der Nase.
    »Du alter Schietbüdel«, schimpfte das Mädchen und gab dem Kleinen einen Klaps auf den Hintern. »Gehst du wohl wieder nach unten! Sag Vaddern, dass unser Gast wach ist. Wir kommen gleich.«
    Der Kleine streckte Tobias keck die Zunge heraus und rannte davon. »Das war Jakob, mein kleiner Bruder. Er ist manchmal ein büschen überkandidelt. Aber wahrscheinlich sind alle Jungs so.« Für einen Augenblick hellte sich ihr Gesicht auf, dann wurde sie wieder ernst. »Ihre … seltsame Kleidung ist schmutzig, ich hab Ihnen daher was zum Anziehen mitgebracht.«
    Sie gab sich einen Ruck und legte die Sachen auf das Schreibpult.
    »Eigentlich wollte ich nur nach Ihnen sehen. Gestern Nacht ist es uns ja nicht geglückt, Sie zu wecken. Leider stehen im Laute des Tages noch mancherlei Erledigungen an, da wir am Nachmittag einige Gäste empfangen. Wenn Sie möchten – statt eines Frühstücks nehmen wir unten gleich eine kräftige warme Mahlzeit zu uns.«
    »Ah, ja, danke. Haben Sie mich, na ja …«
    Er deutete an sich hinab.
    »Nein, natürlich nicht.« Die junge Frau errötete. »Krischaan, unser Kutscher, hat Sie ins Bett gebracht. Es tut mir wirklich leid, dass er sie auf den Kopf geschlagen hat. Er dachte, Sie wollten uns ein Leid antun.«
    »Sagen Sie ihm, das geht schon okay«, wiegelte Tobias ab. »Hauptsache, ich lebe noch.«
    Okay? Ach je, er musste noch lernen, wie man sich in dieser Zeit richtig ausdrückte! Also versuchte er es mit einem gewinnenden Lächeln. »Darf ich fragen, wie Sie heißen?«
    »Mein Name ist Caroline Lewald«, hauchte sie und musterte ihn prüfend. »Und der Ihre?«
    Verflixt. Jetzt musste er sich etwas einfallen lassen. Die Sache mit der Zeitreise konnte er ihr ja kaum erzählen. Sonst würde man ihn als verrückt abstempeln und in eine der Irrenanstalten dieser Zeit einweisen. Er hatte genug historische Filme gesehen, die die damaligen Zustände mehr als drastisch zeigten.
    »Ich glaube … Tobias.« Zum Beweis für sein Zögern fasste er sich an den Hinterkopf und fühlte eine große Beule. »Ich … kann mich leider an fast nichts mehr erinnern. Ich weiß nur noch, dass ich mit einem glatzköpfigen Kerl gerungen habe. Alles, was davor geschah … ist wie weggewischt. Ich weiß nicht einmal, wo ich eigentlich wohne.« Er bemühte sich um einen verzweifelten Gesichtsausdruck. »Geschweige denn, dass ich wüsste, wo ich herstamme. Offenbar eine Amnesie, verstehen Sie?«
    Tobias hoffte, dass Caroline ihm die Geschichte abnahm.
    »Amnesie? Ah ja …« Zweifelnd sah sie ihn an, hustete plötzlich und atmete dann tief ein. »Dagegen wird es doch sicher ein Mittel geben, oder? So, wie Sie sprechen, werden Sie wohl ein Quittje sein.«
    Diesen Ausdruck kannte er! Das war ein Zugereister. Er musste an sich halten, um nicht zu protestieren. Vorsichtig wog er das Haupt und tat nachdenklich. »Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass ich Student bin … Ich studiere Medizin.«
    »Ein angehender Physikus?« Caroline hob überrascht eine Augenbraue und deutete auf seine Kleidung über dem Stuhl. »Sie tragen eine eigenartige Garderobe.«
    »Nein, ja, ich meine, dafür gibt es sicher einen Grund. Hauptsache, meine Erinnerungen setzen irgendwann wieder ein. Bis dahin …«
    »Wenn Sie möchten, werde ich Sie mit Doktor de Lagarde bekannt machen. Er ist ein Freund meines Vaters. Er möchte Sie übrigens gern kennen lernen. Er wartet schon unten.«
    »Sehr gern.« Tobias nahm die ungewohnte neue Kleidung an sich. »Dann werde ich mich jetzt wohl besser umziehen.«
    Caroline nickte, machte aber keine Anstalten, das Zimmer zu verlassen. Sie wirkte auf einmal sehr verlegen. »Ich möchte mich noch einmal bedanken. Für gestern Nacht. Ich wüsste nicht, was Amanda und ich ohne Sie getan hätten.«
    »Amanda?«
    »Amanda Odermann, meine beste Freundin.« Caroline schien mit sich zu ringen. »Herr … Tobias, wäre es unhöflich, wenn ich Sie darum bitte, zu verschweigen, wo wir uns begegnet

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